Die Villa. Jacques Varicourt
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Im Jahre 1928 kam auf allen Vieren, des Hauses ehemaliger Chauffeur „Albert“ wieder angekrochen, er hatte nach diversen Tätigkeiten, die mit dem Fahren überhaupt nichts zu tun hatten, zurück zur seiner Berufung gefunden, so oder so ähnlich war seine Ausdrucksweise, als er in meinem Arbeitszimmer, sich dabei schämend, in geduckter Haltung, mit zittriger Stimme um eine erneute Anstellung bewarb. Auch er, der ewige Junggeselle, der seinen Hang zu Wein, Weib und Gesang nie so ganz abgelegt hatte, war die allgemeine wirtschaftliche Situation auf den Magen geschlagen. Seine offene Wesensart, seine Aufrichtigkeit und nicht zuletzt seine Fähigkeit Automobile nicht gleich an die nächst beste Wand zu setzen, machten es mir leicht ihn wieder einzustellen. Er kannte Carina seit damals immer noch recht gut, beide waren im gleichen Alter und Albert war ihr gegenüber sehr untergeben, sehr anständig sowie aufmerksam gegenübergetreten, als sie sich nach so langer Zeit wiedersahen. Die kleinen Gemeinheiten, die meine Mutter einst zu verantworten hatte, welche Carina am deutlichsten zu spüren bekam, bekanntermaßen „auch“ von dem seinerzeit etwas dämlichen und unbeholfenen Albert - das alles schien vergessen, und Carina reichte ihm, mit einer nicht zu übersehenden Schadenfreude, in Manier einer Dame die Hand, so dass Albert in der Hüfte, sauber abgeknickt, die Mütze vorher abgenommen, tief Luft holend, sich über die gestreckte Hand von Carina neigte, um einen Handkuss anzudeuten. Carina nahm diese Geste der totalen Unterwürfigkeit, die dem eines Sklaven glich, wohlwollend zu Kenntnis, sie weidete sich am Anblick Alberts, der mit blutunterlaufenen Augenrändern, rot angelaufenen Ohren, fest aufeinander gebissenen Zähnen, anschließend, stramm stehend vor ihr Haltung annahm, um ihre Befehle entgegen zunehmen. Ich ließ, nachdem ich mehrmals Zeuge dieser Prozedur gewesen war, Carina im Umgang mit Albert machen, was sie für richtig hielt, schließlich war sie diejenige die in unserer Villa das Sagen hatte. Der getreue Albert hatte, nachdem er gierig den, von mir unterzeichneten Arbeitsvertrag an sich gerissen hatte, allen Erwartungen zum Trotz, nicht in unserem Hause ein Zimmer bezogen, nein, er besaß eine eigene kleine Wohnung direkt am Hafen, die er sich mit seinem Lohn, den er von mir erhielt, auffallend geschmackvoll einrichtete; er hatte den Stil, im Kleinen natürlich, von uns, ganz genau von Carina übernommen, denn sie hatte in unserer Villa, im Laufe der Jahre so einiges modernisiert. Warum es bei ihm genauso aussehen musste wie bei uns? Das war mir ein Rätsel, vielleicht war er aber auch nur zu verblödet sich nach seinem eigenen Geschmack zu orientieren. Als ich Carina von meiner Beobachtung erzählte, dass sich in Albert seiner Wohnung derartige Gleichnisse befinden, und ich das doch, mehr oder weniger, merkwürdig finde, da meinte Carina nur, dass „er“ eben keine Ahnung habe, was gut und schön ist, darum kopiert er andere, die das Einrichten eines Zuhauses besser bewerkstelligen können. „Vielleicht ist er aber auch nur zu verblödet?“ Sagte Carina zu mir. „Ja," erwiderte ich, „das habe ich auch schon gedacht, na ja, wie auch immer, Hauptsache er baut keine Unfälle und fährt vernünftig,“ fügte ich leicht beschwingt hinzu. Und in der Tat, irgendetwas passte mir plötzlich nicht, da war so eine Ahnung, so ein Gefühl von zu großer Anhänglichkeit, denn, wenn einer so ist wie Albert, dann sollte man ihn trotz aller beruflichen Qualitäten im Auge behalten und das tat ich auch. Er beschiss sich fast vor Freundlichkeit, wenn er mit Carina und dem kleinen Nachwuchs unserer Familie in die Stadt zum Einkaufen fuhr, oder sonst irgendwo hin zitiert wurde. Albert genoss die Nähe, die Schönheit, die alles verzaubernde Unkompliziertheit und das Vergessen meiner Frau, sowie deren Fähigkeit zum Verzeihen, in Bezug auf frühere Ereignisse, an denen er nicht ganz unschuldig war. Ja, und ob das nun alles deutliche Warnzeichen waren, dass unsere Ehe sich auseinander bewegte, eventuelle Eifersucht meinerseits inbegriffen? Mir kam das zu jener Zeit, in der so vieles schwierig zu werden drohte - noch nicht so vor. „Ich“ vertraute. Ich vertraute so lange, bis unser Nachbar, der alles und jeden kannte und das bis ins kleinste Detail, mir, durch ein paar Worte der Vertraulichkeit, und nur erst dadurch, in mir, Misstrauen erzeugte.
