Die Delphin Therapie. Jacques Varicourt

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Die Delphin Therapie - Jacques Varicourt

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alle durcheinander schnatterten wie die aufgescheuchten Gänse, hierbei jeder seine eigenen Ideen sowie Vorstellungen herausposaunte, da beobachtete ich Korn-Horst, denn ich hatte ihn längere Zeit nicht gesehen. Um so erstaunter war ich, dass er sich weder in seinem Trinkverhalten, noch in seinem Sozialverhalten, kaum- bis gar nicht verändert hatte, er war bester Laune, er goss sich ständig Korn aus der Flasche nach und rauchte eine Zigarette nach der anderen, gelegentlich hustete er, ohne den Wichsgriffel vor den Mund zu halten - er, der mittlerweile 63 Jahre alt war, hatte alle guten Tischmanieren abgelegt. - Oder aber, um seine Gestik und Mimik zu beschreiben, strich er sich zwischendurch immer mal wieder lächelnd, mit der flachen Hand über die, auffallend rötlich, glänzende Stirn-Glatze, die bei ihm besonders intensiv ausgeprägt war. Korn-Horst beteiligte sich an der Diskussion um das Theaterstück nur insoweit, dass er gelegentlich besoffen irgendetwas Sinnloses dazwischen grölte, nur um auf sich- und um auf seine, ganz private, beschissene Situation aufmerksam zu machen. Ich wurde nachdenklich, künstlerisch nachdenklich, meine ich. Was war das nur für ein Mensch dieser Korn-Horst aus Hamburg-Hamm? Wie war er der geworden, der da jetzt am Tisch saß und der glaubte, dass man seine Vorschläge und Ansichten als intelligenten Beitrag einordnete? – Sie, meine Lieben Leser, haben ein Recht darauf, die Antwort auf jene Frage zu erfahren, - zu erfahren mit wem Ralf seit Jahrzehnten befreundet war.

      Doch um Korn-Horst näher zu beschreiben, muss ich seinen Lebenslauf erläutern, denn dieser war alles andere als herkömmlich, darum beginne ich mit seiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann im Jahre 1963. Eigentlich hatte Horst, wie er früher genannt wurde, nach dem Ende der Volksschule, „gar keine Lust“ zum Arbeiten gehabt, er galt bei seinen Lehrern und Kumpels als: launisch, rechthaberisch, faul, jähzornig und eine Spur zu ordinär. Dennoch wählte Horst den Beruf des Versicherungskaufmannes. - Wie das mit seinem aufbrausenden Wesen zusammenpasste, blieb sogar seinem besten Freund und Saufkumpan: Ralf, zeitlebens ein Rätsel. Nachdem Horst ausgelernt hatte ließ er sich gehen, er lebte von kleinen Einbrüchen in Gartenhäusern, darüber hinaus nahm er Kredite bei Sparkassen sowie Banken auf, welche er aber nicht zurückbezahlte, und, man höre und staune: Er schlug oftmals Straßenprostituierte in abgelegenen Stadtteilen zusammen, um sie von ihrem Bargeld zu erleichtern. Ende der sechziger Jahre machte er dann in Hamburg-Hamm eine Kneipe auf, er schien solide geworden zu sein mag man nun vermuten, oder? Aber, der Suff, die Weiber, Betrügereien aller Art, sowie chronische Unlust, ließen ihn immer wieder absacken, so dass er mit dem Gesetz in Konflikt geriet. Beim Einbruch in ein Haus, eines wohlhabenden Geschäftsmannes im vornehmen Eppendorf, wurde er 1968 auf frischer Tat ertappt. Ein Jahr Knast brummte ihn das Oberlandes-Gericht auf, Korn-Horst, wie auch sein Anwalt protestierten zwar vehement gegen das Urteil, aber erfolglos. Korn-Horst kam in den Bau. Wegen guter Führung musste er allerdings nur 10 Monate absitzen, dann gelobte er, bei Gott, Besserung. Die Anstaltsleitung entließ ihn, weil man tatsächlich überzeugt war er hätte seine Schuld bereut. Leider hielten Korn-Horst seine guten Vorsätze nicht allzu lange an. Denn, nachdem er auf St. Pauli, direkt auf der Reeperbahn, ein Zimmer angemietet hatte, verfiel er, quasi über Nacht, den Reizen des Milieus. Das Milieu hatte ihn an den Eiern gepackt; für sich geradezu in Anspruch genommen will ich damit sagen, und es ließ ihn auch nicht wieder los. Eduard Liedloff, ein alkoholkranker Psychopath und Klein-Bordell-Besitzer, der bereits einen Konkurrenten auf dem Gewissen hatte - wie man das auf dem Kiez so nannte, sah, in dem: Korn-Horst des Jahres 1969, einen gleichwertigen Menschen, denn, der Lebenslauf der beiden hatte seltsame Parallelen, die nicht unheimlicher hätten sein können für die damalige Zeit. Aber, um Korn-Horst als Gesamtperson zu begreifen, muss man sich auch mit „Ede“ Liedloff beschäftigen. Darum sage ich:

      Über Korn-Horst wissen Sie, die Leser, nun einiges, einiges mehr als es von mir in den vorherigen Gesellschaftssatiren beschrieben wurde, und das ist- und war, nicht nur gut. Dennoch wissen Sie im Moment noch nichts Ausführlicheres über diesen Ede. Darum will ich einmal festhalten, was ihn, Ede Liedloff, auf den ersten Blick mit Korn-Horst verband.

