Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

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das will ich damit andeuten. Also …", erklärte er seufzend und glättete den Mietvertrag mit dem Handrücken. "Wir haben ja schon am Telefon darüber gesprochen. Es geht um eine kleine Zusatzklausel. Ich hoffe, Sie nehmen mir meinen Anruf nicht übel?"

      "Wenn er nicht persönlich gemeint ist? Sie verstehen – ich bin niemals auch nur annähernd in der Situation gewesen, dass ich …"

      "Nein, bewahre. Nur eine Formalität."

      Witzigmann schrieb: … erklärt sich hiermit einverstanden, keine eheähnlichen Verhältnisse mit Personen männlichen Geschlechts in diesem Hause einzugehen

      Er schob ihm den Vertrag hin. "Bitte unterschreiben Sie hier am Rand. Sie können die Klausel in ihrem eigenen Vertrag selbst eintragen. Das ist kein Eingriff in Ihr Persönlichkeitsrecht, wie uns diese neunmalklugen Fritzen vom Mieterschutzbund immer weismachen wollen, sondern lediglich eine Vorsichtsmaßnahme. Mein Schwager hat sich jahrelang mit einer Clique warmer Brüder herumschlagen müssen, die ihm das Haus von der Dachrinne bis zum Keller ruiniert haben.

      Was glauben Sie, was die Handwerker im Abflussrohr fanden, als sie eine Verstopfung, beheben wollten? Es ist mir fast peinlich, darüber zu reden."

      "Keine Ahnung", sagte Quant.

      In diesem Augenblick hörte er ein Geräusch aus dem Vorraum. Es klang wie Franziskas Stöhnen. Sie war erwacht, vielleicht hatte sie aus dem Nebenzimmer Stimmen gehört? Um Gottes willen, dachte er. Ich habe doch verdammt noch mal genug Erfahrung in diesem Gewerbe. Wie kann mir so etwas bloß passieren? Es war immer dasselbe. Wenn alles zu glatt ging, wurde man leichtsinnig.

      "Haben Sie das eben auch gehört?" Witzigmann blickte sich suchend um.

      "Bitte, was meinen Sie?"

      "Ein Wimmern, als wenn wieder eine von diesen verdammten Katzen in meinem Garten wildern würde." Er trat ans Fenster und sah hinaus. "Sie sollten unbedingt das Laub zusammenfegen. Es weht sonst in die Nachbargärten, und ich bekomme Ärger, weil ein paar kleinkarierte Seelen … nein, ich sehe nichts, rein gar nichts – weit und breit keine Katze!"

      "Wird schon wieder zurück über die Mauer sein", sagte Quant. Er unterschrieb den Vertrag und brachte Witzigmann zur Haustür. Dabei ging er so neben ihm her, dass er sich zwischen ihm und dem Vorraum mit Franziskas Sofa befand.

      Witzigmann kam plötzlich auf die Idee, im Keller nach dem Ölanzeiger zu sehen. Er hatte sich beim letzten Mal den Stand notiert, weil das, wie er unumwunden zugab, die einzige Möglichkeit für ihn war, um herauszufinden, ob im Haus genügend geheizt wurde und das morsche alte Gemäuer keine Feuchtigkeit zog.

      Seine Frau lag ihm immer in den Ohren, dass manche Mieter es damit nicht genau genug nähmen und Räume, die wenig benutzt wurden, einfach "verkommen" ließen. Quant kannte Klara nicht persönlich, aber er nahm an, dass die Bekanntschaft mir ihr genauso unerfreulich sein würde wie mit ihrem Mann.

      "Ich bin wirklich in Zeitnot", protestierte er. "Wenn Sie bitte entschuldigen wollen?"

      "Gut, dann eben beim nächsten Mal."

      Er sah zu, wie der andere den Gartenweg zur Straße entlangging. Vor dem Tor wandte Witzigmann sich noch einmal nach dem Haus um, studierte irgend etwas auf dem Dach – die morschen Ziegel oder den abbruchreifen alten Kohlenkamin –, schüttelte resigniert den Kopf und verschwand durch die Pforte.

      Großer Gott, dachte Quant. Er hätte sich lieber ein eigenes Haus angeschafft. Das Geld seiner Eltern reichte sicher zwei- oder dreimal dafür. Aber sein "kleines Hobby", wie er es fast liebevoll nannte, erlaubte es ihm nicht, ständig an einem Ort zu bleiben.

