Reise - Begleitung. Jürgen H. Ruhr
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Reise - Begleitung - Jürgen H. Ruhr страница 24
„Los, ab in die Halle“, befahl unsere Wache jetzt und stupste mich mit der Pistole an. Wirklich prima, dass keine Patrone in der Kammer war. Birgit sah mich hilfesuchend an und ich nickte ihr zu.
Die Halle stand voll mit Paletten, auf denen Waren aller Art gestapelt waren. Ich stellte fest, dass das Kaufhaus Kaufstatt offensichtlich nicht alleine von den Dieben heimgesucht wurde. „Da rüber, in das Büro!“ Wieder ein unsanfter Knuff mit der Pistole. Der Mann schien Gefallen daran zu finden, mir seine Waffe in den Rücken zu piksen. Ich würde ihm später - nur so zum Spaß - auch ein paar blaue Flecken verpassen.
Wir stolperten in das kleine Büro, das mit Aktenschränken vollgestopft war. In der Mitte des Raumes stand ein schmuddeliger Schreibtisch hinter dem ein fetter Mann mit einer Zigarre im Mund saß.
„Sind das die beiden?“, fragte der Zigarrenraucher und offenbarte damit das ganze Ausmaß seiner Intelligenz. Wer sonst, außer ‚den beiden’ sollten wir denn sein? So gefesselt wie wir vor ihm standen.
„Das sind sie Boss. Die haben uns hinterher geschnüffelt. Da die Frau und der Mann.“ Der Pistolenträger zeigte mit seiner Waffe erst auf Birgit, dann auf mich. Musste er seinem Chef jetzt erklären, wer von uns beiden Mann und wer Frau war?
Der Fette lehnte sich in seinem Sessel zurück, der ein bedenkliches Knarren von sich gab. Ich musste grinsen, als ich mir vorstellte, wie der Mann mit seinem Sessel nach hinten umkippte.
„Was gibt es denn da zu grinsen?“, grollte er mich mit der Zigarre im Mundwinkel an und stieß eine Rauchwolke aus. „Du scheinst das ja noch ganz lustig zu finden. Aber das Lachen wird euch schon noch vergehen. Was schleicht ihr auch meinen Leuten hinterher?“
„Wir sind niemandem hinterhergeschlichen“, erwiderte ich und machte dabei ein ängstliches Gesicht. „Ich habe meine Kollegin hier gesucht und bin dabei zufällig auf ihre Leute gestoßen. Wir sind doch nur einfache Angestellte, die vom Arbeitsamt vermittelt wurden.“ Dabei schaffte ich es meine Stimme ein wenig weinerlich klingen zu lassen. „Bitte lassen sie uns gehen, wir haben doch gar nichts getan.“
„Das könnte euch so passen. Und uns dann an die Polizei verpfeifen.“ Der Fette paffte aufgeregt an seiner Zigarre, dann sah er den Mann mit der Waffe an: „Ist dieser Sanurski auf dem Weg?“ - „Ja Chef, der müsste jeden Augenblick eintreffen.“ - „Gut, gut. Er soll sofort zu mir kommen. Wir mü...“
Der ‚Chef’ wurde durch einen Tumult in der Lagerhalle unterbrochen. Erst erklang ein Aufschrei, dann zerbarst klirrend Glas. „Verdammt, was ist denn da los?“ Mühsam erhob er sich aus seinem Sessel und stapfte Richtung Tür. „Du passt auf die beiden auf, ich bin gleich wieder zurück.“
Der mit der Pistole nickte, richtete die Waffe bedrohlich auf uns und blickte seinem Chef hinterher. Man sah seinem Gesicht an, dass er sich mehr Gedanken um das Geschehen in der Halle, denn um uns beide machte.
Ich nickte Birgit zu und wies mit dem Kopf auf den Mann. Jetzt war die Gelegenheit gekommen zu handeln. Während Birgit ihn ein wenig ablenkte, könnte ich ihn außer Gefecht setzen. Trotz meiner gefesselten Hände, soviel traute ich mir zu.
Birgit sah mich aus fragenden Augen an. Wieder nickte ich zu dem Gangster hin. „Hmm?“, war die einzige Reaktion meiner Kollegin. Noch ein Nicken, dann platzte mir der Kragen: „Birgit, du sollst ihn ablenken, das wollte ich dir damit sagen!“, schrie ich die Kleine an. „Aber es geht auch so, danke.“
Der Mann sah mich fragend an und richtete seine Waffe auf mich. Wie ich unschwer erkennen konnte, befand sich weiterhin keine Patrone in der Kammer, der Knabe hatte die Ruger immer noch nicht durchgeladen. Jetzt galt es zu handeln. Ich verlagerte mein Gewicht auf den linken Fuß, so dass ich einen sicheren Stand hatte.
