Wake up - Gedanken-Wecker. Walter Rupp
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Annoncen
Als die Brüder Montgolfier 1783 zu ihrem ersten Ballonflug aufgestiegen waren und nach einer Höhe von 2000 Metern wieder wohlbehalten auf der Erde landen konnten, brachen die Zu in einen unbeschreiblichen Jubel aus und meinten: man werde bald auch noch das Mittel finden, mit dem man den Tod besiegen kann. Diese Erwartung: Die Wissenschaft werde bald eine Krankheit nach der anderen besiegen, vielleicht sogar den Tod, regt sich noch immer. Auch die Annoncen unserer Zeit erwecken den Eindruck, man könne jede Krankheit, ja sogar seelische Nöte mit pharmazeutischen Präparaten - zum Spottpreis von nur einigen Euro - wirksam und sofort vertreiben. Erfolglosigkeit, Minderwertigkeitskomplexe, Kontaktarmut, Hemmungen und Liebeskummer sind frappierend leicht zu heilen. Man nehme das von Dr. Kauz in langjähriger Erprobung und auf wissenschaftlicher Grundlage entwickelte ‘Anti-Komplex’, ‘Anti-Depressiv’ oder das ‘Kontakt-Hormon K’, das schon so vielen - wie die überaus zahlreichen Zuschriften beweisen - aus ihrer verzweifelten Lage herausgeholfen hat. Aber solche Versprechen kann niemand halten.
Dieser Glaube, dass die Medizin irgendwann einmal jedes Gebrechen heilt und alle Krankheiten ausrottet, ist eine Illusion. Es wird ihr nie gelingen, die Menschen so gesund zu machen, dass sie bei voller Gesundheit sterben oder nicht mehr sterben müssen. Dann wären wir dazu verurteilt, immer hier, in einer Welt zu sein, sie könnte uns nicht auf Dauer glücklich machen.
Atheismus
Die Natur gibt jedem die Fähigkeit zu glauben mit. Den Unglauben muss man erwerben. Mancher schafft es mit Hilfe glaubensfeindlicher Lektüre, mancher durch seinen Umgang mit Nichtgläubigen, mancher durch sein Desinteresse an Theologie. Und mancher mit Berufung auf die Wissenschaft. Aber die Wissenschaft war nie einer Meinung. Und wissenschaftliche Argumente, die den Glauben widerlegen, gibt es nicht. Bacon sagt: Ein wenig Wissenschaft entfernt, viel Wissenschaft führt zur Religion hin. Und Gilbert Keith Chesterton meint, gerade die Theologie sei das Element der Vernunft, das verhindert, dass Religion nur Gefühl ist.
Schopenhauer klammerte sich an die Behauptung: "Glauben und Wissen sind wie Wolf und Schaf in einem Käfig", der Glaube werde vom Wissen aufgefressen. Die Religion mindere die Denkfähigkeit. Nietzsche musste sich zeitlebens an dem Gott, den er für tot erklärt hatte, reiben.
Ganze Völker glaubten einmal statt an Gott, an das Goldene Kalb und verehrten es. Und mancher glaubt heute an den gelehrten Esel, den allwissenden Wissenschaftler, der auf jede Frage eine Antwort hat. Er hofft, dass eines Tages ein Sokrates auftritt, für den es Geheimnisse nicht gibt, der nicht mehr bekennen muss, dass er nichts weiß, sondern von sich sagen kann: Ich weiß, was man bisher nicht wusste.
Dichter möchten nur, dass ihr Kopf bis in den Himmel hineinragt. Aber mancher möchte diesen Himmel in seinen Kopf hineinzwängen und ist enttäuscht, dass ihm das nicht gelingt.
Die Außerirdischen
Ob es Außerirdische gibt, wurde eine viel diskutierte Frage. Mancher hält die Krater auf unserem Planeten für Zeugnisse außerirdischer Landungen und mancher meint, es sei höchste Zeit, sich auf eine Begegnung mit ihnen vorzubereiten. Sogar eine Astronomen-Konferenz in Green Bank (USA) endete mit der Feststellung: Es gibt keinen Grund, an der Existenz außerirdischen Lebens zu zweifeln, es könnte 100 oder gar 1000 intelligente Zivilisationen im Milchstraßensystem geben. Das ist allerdings nur eine Vermutung, ein gewagter Gedanken-Sprung, aber kein Beweis.
Was möglich ist, ist noch nicht wirklich. Die Menschen – vor allem die Intellektuellen unter ihnen - taten sich immer schwer, ihr Nichtwissen einzugestehen. Im Mittelalter erklärte man unerklärbare Erscheinungen, Naturereignisse, Missernten und vor allem Krankheiten kurzer Hand als Hexerei.