Er, Herr Rösser, ein gestandener, ehemaliger Kriegsveteran, ferner ein gutsituierter, mit einer Lehrerin verheirateter, leicht exaltierter Nationalsozialist von 33 Jahren, erzählte mir einmal wortwörtlich: „Euer Albert, obwohl es mich gar nichts angeht, der macht sich ziemlich wichtig. Es würde mich nicht wundern, wenn dieser „Albert“ - Madame (Carina war gemeint), nicht nur in die Stadt und auf den Wochenmarkt fahren würde, sondern auch noch ganz woanders hin, natürlich nur, wenn die lieben und braven Kinderchen, und damit sind alle gemeint, nicht dabei sind - Monsieur Handke. Und das meine ich, „ohne“ dass ich mich aufdrängen möchte. Wenn Sie verstehen...?“ Im ersten Moment dachte ich: „Was geht dich das eigentlich an? Du intrigantes, ehemaliges, aus dem Geschlecht der Nattern und Ratten entsprungener Mistkäfer, kümmere dich um deinen Scheiß, steck` deine Nase in deine Angelegenheiten, man hat zu schweigen, man hat, auch in unserem Hause, zu übersehen und wegzuhören, wenn es sich um den Zusammenhalt einer Familie dreht, man sollte nicht vorverurteilen, denn das ist ein Fehler.“ Aber dann, als die Medizin des Misstrauens in mir an zu wirken fing, dankte ich ihm für seine diskrete Andeutung, jedoch ließ ich mir nichts anmerken. Daraufhin marschierte er wieder in sein zweistöckiges Häuschen, allerdings, versprach er mir noch: „Auch in Zukunft die Augen offen zu halten,“ und reden würde er nur mit mir darüber, wenn ihm irgendetwas Anrüchiges unter die Nase geraten sollte. Und von diesem Tage an, war, in mir, der Gedanke, dass meine Ehefrau, mich mit unserem Chauffeur betrügen würde, beinah, tief und fest eingebrannt. Jochen, mein ältester Sohn, der „immer“ zu mir hielt, hatte mir einmal zugeflüstert: „Ich glaub` die Mama und der Albert die küssen sich heimlich, wenn sie glauben, dass sie alleine sind.“ Das schien mir Beweis genug zu sein, um meine treulose Ehefrau zur Rede zu stellen. So geschah es auch noch am selben Abend, unter Ausschluss der neugierigen Öffentlichkeit, nur ich und Carina - keine Zeugen. Meine Anschuldigen sprudelten mit einer solchen Intensivität hervor, dass ich sie förmlich mit Hass, mit Vorwürfen und mit Verantwortungslosigkeit überschüttete. Ich machte ihr die wohl schlimmsten Vorwürfe die man sich vorstellen kann. Immer wieder berief ich mich auf unsere gemeinsamen Kinder, auf unser Haus, auf das geheiligte Band der Ehe, welches man nicht zerschneiden sollte, besonders dann nicht, wenn zumindest einige Kinder, noch recht klein sind, und sie die fürsorgliche Pflege einer Mutter benötigen, die sich ihnen widmet und die sich ihrer Erziehung annimmt, damit sie nicht im Sumpf der Großstadt verenden. Ich redete und redete, und als ich glaubte noch einen drauf setzen zu müssen, da unterbrach mich Carina, indem sie einen gellenden Schrei ausstieß, der mich zu Tode erschreckte.
Sie trat, mit dem Absatz ihres Schuhs, ohne jegliche Vorwarnung, in die Scheibe der Glasvitrine, welche unsere kostbarsten Schalen, Weingläser und kristallinen Geschenke aus Amerika beinhaltete. So, durch diesen Krach, versuchte sie sich Gehör zu verschaffen, was ihr auch gelang. Ich sah sie fassungslos an. Dann brüllte sie, in noch nie da gewesener Weise, los. Sie warf mir ein Verhältnis mit „Melissa“ vor. Melissa war seinerzeit Angestellte, in einer von mir, einst, renovierten Kneipe, sie hatte sich durch Fleiß und Überstunden mein Wohlwollen erworben. Melissa war eine 20ig jährige Kroatin mit schwarzem Haar, großen Brüsten, dunklen, traurigen, sich nach Liebe und Zärtlichkeit sehnenden Augen,