City Vampire. Beth St. John

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lebten sie von Blutkonserven und hielten sich im Verborgenen. So wie er.

      Janus wusste nicht, ob sie seine Gedanken gelesen hatte – was selbst bei ihren intuitiven Fähigkeiten unwahrscheinlich erschien – oder ob er vielleicht einfach die richtigen Worte gefunden hatte, jedenfalls hielt sie inne.

      „Nun gut. Ich werde Sie anhören und dann entscheiden. Setzen Sie sich.“

      Janus kam der Aufforderung nach und begann zu erzählen.

      Tatsächlich war es von großem Vorteil, dass sie seine wahre Identität bereits erkannt hatte, denn so brauchte er an seiner Geschichte nichts zu verändern. Unnötig zu sagen, warum er tagsüber schlief – und warum ihn gerade die Tatsache, dass die Tote neben der Schusswunde noch eine Bissverletzung am Hals hatte, so beunruhigt hatte.

      Lara Winter hörte aufmerksam zu. Hin und wieder machte sie sich Notizen und fragte nach Details, die er ausgelassen hatte; besonders hellhörig wurde sie, als der Name von Kommissar Schmidt fiel. Schließlich kam Janus zum Ende der Geschichte: „So, und das war’s. Deshalb bin ich hier. Ich brauche Sie, um den wahren Täter zu finden – bevor die Polizei mich zu genau unter die Lupe nimmt.“

      Lara zögerte. Ihre Stirn legte sich in winzige Fältchen, als sie nachdachte, das Für und Wider abwog. Janus konnte sehen, dass ihr die Entscheidung nicht leicht fiel. Sie rang mit sich. Ihre Abneigung gegen seine Art war tief verwurzelt.

      Nach einer Weile nickte sie schließlich. „In Ordnung, ich übernehme den Fall.“

      Ohne ihn aus den Augen zu lassen, griff sie in eine Schublade an der rechten Seite des Schreibtischs, zog ein Blatt Papier heraus und schob es elegant zu ihm herüber. Es waren ihre durchaus beachtlichen Honorarsätze.

      Ebenso elegant nahm Janus es zur Kenntnis, ohne überrascht zu sein.

      „Ich habe zudem eine Bedingung“, ergänzte Lara Winter ernst, „Sie und Ihresgleichen halten sich ansonsten von mir fern.“

      Sie und Ihresgleichen. Janus gefiel es ganz und gar nicht, wie sie mit ihm sprach. Ihre Stimme klang zwar sicher nicht abwertend, doch die Worte waren es. Aber was sollte er dagegen tun? Er brauchte sie.

      „Danke“, sagte er also und nickte.

      Kapitel 6

      Janus von Marten hatte sich mit der Privatdetektivin für den nächsten Abend verabredet. Lara Winter wollte sich selbst ein Bild vom Tatort machen. Janus hielt das im Grunde für Zeitverschwendung, die Polizei war bereits mit aller Gründlichkeit am Werk gewesen und auch er selbst hatte seine übernatürlichen Sinne eingesetzt, um etwas zu entdecken, was bislang vielleicht übersehen worden war. Doch er war erfolglos geblieben. Nach was also wollte sie noch suchen?

      Lara Winter ließ sich indes nicht von ihrem Vorhaben abbringen.

      „Sie haben mich engagiert“, hatte sie bloß angemerkt. „Dann lassen Sie mich auch tun, wofür Sie mich bezahlen.“

      Janus ließ sie gewähren. Natürlich. Sie würde schon wissen, was sie tat.

      Als es am Abend des darauf folgenden Tages bei ihm klingelte, öffnete Janus nur einen Bruchteil später die Tür. Auch sie war äußerst pünktlich.

      „Ganz oben“, sprach er nur kurz in die Gegensprechanlage und wenige Augenblicke darauf öffnete sich die Lifttür. Eine atemberaubend schöne Lara Winter stand am Ende des Flurs. Er ging ihr entgegen und reichte ihr diesmal nicht Hand, da er nicht in die gleiche unangenehme Situation wie gestern geraten wollte.

      „Schön, dass Sie hier sind, Frau Winter.“

      Sie antwortete mit einem freundlichen „Hallo“, ohne den Vampir aus den Augen zu lassen.