Die Theologen erlagen häufig der Versuchung, über das, was Gott verborgen hält, Auskunft zu erteilen und beschrieben oft das Jenseits, als wären sie schon einmal dort gewesen. Und manche Wissenschaftler unserer Zeit verhalten sich nicht anders: Wenn sie bei ihrem Forschen an Grenzen stoßen, beginnen sie über das, was sein könnte, zu spekulieren, um das Eingeständnis zu umgehen, sie wüssten etwas nicht. Sicher ist bis heute nur, dass es so manche Aliens auf unserer Erde gibt: Superstars und Promis, die sich den Erdlingen gegenüber überlegen fühlen und auftreten, als kämen sie von einem anderen Stern.
Außenwelt
Innenwelt und Außenwelt lassen sich nicht trennen. Es ist nicht möglich, das, was einen Menschen in seinem Innersten bewegt, auf Dauer zu verstecken. Innenwelt und Außenwelt durchdringen sich und stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. So wie das Auftreten, die Sprache, der Blick und die Gebärde verraten, wie es um einen Menschen steht: was er empfindet oder denkt, was ihn erfreut oder bedrückt, kann man aus dem äußeren Erscheinungsbild einer Gesellschaft ablesen, in welcher Verfassung sie sich befindet. Aus ihren nervösen Zuckungen, ihren Schweißausbrüchen, ihren Hustenanfällen oder ihrer Lethargie kann man schließen, welche Krisen und Probleme sie zu bestehen hat, und an welchen Krankheiten sie leidet.
Diese Wechselwirkung zwischen außen und innen ist so intensiv, dass sich die Grenzen oft vermischen und man beide oft nicht auseinanderzuhalten vermag. Wenn ein Leibniz die Welt optimistisch sah, als die beste aller Wellen, und ein Schopenhauer auf dieselbe Welt pessimistisch blickte und sie nur als die schlechteste aller Welten sehen konnte, ist der Verdacht naheliegend, dass sich da Außenwelt und Innenwelt vermischten. Es ist die Frage angebracht, wer da wen beeinflusst hat: ob eine düstere und eine freundliche Weltsicht die Seele düster und freundlich gestimmt hat, oder ob ein düsterer und freundlicher Seelenzustand Ursache für ihre Weltsicht war? Das Unbewusste kann die Weltsicht verklären oder trüben.
Babeltürme
Der Turmbau von Babel erwies sich als Fehlprojekt und musste abgebrochen werden. Dennoch ließ sich der Mensch zu keiner Zeit abhalten, weiter Babeltürme zu bauen, weil er sich von der Idee nicht lösen kann, aus eigener Kraft etwas Gigantisches zu schaffen. Noch immer errichtet er imponierende, in den Himmel ragende Tempel, vor deren Größe sich jeder Dom und jede Kathedrale ducken muss; Babeltürme, die er – wie einst - Marduk, dem Gott des Geldes weiht.
Aus unseren Banken und Versicherungen, die einmal zweckdienliche Geld-Aufbewahrungsstätten, Lagerhäuser für Wertpapiere waren, wurden Heiligtümer, zu denen die Menschen andächtig, mit einer religiösen Ehrfurcht wie zu Wallfahrtsorten pilgern und ihre Habe bringen: alles, wofür sie gelebt und geschuftet haben, und worauf sie ihre ganze Hoffnung setzen. Viele sorgen sich mehr als um das Credo, um ihr Guthaben, den Credit.
Ein Christ muss nicht den Diogenes im Fass zum Vorbild wählen, nicht die Wüstenväter der frühen Christenheit, auch nicht Franz von Assisi, der sich für die Armut entschied und das Erbe seines Vaters ausschlug. Sein Glaube verlangt nicht, dass er ohne Geld und Eigentum auskommt und irdische Güter verachtet. Aber er verbietet ihm die göttliche Verehrung. Geld ist nichts weiter als ein Zahlungs-Mittel, mit dem man sich was kaufen und sein Leben angenehmer gestalten kann. Wer es als Sinngeber des Lebens, als höchste Instanz verehrt, ja dafür sogar seine Gesundheit opfert, verehrt aus Kupfer und Papier gemachte Götter neben Gott, und das ist Götzendienst.
Begräbnisse
Der libanesisch-amerikanische Maler, Philosoph und Dichter, Khalil Gibran, dessen Denken immer um die zentralen Fragen des Lebens kreisten, um die Liebe und den Tod, schrieb einen Satz, in dem die Hoffnungen aller Gläubigen zusammen gefasst sind: „Möglicherweise ist ein Begräbnis unter den Menschen ein Hochzeitsfest