Schiff der Verdammnis. Jay Baldwyn

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Schiff der Verdammnis - Jay Baldwyn

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Sullivans Motorboot musste dagegen wie eine Nussschale anmuten. Wenn sie in einen Sturm oder eine der gefährlichen Strömungen gerieten … dann Gnade ihnen Gott. Außerdem war ihr der Mythos des Bermudadreiecks, das auch Teufelsdreieck genannt wurde, nur allzu bekannt. Dort sollten im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Schiffe und sogar Flugzeuge auf Nimmerwiedersehen verschwunden sein. Das in den siebziger Jahren erschienene Buch The Bermuda Triangle von Charles Berlitz und J. Manson hatte sie geradezu verschlungen. Dabei war der Begriff Bermudadreieck schon 1963 von Vincent Gaddis geprägt worden. Es hieß sogar, schon Christoph Kolumbus habe von einem Verrücktspielen der Kompasse und einer „Flamme“, die aufs Meer stürzte, berichtet.

      Katie war nicht unbedingt ein Angsthase, schließlich gab es in Miami die Hurrikansaison, die offiziell vom 1. Juni bis zum 30. November dauerte, aber außerhalb dieser Periode war die Bildung von tropischen Wirbelstürmen nicht gerade ungewöhnlich. Ob Hurrikan oder Wirbelsturm, dabei befand man sich besser an Land und nicht auf offener See, dachte sie. Andererseits hatten sie gerade Ende Oktober, und in Miami konnte es noch bis zu dreißig Grad warm werden, während es in Bermuda schon angenehm kühler war.

      Auch wollte sie Megan nicht enttäuschen. Die Freundin hatte ihr in der schweren Zeit unerschütterlich beigestanden, auch wenn man sie mitunter nicht vorlassen wollte oder Katie keinen Besuch an sich heranließ. Nach dem Verlust von Mann und Sohn war Katie völlig zusammengebrochen, was jeder verstehen konnte. Monatelang hatte sie unter dem Einfluss von schweren Beruhigungsmitteln regelrecht dahinvegetiert. Mehr als einmal hatte sie in Betracht gezogen, ihren Lieben zu folgen. Davon, dass sie öfter Don und Mikey vor sich gesehen hatte, als wären sie zu Besuch in ihr Zimmer gekommen, hatte sie keinem erzählt.

      Megan mit ihrer etwas oberflächlichen, aber durchaus herzlichen Art, war nicht die Gesellschaft, die Katie in dieser schlimmen Zeit bevorzugte, doch die Freundin tat, als bemerke sie nicht Katies Vorbehalte und war immer wieder auf sie zugegangen. Als Bedienung in einem der Strandcafés von Miami Beach war sie es gewohnt, auf Ablehnung zu stoßen oder gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ihr robustes Naturell bewahrte sie stets vor tiefer gehenden Verletzungen.

      Dieser Terry schien zwar ein Windhund zu sein, wie er im Buche steht, doch unwahrscheinlich, dass er sich absichtlich in Gefahr brachte, überlegte Katie. Dazu lebte er viel zu gerne, wenn auch auf Kosten anderer. Bestimmt hatte er die Überfahrt schon unzählige Male gemacht oder wusste zumindest, was er tat.

      Die anderen Mitfahrer kannte sie nur flüchtig oder nur vom Sehen, außer Caleb. Der sympathische und etwas ältere Mann als Megan mit glänzendem Aussehen schien an Megan einen Narren gefressen zu haben, sonst würde er nicht standhaft übersehen, dass Megan in gewisser Weise nur mit ihm spielte. Katie kannte Megans Geschmack, was Männer anbetraf, sehr genau. Caleb Morgan gehörte nicht zu ihrem Beuteschema. Wahrscheinlich gefiel ihr nur, wie er sie seit längerem umwarb, und da gerade kein anderer da war … Caleb tat Katie sogar ein bisschen leid. Und so ganz verstand sie auch nicht, was zwischen den beiden ablief. Der charismatische Mann hätte bestimmt ganz andere Frauen haben können, doch vielleicht gefiel er sich auch in der Opferrolle. Wer konnte schon in einen anderen Menschen hineinsehen?

      Megan hatte jubiliert, als Katie schließlich zusagte, an der Bootstour teilzunehmen. Am frühen Samstagmorgen trafen die beiden Frauen im Yachthafen der Fischerinsel ein. Terry Sullivan, ganz in Weiß gekleidet, sonnengebräunt wie immer und mit dunklen Naturlocken, ließ einen Moment seine derzeitige Liebste, Fallon Walker, los, um den Frauen galant an Bord zu helfen und ihre Koffer zu übernehmen. Fallon, die ebenfalls weiße Kleidung trug, aber für Katies Geschmack etwas zu offenherzig dekolletiert war und ihre blond aufgehellten Haare mit einem knallroten Tuch bändigte, nickte hoheitsvoll und lächelte säuerlich.