      Die Polizei war ziemlich raffiniert, wenn es darum ging, den Kreis immer enger zu ziehen und jemanden wie ihn zu fassen. Er hatte sich eine kleine Bibliothek zugelegt, um ihre Arbeitsmethoden aus erster Hand zu studieren und dagegen gewappnet zu sein.

      Sehr aufschlussreich war "Horwells Führer für Anwärter des gehobenen Polizeidienstes". Dort konnte man nachlesen, wie erfindungsreich sie waren, um auch noch aus den kleinsten Spuren Kapital zu schlagen.

      Er ging in den Vorraum und berührte Franziskas Wange. Sie hatte sich auf die Seite gedreht; ihr Körper lag schräg über der Kante, als drohe sie jeden Moment vom Sofa zu rutschen. Die rechte Hand war herabgesunken und auf den Boden gefallen …

      Vielleicht war sie dabei kurz erwacht? Quant nahm ihre Hand und betrachtete sie – ihre unlackierten, sauber manikürten Fingernägel. An den Fingerknöcheln waren winzige Spuren einer Prellung zu erkennen.

       2

      Sobald er den Eisenwarenladen im Zentrum mit seinen düsteren Schaufenstern betrat, fühlte er sich schlagartig in die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zurückversetzt. Er liebte den Geruch der gebohnerten Parkettbodens und die alten Werbegraphiken, auf denen die Mädchen sinnlich rote, leicht geöffnete Lippen hatten, obwohl sie doch nichts weiter als banale Messingkupplungen oder Sägeblätter anpriesen.

      Die Verkäufer in ihren blauen Arbeitskitteln gingen so gewissenhaft und umständlich vor, wenn sie auf ihren Schiebeleitern zu den kleinen Holzschubladen hinaufstiegen, dass man unwillkürlich zögerte, nach einer Schraube mit Sechsmillimetergewinde und passenden Eisenwinkeln zu fragen, denn dabei wurde einem unweigerlich ein Vortrag über Warenkunde gehalten.

      Zuerst zog der Verkäufer einen zerfetzt aussehenden Katalog mit verblassten Zeichnungen und Fotos unter der Ladentheke hervor. Dann begann er endlos darin zu blättern und gab zu jeder ähnlich aussehenden Abbildung einen fachkundigen Kommentar ab, wobei sein Zeigefinger lange Zahlenkolonnen entlang fuhr.

      Das Ergebnis war meist von der Art, dass Sechsmillimeterschrauben zwar momentan ausgegangen seien, dass es aber Achtmillimeterschrauben und passende Eisenwinkel gab, die genau den gleichen Zweck erfüllten.

      Quant steuerte auf den Teil der Theke zu, wo die wenigsten Kunden warteten. Ein Mädchen mit Sommersprossen und pinkfarbenen Perlonstrümpfen – das einzige weibliche Geschöpf unter all den altgedienten Verkäufern – stand gerade hoch oben auf der Leiter vor einer herausgezogenen Schublade, so dass man einen Blick auf ihre wohlgeformten Beine werfen konnte.

      "Wir schicken Sie immer ganz nach oben, da wo die seltenen Schrauben sind", sagte der Mann mit der Schlägermütze vor ihm und lächelte anzüglich. "Der Ausblick ist eine kleine Sünde wert, oder?" Er musste um die Sechzig sein, hatte nikotingelbe Finger und kleine blaue Einsprengsel im frühzeitig gealterten Gesicht, wie man sie manchmal bei Bergleuten findet.

      Quant war immer wieder überrascht, mit welcher schlafwandlerischen Sicherheit alte Kerle wie er, die sicher längst an Prostatabeschwerden und chronisch wiederkehrenden Leistenbrüchen litten, das Gespräch auf die einzige Sache in der Welt brachten, die sie physisch überforderte und ihnen weniger Vergnügen bereiten würde als ein gutes Abendessen.

      Er betrachtete wortlos die angeschraubten Muster der Eisenwarenkollektion an den Wänden. Ihre Dekoration sah so verstaubt aus, als wenn sie dort schon seit einem halben Jahrhundert hingen. Was er brauchte, waren Schienen, an denen man die Flurgarderobe im Keller bequem auf Rollen zur Seite bewegen konnte.

      Die Schienen sollten zusammen mit den Rollen im Sockel und hinter der Deckenverblendung verborgen sein. Und die Garderobe musste einen versteckten Riegel haben, dann würde es nämlich so aussehen, als sei sie bombenfest an der Wand montiert – damit niemand auf den Gedanken

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