Otto Pfändler 1889-1966. Martin Renold

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Otto Pfändler 1889-1966 - Martin Renold

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Tisch zurückkehrten zu Otto gewandt: „Entschuldige, wir müssen nun gehen. Es ist Zeit. Weißt du, ich bin für meine Schwester verantwortlich. Unser Vater ist schon vor sechs Jahren gestorben.“

      „Das tut mir leid“, sagte Otto.

      „Ja, aber“, wandte sie sich lachend an ihren Bruder, „du benimmst dich immer noch wie ein Vater und meinst, mich wie als deine Tochter beschützen zu müssen, und vergisst, dass ich erwachsen geworden bin. Meine Schwestern übrigens auch. Wenigstens das Anni.“

      „Die Miggi wohl nicht, die ist doch noch ein Kind“, rechtfertigte sich Walti.

      „Vielleicht sehen wir uns wieder einmal“, sagte Valerie an Otto gerichtet.

      „Es würde mich freuen“, antwortete er und reichte zuerst Valerie und dann Walti die Hand.

      Otto war ein guter und fleißiger Arbeiter und schon bald bei seinem Patron und den Kollegen beliebt. Berti und Otto hatten in kurzer Zeit Freundschaft geschlossen.

      Eines Abends, als er nach Feierabend mit Berti im „Pflug“ bei einem Bier zusammen saß, fragte Otto: „Gibt es hier auch eine sozialdemokratische Partei?“

      „Bist du ein Sozi?“, fragte Berti zurück. „Willst du der Partei beitreten?“

      „Ja“, erwiderte Otto. „Weißt du, ich hab in Deutschland in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands mitgemacht. Das ist eine gute Sache. Wir Arbeiter müssen zusammenhalten und für gerechte Löhne kämpfen.“

      „Bei uns gibt es das nicht“, sagte Berti. „bei uns im Dorf, wo fast jeder jeden kennt, würdest du schief angesehen. Und der Patron sähe das auch nicht gern. Ich bin zufrieden, wie es ist. Wir müssen ja nicht hungern. Und wenn wir zum Tanz oder zu einem Dorffest ausgehen, reicht das Geld auch noch. Was willst du mehr? In Zürich oder in Basel gibt es sicher eine solche Partei. Aber hier kämst du schlecht an.“

      „Dann gibt es auch keine Gewerkschaft?“, fragte Otto weiter. Berti schüttelte nur den Kopf.

      „Würdest du mitmachen, wenn ich eine Partei gründen würde?“, wollte Otto wissen.

      Berti lachte: „Ich mag dich, Otto. Aber eine Partei gründen? Nein. Hier sind nur die Bürgerlichen und die Katholischen in Parteien, die Bürgerlichen bei den Liberalen und die anderen in der katholisch-konservativen Partei.“

      „Vielleicht gehe ich später einmal nach Zürich oder besser noch nach St. Gallen, da bin ich dann näher bei meinen Eltern“, sagte Otto. „Dort werde ich sicher der Partei und der Gewerkschaft beitreten.“

      „Hast du auch Geschwister?“, fragte Berti.

      „Ja, einen älteren Bruder und einen Bruder und eine Schwester, die jünger sind als ich.“

      „Ich habe leider keine Geschwister, und meine Eltern wohnen in Bözberg“, ließ Berti seinen Freund wissen.

      Otto sagte nichts mehr. Nach einer Weile unterbrach Berti das Schweigen: „Du kommst doch am Samstag mit nach Schinznach. Wir müssen aber früh gehen. Es ist ein Dorffest, das schon am Morgen beginnt.“

      Ja, er komme gerne mit, sagte Otto. Vielleicht würde ja der Schriiner Walti mit seiner Schwester auch wieder dabei sein.

      Ja, den Walti trafen sie, als sie sich am Samstagnachmittag zwischen den vielen Leuten hindurchzwängten, die von der einen Seite zur andern über die enge von den Verkaufsständen gebildete Gasse wechselten, und da und dort etwas kauften oder auch nur gafften. Es roch nach frischem Brot und geräuchertem Fleisch, da standen Schuhe zum Kauf, dort hingen Kleider oder Schirme und Handtaschen für die Frauen. Otto hatte schon lange herumgespäht. Walti und Valerie wären doch leicht zu erkennen. Ihre Köpfe würden über alle anderen hinausragen.