      »Na, hat dir mein Dad freigegeben?«, fragte Terry Katie.

      »Das war nicht nötig«, mischte sich Megan ein, »sie hat noch ihren gesamten Jahresurlaub zu beanspruchen.«

      Wayne Sullivan, Terrys Vater, hatte mit Immobilien ein Vermögen gemacht und unterhielt noch immer mehrere Maklerbüros in der Stadt. In einem davon, im Art Déco District von Miami Beach gelegen, arbeitete Katie. Sie nahm gerne täglich die achtzehn Kilometer von ihrer Wohnung in Miami in Kauf, denn sie liebte das historische Viertel am Ocean Drive, in dem es noch immer Gebäude aus den 1930er und 1940er Jahren gab mit ihren abgerundeten Formen und lieblichen Pastellfarben. Der Abriss war durch Proteste von Bürgerinitiativen verhindert worden. Bei Touristen, jungen Leuten und besonders „Gaypeople“ war dieses, als Sehenswürdigkeit geltende Areal sehr beliebt.

      Doch es gab auch eine dunkle Seite von Miami. Die Viertel Little Haiti und Little Havana, von Einwanderern aus Kuba und Haiti gegründet und im Laufe der Jahre zu einem sozialen Brennpunkt geworden. Dort trieben Jugendbanden oder auch sogenannte Straßengangs ihr Unwesen. Einst eine Minderheit, belegten diese Einwanderer mittlerweile in etwa ein Drittel von Miami. Und es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen und sogar Morden zwischen den verschiedenen Gruppen. Man vermutete, dass Miamis Drogen- und Waffenhandel von diesen Banden beherrscht wurde.

      »Du wirst lachen, deinen alten Herrn habe ich bis heute nicht zu Gesicht bekommen«, übernahm Katie wieder das Wort. »Außerdem ist es meine Provision, die mir während meiner Abwesenheit flöten geht.«

      »Daddy hat es nicht mehr nötig, nach dem Rechten zu sehen. Das überlässt er jetzt seinen Geschäftsführern. Doch viel hast du nicht versäumt, er kann ganz schön bärbeißig sein.«

      »Nur so kommt man zu was«, sagte Katie. »Ist Caleb schon eingetroffen?«

      »Nein, bisher nicht. Ich wundere mich, dass ihr nicht zusammen kommt.«

      »Er wollte einen Umweg machen und uns abholen, doch das fand ich übertrieben«, meinte Katie. »Schließlich sind wir beide schon große Mädchen. Sicher wird er gleich kommen, Megan, wenn er es sich nicht anders überlegt hat.«

      »Keine Sorge, den hab ich fest im Griff. Wenn er bis jetzt nicht angerufen hat, kommt er auch«, sagte Megan. »Sind denn die anderen schon da?«

      »Ja, sie warten im Salon. Dort gibt es ein zweites Frühstück. Aber jetzt zeige ich euch erst einmal eure Kabine.«

      Unter Deck saßen bereits Chris Ellis mit seiner Freundin Savannah Bird auf der gemütlichen, halbrunden Sitzbank gegenüber der Küchenzeile. Er, ein eher unscheinbarer Bursche mit kurzen, braunen Haaren, sie, mit dunklen, fast schwarzen Haaren, die sie windschnittig aufgesteckt trug. Brady Holland, der seine rötlich blonden Haare superkurz trug, dem man seine Veranlagung aber nicht auf den ersten Blick ansah, bediente sich gerade am Büffet.«

      »Hereinspaziert«, sagte er lächelnd. »Auf dass das Haus voll werde.« Dabei blitzten seine strahlend blauen Augen schelmisch, während Chris und Savannah nur kurz winkten und sich dann wieder ihrem Lachstoast widmeten.

      Terry stellte die Koffer in eine der drei Kabinen. Besser, er warf sie mit großem Schwung auf das bequeme Doppelbett. »Wie ihr euch aufteilt, überlasse ich euch«, sagte er grinsend. »Der Masterbedroom im Bug ist allerdings für mich und Fallon reserviert.«

      »Man beachte die Reihenfolge«, meinte Megan spitz.

      »Ein Doppelbett beanspruchen Chris und Savannah, und dieses hier könnte euch beiden gehören, falls Megan nicht mit Caleb zusammen nächtigen will«, sprach Terry unbeirrt weiter. »Brady hat schon signalisiert, mit einer Koje in dem kleineren Raum mit zwei Etagenbetten zufrieden zu sein. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass du, Katie, mit Brady in einem Raum schlafen willst, wäre es vielleicht angebrachter, dass Caleb dies tut. Dabei übernehme ich keine Verantwortung für die Nacht.«

      »Was denkst du denn?«, protestierte Megan. »Caleb ist dem eigenen Geschlecht gegenüber völlig resistent.«

      »Wie

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