Reise - Begleitung. Jürgen H. Ruhr

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Reise - Begleitung - Jürgen H. Ruhr

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      „Seid ihr jetzt fertig, mit euren Selbstbeweihräucherungen?“, lachte Christine. „Dann können wir nämlich jetzt allmählich zurückfahren. Es wird schon spät und ich habe einen Bärenhunger.“

      „Ich auch“, fiel Birgit ein. „Wir sollten den erfolgreichen Abschluss des Auftrages mit einem guten Essen feiern.“

      Ich grinste. Das wäre den Damen bestimmt recht: Lecker essen gehen und Jonathan Lärpers, der Held der ganzen Geschichte, durfte zur Belohnung auch noch alles zahlen. Dem würde ich aber einen Strich durch die Rechnung machen: nicht mit mir!

      „Und ich lade euch dazu wohl noch ein“, grinste ich und wollte den Kopf schütteln, als Christine einfiel: „Oh, das ist aber nett von dir, Jonathan. Das hätte ich nie zu denken gewagt. Da du es aber selbst vorschlägst ...“

      „Nein, also, so ha...“ Birgit unterbrach mich, indem sie sich bei mir einhakte: „Danke, Jonathan. Das ist ja wirklich ein feiner Zug von dir.“

      Jetzt hakte sich Chrissi auch noch an der anderen Seite ein. Na, dann mal los. Wohin soll es denn gehen, Jonathan. Wer zahlt darf schließlich das Lokal aussuchen.“

      VII.

      Christine fuhr den Wagen und ich saß auf dem Beifahrersitz neben ihr. Nachdem mir keine Widerrede möglich gewesen war, überlegte ich, wohin ich die beiden zum Essen einladen sollte. Gut und günstig musste es sein und da kam eigentlich nur ein Lokal in Frage: „Curry - Erwin“, platzte es nach wenigen Minuten aus mir heraus und ich fand, dass das eine wirklich gute Wahl war. Auf diese Art und Weise könnten die beiden einmal Erwins Gourmetteller ‚Lärpers Spezial’ kennenlernen. Ich würde mich nicht lumpen lassen und dazu auch noch eine Cola oder ein Bier spendieren. Und Erwin könnte bei dieser Gelegenheit von meinem neuesten Erfolg erfahren.

      Ein stechender Schmerz an meiner linken Schulter riss mich aus meinen Überlegungen. „Niemals dieser Curry - Erwin“, fauchte Chrissi mich an und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Am liebsten hätte ich ihr diesen Knuff zurückgegeben, musste aber an unsere Sicherheit denken, da sie ja schließlich den Wagen fuhr. Vorsichtig rieb ich mir die schmerzende Stelle. Dass Christine aber auch immer direkt so fest zuschlagen musste! Auch bei unserem gemeinsamen Krav Maga Training hielt sie sich nicht sonderlich zurück, so dass ich so manchen blauen Fleck einstecken musste. Aber ich schenkte ihr auch nichts, schließlich hatten wir uns auf dieses harte Training zuvor geeinigt. Dumm nur, dass ich wesentlich mehr feste Schläge abbekam, als sie.

      Gut, meine schmerzende Schulter zeigte mir, dass Curry - Erwin jetzt passé war. Aber wohin konnte ich mit den beiden Frauen gehen und nicht zu viel Geld bezahlen?

      „Wir gehen in Chez Duedo“, bestimmte Chrissi und steuerte den Parkplatz an der Gracht in Rheydt an.

      Beim Chez Duedo handelte es sich um mein Lieblings - Steakhaus. Allerdings waren die Preise in dem Restaurant alles andere als günstig. Und einen ‚Lärpers Spezial’ - Teller gab es dort auch nicht. Ein Blick in Chrissis entschlossenes Gesicht zeigte mir aber, dass jeder Gegenvorschlag von ihr sofort zunichte gemacht würde. Also hielt ich den Mund und ergab mich seufzend in mein Schicksal. Ob Bernd die Kosten heute Abend vielleicht als Spesen gelten lassen würde?

      „Was ist ein Chez Duedo?“, fragte Birgit von hinten und ich erkannte, dass sie uns aufmerksam zuhörte. „Chez Duedo ist ein ausgezeichnetes Steakrestaurant“, erklärte Chrissi und parkte den Wagen gekonnt neben einem dieser übergroßen SUVs ein. „Jonathans Lieblingsrestaurant. Es würde mich nicht wundern, wenn man ihn dort auch mit dem Vornamen begrüßt und per du mit ihm ist.“

      „Ist man dort nicht und ich habe viele Lieblingsrestaurants. Curry - Erwin zum Beisp...“

      Wieder traf mich ein gekonnter Schlag an der Schulter und bevor ich zurückschlagen konnte, war meine Kollegin auch schon aus dem Auto heraus. Ich nahm mir vor, es ihr später heimzuzahlen.

