Borderline. Frank Habbe

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Borderline - Frank Habbe

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an der Innenseite ihres Oberschenkels entlang, bis er den schwarzen String ertastete. Kleine Schlampe, dachte er, und zog den Slip beiseite. Für einen Moment betrachtete er ihren rasierten Schritt, schob einen Finger in die Spalte. Dann sah er in ihr Gesicht. Immer noch keine Regung. Carlos’ Blick wanderte weiter, hin zu den beiden halbleeren Cocktailgläsern, die auf einem Sideboard neben dem Bett standen. Gut so. Bei der Menge an Rohypnol, die er in ihre Drinks gemischt hatte, wäre es ein Wunder, wenn sie überhaupt wieder aufwachten. Trotzdem: Er würde heute kein Risiko eingehen.

      Für einen Moment hielt Carlos lauschend inne, aber außer dem leisen Stampfen der Maschine war es still. Er ging am Fußende des Bettes in die Hocke, zog den Teppich beiseite. Die darunter liegende Luke ließ sich problemlos öffnen. Carlos nahm eine der Sprengladungen und aktivierte den Zünder. Danach verschloss er die Luke, schob den Teppich zurück und ging zur Tür. Mit einem kurzen Blick versicherte er sich, dass er noch immer allein war, zog die Waffe und gab jeweils zwei Schüsse in die Köpfe der beiden regungslosen Körper ab.

      Plopp-plopp. Plopp-plopp. Sicher ist sicher.

      Zufrieden schloss Carlos die Tür und schlich sich zu seiner Kabine zurück. Dort installierte er nahe der Außenwand eine zweite Ladung. Blieb noch eine, die er an der Bar im untersten Fach des Küchenschranks hinter zwei Milchtüten versteckte. Wieder sah er die Whiskeyflasche – und wieder blieb er hart.

       Ruhe. Immer mit der Ruhe.

      Immerhin hatte er bereits Teil zwei seiner Aufgabe erfüllt. Alle Bomben waren scharf und lagen unterhalb der Wasserlinie, weit genug von den Benzintanks entfernt. Nach der Explosion würde der Wassereinbruch die Yacht innerhalb weniger Minuten im Meer versinken lassen. Ohne zuvor in Flammen aufzugehen, so hoffte er. Sie sollte bloß still und leise von der Oberfläche verschwinden.

      Carlos sah auf die Uhr. Kurz nach Mitternacht. In knapp drei Stunden sollten sie Newport erreichen, aber in etwa neunzig Minuten wären sie vor San Clemente. Dort würde er aussteigen. Mit den Diamanten.

      An und für sich war der Plan gar nicht schlecht, mit dessen Hilfe Maria die fünfzehn Millionen aus den Bergen des nördlichen Mexikos nach Kalifornien schmuggeln wollte. Das Risiko, die wertvolle Fracht auf dem Landweg durch das Gebiet feindlicher Kartelle und über die scharf bewachte Grenze zu verlieren, war gewaltig. Deshalb war der Umtausch ihrer Geldkoffer in eine handliche Portion Edelsteine ein geschickter Zug gewesen. Da sie keine Armee zum Schutz der teuren Ware aufbringen konnten, hatte es sich angeboten, auf eine der Charteryachten zurückzugreifen. Lediglich ein sicheres Versteck für die kostbaren Steinchen hatten sie finden müssen, um bei einer Kontrolle durch die Küstenwache nicht aufzufliegen.

      Die Idee mit den Dosen war aus dem Team gekommen. So waren die Diamanten in ein Dutzend handelsüblicher Cola-Büchsen gefüllt, auf eine kleine Palette mit anderen, normalen Dosen gepackt und verschweißt worden. In Cabo war die Ladung auf eine Yacht und von dort aus gen Norden verschifft worden.

      Carlos hatte sich direkt bei Maria für die Bewachung der Dosen empfohlen. Warum er von ihr letztendlich als Begleiter ausgewählt wurde, ließ sich nur ahnen. Sicher, er arbeitete seit vielen Jahren für sie, wie zuvor auch schon für ihren Vater. Außerdem war er an der Beschaffung der Diamanten beteiligt gewesen. Scheinbar genug Gründe, um ihm zu vertrauen.

      Was Maria allerdings nicht ahnte, war, dass Carlos sich vorgenommen hatte, sie bitter zu enttäuschen.

      Es war höchste Zeit, etwas in seinem Leben zu ändern. Als Teil von Marias Gefolgschaft war er während der letzten Jahre in unzähligen Gebirgsdörfern der Sierra Madre abgetaucht, immer auf der Flucht vor Armee, Polizei oder verfeindeten Familien. Und genau wie Maria und alle anderen hatte auch er einen hohen Preis für dieses Leben zahlen müssen. Dabei war Carlos alles andere als ein Kämpfer. Nur widerwillig hatte er in dieser Zeit zur Waffe gegriffen, um sich und die Seinen zu verteidigen. In den Jahren davor, unter Hectors Herrschaft, hatte er sich lediglich um Finanzielles kümmern müssen. Hier hatte er derart viel Geschick bewiesen, dass die Locandos auch während ihrer Zeit im Exil stets auf ein beträchtliches Vermögen zugreifen konnten. Und in diesem Land garantierte nur Geld das Überleben.