      Also: Eduard Xaver Liedloff war ähnlich wie Korn-Horst jahrelang ein Kleinkrimineller gewesen, der die tägliche, normale Arbeit lediglich als erdrückende Last empfand und sich ihrer entzog, wo es nur ging. Ede war 10 Jahre älter als Korn-Horst, - ich schreibe das deshalb, damit man die zwei Herren dementsprechend bewerten kann, ich möchte mit dieser Feststellung die unterschiedliche Generation der beiden unterstreichen.

      Ede wuchs, ohne Schulabschluss, gegen Ende der vierziger Jahre bei einer Prostituierten auf. Sie, Regine, war für ihn Mutter und Vater, Onkel und Tante, vielleicht sogar die erste Geliebte? Als ich Ede im Januar 2010 speziell hierzu befragte – schwieg er beharrlich, er hatte keinen Bock über seine trostlose Kindheit und Jugend zu erzählen, also überließ er „mir“ das Improvisieren seiner frühen Jahre als Mensch auf dieser Welt. Mit Diebstahl, Einbrüchen und Schlägereien in der Hamburger Hafengegend bestritt er seinen kargen Lebensunterhalt. Anfang der fünfziger Jahre heuerte er widerwillig, auf drängen der Polizei, nachdem er wieder mal Scheiße fabriziert hatte, auf einem Schiff an und fuhr um die ganze Welt; dass „er“ an Bord täglich besoffen war und Kokain konsumierte versteht sich von selbst bei seiner Lebenseinstellung, er machte daraus auch nie einen Hehl. Ein Jahr später, nachdem man ihn gefeuert hatte wegen Diebstahls, wurde Regine von ihm Schwanger, sie gebar ihm, noch im selben Jahr, eine Tochter mit blondem Haar, doch Ede wollte kein Kind von ihr, ihm schwebten höhere Ziele vor Augen, deshalb zwang er Regine eines Tages, angesoffen- und mit gezücktem Messer in der Hand, das Baby, für 2000 Mark, an einen Kanacken und dessen unfruchtbarer Ehefrau zu verkaufen. Regine weigerte sich erst, doch als Ede wie ein Irrer auf sie einprügelte und mehrmals zu stach, ließ sie sich auf den Kuhhandel blutüberströmt ein. Ungefähr einen Monat später beging sie Selbstmord. Auf ihrer Beerdigung kamen nur ein paar Nutten vom Kiez; ein paar ehemalige Freier ließen sich ebenfalls blicken; und ganz zum Schluss erschien Ede: betrunken, unrasiert, ungewaschen, schlecht gelaunt, eine Flasche Korn in der Latzhose, aus der er immer wieder große Schlucke zu sich nahm, und ferner war er über alle Maßen verärgert, dass Regine, die ihm „angeblich“ noch Geld geschuldet hatte, nicht mehr da war, darüber regte er sich vor der: kleinen, überschaubaren Trauergemeinde am meisten auf. Er sagte diesbezüglich: „Ich... äh, äh, äh, ich habe der alten Sau mal „über hundert Mark“ geliehen, weil sie keine Kohle mehr hatte, für: Klamotten, Schminke, Schuhe sowie Tabak und so`n Scheiß. So! Und „so“ dankt sie es mir, indem sie wegen einer harmlosen „Nichtigkeit“ Selbstmord begeht, Scheißdreck ist das. Hoffentlich landet sie in der Hölle, diese verfluchte Schlampe – ich hasse sie!“ Dann spuckte Ede auf ihr Grab, welches zwar einfach, jedoch schön hergerichtet worden war; anschließend zertrat er das hölzerne Kreuz, wo ihr Geburtsdatum und ihr Todestag drauf standen; wutentbrannt, mittlerweile total besoffen- sowie außer Kontrolle, schlug er mit der halbleeren Kornflasche auf ihre ehemaligen Freier ein, bis plötzlich die Polizei auftauchte und ihn in Gewahrsam nahm, doch er kam schon wenige Tage später gegen Kaution wieder auf freien Fuß.

      Bis in das Jahr 1969 hinein, landete Ede mehrmals im Kittchen, wegen seiner Wutausbrüche, wegen seiner Alkohol- und Drogenprobleme sowie Einbrüche in Wohnungen; er galt dem Gesetz gegenüber als asozial und extrem minderbemittelt, erst im Sommer des, für ihn historischen, Jahres 1969, wendete sich das Blatt für ihn zum Guten. Aber was war geschehen, so dass er plötzlich auf dem Kiez an Bedeutung und auch an einer gewissen Sympathie gewann? Die Antwort ist verhältnismäßig einfach. Er hatte sich „still und heimlich“ Geld auf die Seite geschafft, und war somit in der Lage gewesen, das kleine Bordell: Zum Bumser, zu kaufen, welches direkt an der Reeperbahn lag und durchaus einen gewissen Reiz hatte. Er möbelte den „Laden“, wie er zu sagen pflegte, auf, mietete einige Zimmer über dem Bordell an, und kurze Zeit später ackerten 8 Profi-Nutten für ihn. Die Bar im Erdgeschoss war natürlich der zentrale Punkt für Treffen und Feierlichkeiten aller Art, schließlich wollte nicht nur die Kundschaft unterhalten werden, sondern auch die Konkurrenz, darum gab es eine Bühne, auf der entweder irgendwelche Leute sangen, oder auf der sie etwas vorführten, oder es wurde so dermaßen heftig gevögelt, dass den Gästen die Spucke wegblieb. Ede „pflegte“ seine vielschichtigen Kontakte zu den Bossen auf dem Kiez, - nicht selten lud er „alle“ zu sich ein, um mal so richtig abzufeiern. Die Partys wurden zu einem großen Ereignis, wenn sie „einmal im Monat“ stattfanden, die gesamte Hamburger Promi-Szene: Boxer,

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