      „Nun kommt schon, ihr Schlafmützen“, hörte ich sie von draußen rufen. „Ich bin am Verhungern. Und auf einen leckeren Rotwein freue ich mich auch.“

      Die beiden Frauen hakten mich wieder unter - eine rechts, die andere links und schon zogen wir Richtung Restaurant los. Dazu mussten wir halb Rheydt durchqueren und Chrissi und Birgit nutzen die Gelegenheit sich angeregt zu unterhalten. Über meinen Kopf hinweg.

      „Was macht die Waffenkunde“, fragte Chrissi gerade und Birgit kicherte: „Bestens. Ich arbeite jetzt so schnell wie möglich die Bücher, die ihr mir gegeben habt, durch und es klappt wirklich prima.“

      „Konntest du die Waffen der Gauner identifizieren?“ - „Ja, problemlos. Der eine, den sie Paul nannten, besaß eine Ruger SR9, der fette Chef einen Revolver Colt Python.“

      Chrissi nickte zufrieden. „Prima, wenn du jetzt auch noch die Eigenschaften dazu kennst ...“

      Birgit nickte beflissen: „Ja, natürlich. Die Ruger SR9 ist amerikanischen Ursprungs und wurde im Jahr zweitausend entwickelt. Sie hat das Kaliber 9 mm, also 9 x 19 mm. In ein Magazin passen siebzehn Patronen und wenn eine Patrone in der Kammer ist, wird dies durch eine Anzeige mit seitlichen roten Strichen bemerkbar gemacht. Die Waffe ist 192 mm lang und ...“

      Ich hörte nicht mehr zu. Alle diese Details kannte ich schließlich in und auswendig. Auf jeden Fall bemerkte ich, dass die kleine Birgit sehr fleißig und mit Eifer bei der Sache war. Das Mädchen sammelte zusehends Pluspunkte.

      Endlich standen wir vor dem Chez Duedo und meine Hoffnung, dass das Lokal heute geschlossen war, erfüllte sich nicht. Es war ja auch nur eine winzige Chance gewesen; schließlich wusste ich es besser: das Lokal war heute natürlich geöffnet. Galant hielt ich den Damen die Tür auf.

      Chrissi steuerte zielstrebig auf eine Sitzecke zu. Schummriges Licht verströmte eine gemütliche Atmosphäre. An diesem Tag in der Woche war das Restaurant zwar gut besucht, aber nicht rappelvoll. Kaum saßen wir, eilte auch schon ein Ober an unseren Tisch.

      „Ah, guten Abend die Herrschaften. Schön sie wieder einmal zu sehen, Herr Lärpers. Für sie wie immer?“

      Ich nickte ein wenig peinlich berührt. Andererseits: warum sollte ich mich schämen, dass ich hier namentlich bekannt war? Ob die nicht doch einen Teller ‚Lärpers Spezial’ hatten?

      „Und die Damen?“ - „Zunächst etwas zu trinken und die Karte bitte“, orderte Chrissi und beide Frauen bestellten die Getränke. Sich leicht verbeugend verschwand der Kellner.

      Wir unterhielten uns schon eine ganze Weile recht angeregt und ließen die Ereignisse des Tages Revue passieren, als das Unheil in Form eines kleinen dicken Mannes über uns hereinbrach. Die Person trug eine blaue Cordhose, aus der eine Ecke eines grünen Hemdes heraushing. Auf der rechten Seite in Brusthöhe trug der Mann das Bundesverdienstkreuz am Bande, was natürlich auf der falschen Seite war. In der rechten Hand hielt der Grauhaarige einen Teller mit einem angefangenen Steak, das neben Pommes Frites in einer Soße aus Tomatenketchup und Mayonnaise schwamm. Messer und Gabel lagen quer darüber, beide mit den Griffen in der Mayonnaise. In der anderen Hand hielt er ein Glas Bier, aber kein gewöhnliches Glas, sondern einen dieser Bierhumpen, wie man sie in Biergärten findet. Gekrönt wurde die ganze Erscheinung durch ein trunkenes Grinsen, mit dem er uns nun bedachte.

      „Weser, verd...“, entfuhr es mir. Herr Weser, der Mann meiner Alpträume. Letztes Jahr hatte ich mir geschworen, diesen Mann nie wiederzusehen. Das hinter uns liegende Abenteuer mit ihm reichte mir ein für alle Mal. Und nun stand er direkt vor mir. In meinem Lieblingsrestaurant!

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