      Erst nachdem Maria einige Monate zuvor die Wiederaufnahme des väterlichen Geschäfts beschlossen hatte, konnte Carlos die Waffe wieder aus der Hand legen. Über ihre Gründe zu diesem riskanten Schritt gab es viele Gerüchte. Allerdings wusste niemand Genaueres. Carlos meinte, dass die Entscheidung mit der Ankunft des Blonden zusammenhing, der mit einigen Männern im Schlepptau urplötzlich auf der Finca erschienen war. Selbst hatte er ihn nur einmal zu Gesicht bekommen, und er hütete sich davor, seine Einschätzung mit anderen zu teilen. Was für ihn zählte, war, dass er in einem klimatisierten Raum hocken und sich mit Zahlen auseinandersetzen konnte.

      Von einem solchen Raum aus hatte Carlos den Diamanten-Deal eingefädelt. Die erfolglose Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum Maria einen Teil ihres Vermögens dieses Mal in das nördliche Nachbarland transportieren ließ, kostete Carlos unzählige durchwachte Nächte. Fünfzehn Millionen!

      Und er? Wurde abgespeist mit ein paar hunderttausend Dollar. Viel zu wenig für das Risiko, das er in Kauf nahm. Es war an der Zeit, auch mal an sich zu denken. Damit meinte er nicht nur sich selbst, sondern seine familia. Und das war in erster Linie Sylvia. Sie waren seit fünf Jahren verheiratet, und er liebte sie noch wie am ersten Tag. Nur Kinder fehlten, dabei gab es nichts, was sich beide sehnlicher wünschten. Aber in diesem Umfeld, in dem sie lebten? Für Carlos ausgeschlossen, dazu wuchsen zu viele vaterlose Halbwaise in ihrer Umgebung auf. Für ihn stand fest: Sie mussten Maria und den ganzen Drogensumpf hinter sich lassen. Und diese Tour war seine Chance!

      Um die Wellenbewegungen auszugleichen, lehnte Carlos breitbeinig an der Wand, während er auf seinem iPhone die Nummer, die den Zünder aktivieren würde, auf die Kurzwahltaste des Home-Buttons legte. Dann zog er aus dem Küchenschrank die Palette mit den in Folie eingeschweißten Dosen. Fünfzehn Millionen, dachte er lächelnd, während er die Packung auf die Tischplatte wuchtete. Er griff sich eine Dose, zog an dem kleinen Metallverschluss und nahm einen Schluck von der braunen Limonade. Mit der Cola in der Hand ging Carlos die Treppe hinauf. Das Kokain machte ihn hibbelig. Nicht gut, denn der schwerste Part lag noch vor ihm.

      Um Manuel, den schmächtigen Skipper des Schiffs, machte er sich keine Sorgen. Was sollte der schon ausrichten? Antonio allerdings, der war ein anderes Kaliber. Antonio war an Bord, um die Ware sicher zum Blonden gelangen zu lassen. Der Blonde vertraute Antonio. Und wem er vertraute, der musste gut sein. Sorgen aber bereiteten Carlos nicht nur Antonios unzweifelhaft vorhandenen Fähigkeiten, sondern vor allem die schussbereit neben ihm liegende vollautomatische Heckler & Koch. Carlos war sicher, dass die Kugeln ihm im Falle eines Fehlers die lebenswichtigen Organe innerhalb von Sekundenbruchteilen perforieren würden. Allein deshalb durfte er sich keinen Fehler erlauben.

      Durch die Panoramascheibe sah Carlos, dass Antonio noch immer draußen saß und in seine Richtung schaute. Der Griff nach der Pistole erschien ihm zu riskant, also nahm er einen weiteren Schluck von der Cola und hielt die Dose einladend in die Höhe. Antonio nickte zustimmend, und so drehte sich Carlos eilig auf dem Treppenabsatz um. Unten nahm er die Pistole aus dem Holster und steckte sie griffbereit in den hinteren Hosenbund. Dann stellte er sicher, dass die Jacke nicht störend darüberlag. Er griff nach einer weiteren Dose.

      Ein leises und sich selbst anfeuerndes „¡Vamos!“ murmelnd, stieg er die Stufen hinauf, ging ohne zu zögern zur Glastür, schob sie mit dem Ellenbogen auf und trat an Deck. Mit einem Lächeln hielt er Antonio die Dose vor die linke Hand. Die, die auf dem Lauf der Maschinenpistole lag. Antonio hob, begleitet von einem dankenden Brummen, die Hand und griff nach dem Getränk. Auf den Moment hatte Carlos gewartet. Blitzschnell schleuderte er die Dose in Antonios Gesicht. Der schrie überrascht auf und tastete nach der Waffe. Da aber hatten ihn schon zwei Schüsse

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