      Vermutlich hat sie ein Arsenal an Pflöcken, Weihwasser und Kreuzen in ihrer Handtasche, dachte Janus ein wenig amüsiert.

      Sie begann ihre Ermittlung an der Stelle zwischen Lift- und Wohnungstür, wo man die Leiche gefunden hatte. Das Absperrband hatte die Polizei mittlerweile entfernt, doch der fleckige Teppichboden und einige Überreste der Kreide, mit welcher man die Umrisse der Toten nachgezeichnet hatte, waren noch immer zu erkennen.

      Langsam schritt sie an der Stelle auf und ab, inspizierte scheinbar jeden Millimeter des Bodens und der Wände. Janus hielt sich zurück und wartete in einigen Metern Entfernung, um sie nicht in ihrer Konzentration zu stören. Ein paar Mal schloss sie die Augen und verharrte in völliger Stille, und Janus fragte sich, was sie da eigentlich tat – da wurde ihm klar, dass sie fühlte. Sie versuchte, das Opfer zu erspüren oder den Täter. Janus war fasziniert. Sie war der erste Mensch, dessen Sinne noch sensibler zu sein schienen als die seinen.

      „Sie sind der einzige Vampir, der in den letzten Wochen hier gewesen ist“, sagte sie nach einer Weile. „Der Mörder war ein Mensch.“

      „Ich weiß.“ Janus nickte. „Ich habe es ebenfalls gespürt.“

      Laras Blick verriet nichts über ihre Gedanken. „Hm. Hätte ich mir denken können“, überlegte sie laut.

      Langsam ging sie den Flur entlang und schließlich das Treppenhaus hinunter. „Ich glaube, die Polizei hat in einer Sache recht“, mutmaßte sie, als sie gemeinsam die Stufen hinab stiegen.

      „Und das wäre?“, fragte Janus ehrlich interessiert. Lara faszinierte ihn vollkommen. Ihre Gabe … Das war wirklich außergewöhnlich.

      „Ich glaube, die Frau wurde tatsächlich nicht hier umgebracht. Wenn ein Mensch gewaltsam stirbt, hinterlässt das eine Art Signatur … eine Spur, die man erfühlen kann, wenn man sensibel genug ist. Hier spüre ich aber nur den Tod. Nicht das Sterben.“

      Janus hatte keine Antwort darauf und folgte ihr schweigend. Er war zutiefst beeindruckt. Dann kamen sie an der Haustür an und Lara ging hinaus auf die Straße. Mit geschultem Blick sah sie sich um und folgte dem Bürgersteig, wobei sie konzentriert jede noch so kleine Winzigkeit in sich aufnahm. Plötzlich hielt sie inne. Es kam so abrupt, dass Janus fast mit ihr zusammengestoßen wäre. Sie bückte sich und hob etwas vom Boden auf.

      „Was …“, Janus kam nicht dazu, den Satz zu beenden.

      Lara erstarrte plötzlich mit geschlossenen Augen, ihr Fundstück hielt sie so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.

      „Geht es Ihnen gut?“, fragte er stattdessen, unsicher, ob diese Reaktion normal war. Tatsächlich erfasste Sorge sein Gemüt. Ein paar weitere Sekunden verstrichen, ehe Lara wieder die Augen öffnete.

      „Es geht mir gut“, bestätigte sie mit einem dezenten Lächeln.

      Sie hatte bemerkt, dass der Vampir besorgt um sie war, sie konnte es fühlen. Und das war irgendwie – nett.

      „Ich hatte eine Vision. Ich sehe manchmal Bilder, wissen Sie. Dieser Knopf hier“ sie öffnete ihre Hand und zeigte Janus den Gegenstand, den sie vom Boden aufgehoben hatte, „hat dem Täter gehört.“

      „Sind Sie sicher?“ Janus streckte den Arm aus und Lara ließ den Knopf in seine Handfläche gleiten. „Ich fühle nichts“, stellte er fest. „Nicht, dass ich jemals eine Vision gehabt hätte oder so etwas.“ Er sah Lara offen an. „Das ist absolut faszinierend, wissen

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