Der Sucher. Катя Брандис

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Der Sucher - Катя Брандис

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weit oben in der Burg, dort, wo man wenigstens ab und zu den Himmel sah. Die Küchen dort, hohe, aus dem dunklen Fels gemeißelte Räume, in denen es immer brütend heiß war, bedienten die wichtigen Dörflinge und die Regentin – Großfrau – selbst. Es roch meistens gut nach Braten oder frischem Brot, und alles war blitzblank. Man kannte Mi'raela natürlich längst – sie brauchte nur »Polliak« zu sagen, dann drückte ihr irgendein Küchenjunge das Gewünschte in die Pfotenhände.

      Mi'raela huschte über Treppen und schräge Ebenen, bis sie wieder bei Spinnenfingers Gemächern eintraf. Spinnenfinger nahm ihr die Krüge ab und versuchte, ihr einen Fußtritt zu versetzen. Mi'raela wich geschickt aus. Liebend gerne hätte sie ihre spitzen Eckzähne in diesen knochigen Fuß gegraben, aber das ging nicht. Die gleiche Kraft, die sie dazu zwang, jeden Befehl zu befolgen, hinderte sie daran und ließ ihr nur hilflose Wut. Schon oft hatte Mi'raela daran gedacht, ihrem elenden Dasein ein Ende zu bereiten und sich aus Spinnenfingers Fenster zu stürzen, hinter dem es sieben Baumlängen in die Tiefe ging. Aber auch das ließ die unsichtbare Macht nicht zu.

      Inzwischen war ein weiterer Mann eingetroffen; für ihn war der zweite Krug bestimmt. Noch bevor er die Kapuze seines schwarzen Umhangs zurückwarf, hatte Mi'raela ihn an seinem Geruch nach Steinstaub und Haaröl erkannt. Er war einer der Berater von Großfrau; die Halbmenschen nannten ihn Steinherz.

      Heute wirkte er vielgroß wütend; wäre er ein Katzenmensch gewesen, hätte sich sein Fell gesträubt wie eine Bürste. »Ich war gerade bei ihr, Cyprio«, hörte Mi'raela ihn gerade noch sagen, bevor Spinnenfinger sie hinausscheuchte. Sie setzte sich in den Flur, obwohl sie die kalten Steine unter sich hasste, und spitzte aus reiner Gewohnheit die Ohren. Ihr Gehör war so scharf, dass sie das Gespräch mühelos durch die Tür hindurch verfolgen konnte – auch etwas, das Spinnenfinger nicht ahnte.

      »Ich habe ihr gesagt, dass es höchste Zeit ist, ihre Nachfolge zu regeln. Aber sie ist seit neustem stur wie ein Hirschmensch. Meint, sie sei noch jung und das alles habe noch Zeit.«

      »Jung! Das ist lächerlich, ihr Haar ist längst grauer als ein Herbstnebel. Wir müssen aufpassen, Nemur, dass sie uns nicht wegstirbt, bevor sie Hetta offiziell als Nachfolgerin bestätigt hat. Du hast es ihr doch vorgeschlagen?«

      »Früher hätte ich ihr einfach gesagt, dass sie es tun soll, und damit wäre die Sache erledigt gewesen. Aber in letzter Zeit bildet sie sich ein, dass sie alleine entscheiden kann. Also habe ich dafür gesorgt, dass Hetta oft in ihrer Nähe ist und sich als Liebenswürdigkeit in Person zeigt. Sie ist in der Burg aufgezogen worden, kennt die Wege der Macht. Die Alte muss blind sein, wenn ihr nicht klar wird, dass sie die beste Anwärterin ist. Natürlich haben auch die Hohen Räte der Gilden ihre Mädchen geschickt, aber bisher ist keine ernsthafte Konkurrenz in Sicht.«

      »Weiß die Alte, dass Hetta deine Tochter ist?«

      »Ja, natürlich. Sie kennt mich schon zu lange. Aber ich sehe nicht, dass es einen Unterschied macht. Sie hat keine weiblichen Verwandten, bis auf diese Nichte, die wir früh genug aus dem Weg geschafft haben. Sie wird Hetta wählen, dafür werden wir schon sorgen.«

      Mi'raela ließ den Kopf auf die Pfotenhände sinken und döste ein. Das Gespräch langweilte sie. Was interessierte sie es, wer die nächste Regentin wurde? Was ging es sie an, was die Menschen untereinander ausheckten? Auch die nächste Regentin würde Halbmenschen versklaven wie alle Regentinnen vor ihr, und sich zu wehren, war unmöglich. Es gab keine Hoffnung. Nirgendwo.