Dann lud der Ganove durch.
Wie in Zeitlupe sah ich seine Hand den Schlitten der Waffe zurückziehen und konnte förmlich spüren, wie eine 9 mm Patrone die Kammer füllte. Das höhnische Grinsen wurde nur von dem mordlüsternen Blick in seinen Augen übertroffen.
Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Birgit zu Boden fiel. Hatte der Typ schon geschossen? Nein, meine Kollegin schien sich lediglich hingeworfen zu haben. Mein rechter Fuß beschrieb jetzt - ebenfalls in Zeitlupe - einen Halbkreis und traf den Gauner mit geübter Präzision am Kinn. Knock - out konstatierte ich und spürte im selben Moment, wie eine Kugel an mir vorüberzischte. Knapp vorüber. Ein ohrenbetäubender Knall folgte.
„Los, Birgit, die Waffe.“ Diesmal verstand mich die Kleine und sie reagierte überraschend schnell. Die Ruger lag neben dem Ohnmächtigen und Birgit kroch darauf zu. In diesem Moment öffnete sich die Tür und der Fette stand im Türrahmen. Mit einem Blick erfasste er die Situation und trat die Waffe zur Seite. Dann fummelte er einen kurzläufigen Revolver hervor und zielte damit auf mich. „Hände hoch“, befahl er.
„Geht nicht, die sind doch hinter meinem Rücken gefesselt.“ Ich drehte mich ein wenig zur Seite. Nicht um ihm meine Fesseln zu zeigen, sondern um eine bessere Position für einen weiteren Kampftritt zu bekommen. Doch der Fette trat einen Schritt zurück. Entweder ahnte er was ich vorhatte, oder er war einfach nur vorsichtig. Inzwischen trat auch der andere Mann in den Raum und sah fragend seinen Chef an. Dann beugte er sich zu dem Ohnmächtigen herab.
„Den hat’s voll erwischt, Chef“, stellte er dann fest.
Birgit war inzwischen zu mir zurückgekrochen und kauerte leise schluchzend am Boden. Bis zur hartgesottenen Privatdetektivin fehlte aber noch Einiges! Vor allem musste sie dringend Kampfsport lernen. Ich nahm mir vor, mit Bernd zu reden - falls wir aus dieser Sache unbeschadet herauskommen würden.
„Nimm die Pistole und halte die beiden in Schach“, befahl der Fette jetzt. „Und sei vorsichtig, der Knabe scheint so eine Art Nahkampf zu können.“
„Was machen wir mit den beiden?“, fragte sein Gehilfe, der jetzt die Ruger in der Hand hielt. Daran wie er die Pistole handhabte, erkannte ich, dass er wenig Übung im Umgang mit Waffen hatte. Jetzt machte ich mir wirklich Sorgen.
„Ihr erledigt sie sobald es dunkel ist. Vorausgesetzt Paul ist bis dahin wieder auf den Beinen. Sonst musst du die Sache alleine übernehmen.“
Der Gauner sah seinen Chef entsetzt an: „Ich? Also, Chef ich habe noch nie ... Das, das ka...“ - „Einmal ist immer das erste Mal“, unterbrach ihn der Fette, der mittlerweile wieder in seinem Sessel saß und seine Zigarre paffte. „Dann sieh’ zu, dass Paul wieder einsatzfähig ist. Ihr nehmt den Transporter und bringt die beiden raus aufs Land. Irgendwo in den Wald oder so. Und verbuddelt die Leichen ordentlich, damit sie nicht gefunden werden. Und jetzt sperr’ beide schon einmal in den Transporter und kleb dem Typen den Mund zu, damit er nicht herumbrüllt und auf sich aufmerksam macht!“
Birgit und ich wurden in den inzwischen leeren Transporter verfrachtet. Leider ergab sich keine Gelegenheit, unseren Bewacher auszuschalten. Er rief sogar eine der Frauen zu Hilfe, die mir den Mund mit dem scheußlichen Klebeband zukleisterte. Die Schiebetür knallte zu und plötzlich umgab uns Dunkelheit. Ich musste zugeben, dass sich unsere Situation nicht gerade gebessert hatte.
Auch nachdem sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnten, war kaum etwas zu erkennen. Ich versuchte mit Birgit zu kommunizieren, was sich aber dank des Klebebandes als äußerst schwierig erwies.
„Brgggt?“ Das Mädchen reagierte nicht. Ich versuchte es erneut mit einem längeren Grunzen, dann gab ich der Kleinen einen leichten Tritt.