      Da stolperte Otto fast über ein Bein. Als er hinschaute, sah er, dass das Bein dem Schriiner Walti gehörte. Der stand gebückt über der Auslage an einem Stand und hatte sein linkes Bein zu weit in die Gasse hineingestreckt, als er mit der rechten Hand nach einem Gegenstand auf einem höheren, hinteren Brett griff. Fast wäre er, durch den Anrempler erschreckt, über die Auslage des Marktfahrers gefallen.

      Walti nahm das Scharnier, das er gerade prüfen wollte, in die andere Hand und erhob sich, ehe er den Arm ausstreckte und zuerst Berti und dann Otto, die Hand reichte.

      „Kommst du am Abend auch noch in den ‚Bären‘?“, fragte Otto. Nach Valerie zu fragen, wagte er nicht.

      „Nein, ich muss hier nur noch zu einem Kunden und geh dann nach Hause“, antwortete Walti.

      Berti drängte weiter, als der Verkäufer Walti im Auge behielt, der immer noch das Scharnier in der Hand hielt. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er einem hätte nachlaufen müssen, der mit einem seiner Artikel gedankenlos davongegangen war. Nachdem sich Walti auch von Otto verabschiedet hatte, drehte er sich wieder um und legte das Scharnier zurück.

      „Warum heißen eigentlich hier so viele Wirtschaften ‚Bären‘?“, fragte Otto, als sie sich dem behäbigen Landgasthof näherten. „Ich höre euch immer wieder von einem ‚Bären‘ reden, und wenn ich meine, es sei der von Birr, dann ist es immer wieder ein anderer.“

      Berti erklärte, das komme davon, dass dieser Teil des Kantons Aargau früher zu Bern gehört habe, das im Wappen einen Bären trägt. Auf der andern Seite des Aargaus, gegen den Rhein hinab, würden die Wirtschaften ‚Adler‘ heißen, weil jener Teil des Aargaus früher habsburgisch gewesen sei.

      „Du hast vielleicht auch schon einmal die Habsburg gesehen, das Stammhaus der Habsburger in der Nähe von Brugg.“

      Otto nickte nur. Er hatte die Habsburg noch nie gesehen, aber er hatte in der Sekundarschule im Geografie- und Geschichtsunterricht davon gehört. Und im Schulbuch hatte er sogar eine Zeichnung davon gesehen. Er erinnerte sich noch gut, wie sie aussah. Denn er hatte sich für diese beiden Schulfächer interessiert.

      Beide bestellten sich im Saal je eine Flasche dunkles Bier. Es gab zwar auch helles. Aber kaum jemand trank es. Auch Otto hatte es noch nie getrunken. Das dunkle schmeckte ihm, und er hatte sich daran gewöhnt.

      „Der Walti geht offenbar nicht so oft zum Tanz“, sagte Otto, während er den Bügelverschluss der Flasche öffnete und etwas weißer Schaum mit einem Zischen heraustrat.

      „Du meinst wegen der Valerie“, sagte Berti. „Glaubst du, ich hätte nicht gesehen, dass sie dir gefällt. Du würdest noch gut zu ihr passen. Die ist sicher noch frei. Mit ihrer Größe wird sie es schwer haben, einen Mann zu finden.“

      „Du kennst sie aber nicht näher?“, fragte nun Otto, da er sah, dass er sein Geheimnis nicht bewahren konnte.

      „Eigentlich nicht“, erwiderte Berti. „Ich weiß nur, dass sie noch Geschwister hat, ein paar Brüder und Schwestern. Sie scheint mir eine stolze Frau zu sein.“

      „Das sieht vielleicht nur so aus, weil sie so schlank und groß ist“, meinte Otto.

      Als die Musik dann endlich aufspielte, mochte Otto gar nicht recht tanzen. Keine war wie Valerie. Die einen waren zu mollig, die meisten zu klein für ihn. Er musste immer wieder an Valerie denken, wie leicht es gewesen war mit ihr, wenn auch ein wenig ungewohnt, da sie doch größer war als er.

      Zum Glück gab es auch im „Sternen“ in Brunegg immer wieder

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