      Sehen lernen

      Ich merkte schnell, was es bedeutete, Lehrling beim berüchtigtsten Sucher Dareshs zu sein. Und mir wurde bald klar, dass Udiko sich seinen Ruf verdient hatte. Am nächsten Tag, nachdem ich meine Lehre begonnen hatte, wagte ein Dörfler aus einem Nachbarsee, wegen eines verlorenen Armreifs zum Großen Udiko zu kommen. Schüchtern erklärte er, dass ihm das Ding beim Gewitter neulich über Bord gegangen war.

      »Bei allen sieben Göttern der Tiefe, wegen so was wagt Ihr, mich zu stören? Habt Ihr nicht gehört, dass ich mich zur Ruhe gesetzt habe?«, knurrte Udiko und warf den armen Mann einfach raus.

      Demnach schien zu stimmen, dass er nur noch praktisch unmögliche Aufträge annahm. »Wieso habt Ihr mich's nicht einfach machen lassen?«, wagte ich einzuwenden. »Der Armreif scheint ihm sehr wichtig zu sein. Und wahrscheinlich hätte ich das Ding schnell gefunden.«

      Udiko schnaubte. »Das ist der Nachteil, wenn man einen Lehrling hat, der zwei Winter älter ist als üblich«, brummte er und stapfte in den Wohntrakt zurück. »Je älter, desto mehr Widerworte!«

      Fast hätte ich ihn daran erinnert, dass ich zwar versprochen hatte, ihm in allen Dingen zu gehorchen – aber nicht, ohne Fragen zu stellen. Doch dann hielt ich lieber den Mund. Der Alte sah so aus, als würde er unsere Muschel bei meinem nächsten dummen Spruch mit einem Fußtritt in zwei Dutzend Teile zerlegen.

      Am Nachmittag schickte Udiko mich aus, Blaue Tarlas zu sammeln. Das gehörte von nun an zu meinen Aufgaben. Ich beeilte mich dabei und packte die Ernte in eine Sammeltasche, während mein Salamander zu seiner Lieblingsstelle auf meiner Schulter hochkroch. Normalerweise kehren Botentiere, die eine Nachricht überbracht haben, zu ihrem Händler zurück, sodass er ihre Dienste wieder und wieder anbieten kann. Doch der Salamander hatte anscheinend entschieden, dass er lieber bei mir leben wollte.

      Als ich mich von dem anstrengenden Tieftauchen erholt hatte, schwamm ich in Richtung des Dorfs. Wenn ich mich beeilte, war der Mann mit dem verlorenen Schmuckstück vielleicht noch in der Gegend.

      Ich fand ihn in einer Schänke, die fünf Menschenlängen tief im Flachwasser eines Nachbarsees stand. Trübsinnig starrte der Mann in seinen Krug Polliak. Die anderen Besucher blickten mich neugierig an, als ich hereinkam. Würde einer von ihnen mich bei Udiko verpetzen?

      »Wer zum Brackwasser bist du?«, fragte der Fremde misstrauisch, als ich mich neben ihn auf den Boden setzte.

      »Das tut nichts zur Sache«, sagte ich schnell. »Ich bin hier, um Euch zu helfen. Wie sieht dieser Armreif aus, den Ihr verloren habt, und wo genau ist er Euch ins Wasser gefallen?«

      »W-wenn du ihn stehlen willst, wirst du kein Glück haben«, lallte der Mann. »Er ist irgendwo in der Mitte des Sees, da, wo es am tiefsten ist ... Der ist weg ... Verdammtes Pech ...«

      Ich schaute mir die drei leeren Polliak-Krüge an, die neben ihm auf dem niedrigen Tischchen standen. Drei, beim Brackwasser! Bei einer wilden Feier mit Jarco hatte ich mal einen geschafft, danach einen kompletten Sonnenumlauf geschlafen und einen so hässlichen Hautausschlag bekommen, dass ich mich bis zum nächsten Vollmond nicht unter Menschen gewagt hatte. »Vielleicht geht Ihr jetzt besser nach Hause«, empfahl ich ihm.

      Der Mann stöhnte auf. »Bevor ich das Ding nicht zurück habe, brauche ich mich gar nicht erst daheim blicken lassen ... Es war ein Erbstück ... Zilja hat es geliebt ...«

      Nach und nach bekam ich alles aus ihm heraus, was ich wissen musste. Es war auch höchste Zeit, die Sonne neigte sich schon Richtung Horizont. Wenn ich nicht bald zurückkäme, würde Udiko vor Wut das Wasser um seine Kuppel herum zum Kochen bringen.

      Ich tauchte in der Mitte des Sees und suchte immer ein paar Menschenlängen auf einmal ab – so oft, bis mir schwindelig wurde und ich verschnaufen musste. Es war schwieriger, als ich gedacht hatte. Der Grund bestand an dieser Stelle aus dickem Schlamm. Vielleicht wäre es das Beste, einfach zurückzuschwimmen und die ganze Sache zu vergessen. Der Kerl wusste nicht mal, wie ich hieß, und ich hatte ihm nichts versprochen.

      Aber

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