Die Villa. Jacques Varicourt
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Jacques Varicourt
Die Villa
Eine sonderbare Gesellschaftssatire.
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Inhaltsverzeichnis
Verneigungen und stolze Schritte
Wenn man plötzlich enttarnt wird
Vorwort
Nicht jedem ist es gegeben emporzusteigen, besonders dann nicht, wenn er oder auch sie heraus findet, dass sie ein Leben lang mit-geschlafen haben. Das heißt nicht, dass die Augen permanent geschlossen waren, es bedeutet auch nicht, dass man sich wichtiger nahm als andere; denen vielleicht schon viel eher diverse Wechsel und gravierende Veränderungen aufgefallen waren, nein, es bedeutet viel mehr: Die Begeisterung für eine Sache, für eine Strategie die einfach zum Erfolg führen muss.
Privat betrachtet, wechselt jeder mal seine Ansichten und Meinungen, aber, was ist, wenn von dem Vorgeben einer Meinung die Existenz in einem Staatsapparat abhängig ist?
Hoffnungsmacher sind keine selbstlosen der Soldatenehre verfallenen Reinigungskräfte, die ihr Ziel dadurch erreichen, dass sie in einem kalten, trostlosen Winter, der nicht aufhören will, Schneeflocken in Puderzucker verwandeln, um den Leidgeprüften etwas Gutes zu tun. Aber die Verlockung, die Durchsetzung dessen, die ist natürlich da; sie war ja auch in all den zurückliegenden Jahrhunderten stets gegenwärtig und, allzu oft, zum Greifen nahe. Wer aber recht haben will, weil es sich um Volk und Vaterland handelt, der darf nicht vergessen warum, und vor allem „wer“ für ihn in den Krieg gegen alle Missstände zieht. Verkleidungen, und auch gut durchdachte Standpauken, erleichtern und bereichern das Leben, darum lässt man sich gerne um sich kümmern, besonders dann, wenn man mitgerissen wird und sich ein persönlicher Erfolg anbahnt. Ist das, dieses begeisternde Mitreißen, - dieses: Es geschehen lassen, ist das schon Anpassung, oder latente Geldgier? Die Betroffenen sollten sich so einer Frage widmen.
Was jedoch ist mit denen, die Neues ablehnen? Die dennoch ihre sozialdemokratischen Flügel abwerfen und sich dann auf die Seite derer schlagen denen sie mehr zutrauen, wenn es zur Wahlurne geht, weil die Auswahl der anderen Übel merklich geschrumpft ist? Nichts, rein gar nichts ist mit denen los. Oder? Der neu erwachte und erkühlte Mitgerissene, der bereits den Genuss von so mancher Annehmlichkeit erfahren hat, egal in welcher Region er auch sein Unwesen trieb, derjenige geht leichter mit den gelegentlichen Strukturveränderungen um, weil er in jeder Gesellschaft auf Freunde und Befürworter stößt, die zu ihm halten und ihm vieles verzeihen. Und so ist das Buch „Die Villa“ auch zu verstehen. Sie, die Villa, ist vielleicht der Anfang, welcher über mehrere Generationen, dann, zum Parcours d`amour führt, nicht im direkten Übergang, aber die Grundvoraussetzung, durch die Familienverknüpfungen, ist durchaus gegeben und gewollt, weil das Thema, welches im Parcours d`amour einen vorrangigen Platz einnimmt, sich „nicht“ in diesem Buch: „Die Villa“ erschöpfen ließ...
Wiedersehensfreude
Es fällt mir schwer, jetzt, im Nachhinein, Gründe dafür zu finden, warum ich Deutschland im Jahre 1914, am Vorabend des ersten Weltkrieges verlassen habe, aber die Ereignisse die mich damals betrafen, machten dieses nun einmal dringend erforderlich. Und wahrscheinlich hängt es auch mit meinem Geburtsjahr zusammen – 1895. Einige, wirkliche, gute Freunde und Klassenkameraden die in genau demselben Jahr das Licht der Welt erblickten, waren auf ihre ganz bestimmte- und persönliche Weise dem Schrecken der Fronten leider „nicht“ davongekommen, sie starben für Kaiser und Gottes Vaterland. Ich für meinen Teil befand mich in den Sommermonaten 1914 in den Vereinigten Staaten von Amerika, an der Ostküste. Meine Eltern besuchten mit mir und meiner Schwester Verwandte; außerdem hatte mein Vater etwas Geschäftliches zu regeln, welches ihm von größter Notwendigkeit erschienen war, trotz der angespannten Situation.
Mit meinen neunzehn Jahren hatte die fremde Sprache, das fremde Land, die neue Kultur, die Unverkrampftheit im alltäglichen Leben, das Wesen der Menschen der Neuen Welt, einen tiefen sowie bleibenden Eindruck auf mich gemacht, und als es sicher war, dass Deutschland Krieg machen würde, entschlossen sich meine Eltern in den USA zu bleiben. Für mich und meine Schwester – Melanie, die ein Jahr jünger war als ich, kam das alles sicher mehr als nur überraschend, aber wir fanden uns mit der gegebenen Situation so gut wie es uns möglich war ab. Es wäre quälend die Kriegsjahre in den USA ausführlich zu beschreiben, besonders dann, wenn man einen falschen Namen annehmen musste, nur um in Frieden leben zu können. So versuche ich mich auf meine persönliche Heimkehr nach Hamburg im Jahre 1920, Anfang Januar, zu beschränken.
Ich kam also über Bremerhaven mit dem Schiff aus Übersee an, wechselte in den Zug nach Hamburg, ließ mein mageres Gepäck von einem Bahnhofsburschen verstauen, setzte mich auf meinen Platz am Fenster, versteckte mich hinter einer Zeitung, und schon verließ die Lok samt Reise- und Gepäckwagen, im Dampf eingehüllt, gespenstisch wirkend, den Bahnhof. Ich saß allein in meinem Abteil, allein mit meinen Gedanken an Amerika, an Melanie und an meinen erst kürzlich verstorbenen Vater, der nun in amerikanischer Erde ruhte, weil er es so in seinem Testament bestimmt hatte. Meine Mutter war auch in Amerika geblieben, sie hatte Angst gehabt den Boden der Heimat, erneut, nach all den vielen Jahren, zu betreten. Und Melanie? Sie hatte geheiratet und war glücklich. Sie verzichtete ebenfalls auf eine Konfrontation mit Dingen in denen sie verwurzelt war, sie scheute zwar nicht das Land ihrer Herkunft, aber ihre Neugier, die hielt sich in privaten und überschaubaren Grenzen. Sie hatte sich