Der Sucher. Катя Брандис

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Der Sucher - Катя Брандис

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halb totgeschlagen hat ihn ein Aufseher, und nur weil mein Bruder ihn angeknurrt hat«, berichtete ein Iltismensch gerade die neusten Neuigkeiten aus den Küchen, Kellern und Dienstbotenräumen der Burg. »Ach, ich könnte sie in Stücke reißen, in Stücke! Wenn nur die Quelle nicht wäre.«

      Ja, die Quelle. Der geheimnisvolle Stein der Regentin, der bewirkte, dass kein Halbmensch ihr und ihren Schergen den Gehorsam verweigern konnte.

      »Irgendwann wird wieder jemand kommen, der die Quelle berührt, und dann sind wir frei«, meinte der Krötenmensch sehnsüchtig.

      Niemand antwortete ihm. Es war schon sehr, sehr lange her, dass ein Mensch die Quelle berührt hatte. Mi'raela gab sich wenig Illusionen darüber hin, dass es während ihrer Lebenszeit noch einmal einen Versuch geben würde, geschweige denn einen erfolgreichen. Sie entschied sich, das Thema zu wechseln.

      »Eine Menschenwelpin treibt sich bei den Teichen herum«, sagte sie. »Nachts auch noch, nachts. Sie macht viel Lärm.«

      »Ich habe sie bemerkt«, meinte ein Iltis, und ein paar der anderen nickten. »Sehr jung noch und neu in der Burg.«

      »Lästig ist das – sie bringt alles durcheinander, alles. Ich kann dort keine Wasserkäfer jagen, ehe sie wieder weg ist«, beschwerte sich Zz'eldan, der Natternmensch. »Hast du mit ihr gesprochen, Mi'raela?«

      »Ja. Sie wirkt harmlos.«

      »Wer weiß. Vielleicht spioniert sie für die Dörflinge, warum soll sie sonst um diese Zeit in der Burg unterwegs sein?«, meinte ein alter Iltismensch namens Cchrnoyo. »Fern halten solltest du dich von ihr, fern, sonst erfährt sie zu viel über uns.«

      Das gefiel Mi'raela nicht. Gut, Cchrnoyo war alt und weise, er hatte den Ehrentitel eines Caristans bei den Iltismenschen und genoss hohes Ansehen in der Bruderschaft. Aber sie selbst nicht minder! Natürlich hatte er Recht – aber was fiel ihm ein, ihr vor allen anderen Ratschläge zu erteilen? Demonstrativ fuhr sie ihre Krallen aus und schärfte sie an einer Holzkiste. »Mal sehen«, sagte sie beiläufig. »Was gibt es schon groß zu verraten?«

      Cchrnoyo verzog das Gesicht. »Pass auf, sage ich dir, pass auf! Wenn du uns in Schwierigkeiten bringst, müssen wir alle es büßen, alle.«

      »Ja, ja, schon gut.« Mi'raela war froh, als zwei junge Iltismenschen mit Neuigkeiten hereinplatzen. Sie erzählten, dass demnächst ein Fest für Gesandte aus der Feuer-Gilde stattfinden würde. Diese Aussichten heiterten alle auf. Die Feuer-Leute waren beliebt bei den Iltismenschen, mit denen sie verbündet waren. Außerdem wurde zu ihren Ehren viel Fleisch serviert, und davon blieb immer etwas übrig. Die gewürzten Blätterspeisen und Nusspasteten dagegen, die es für Erd-Leute gab, schmeckten höchstens Hirschmenschen – und von denen gab es in der Burg keine. Sie waren in den engen Gängen der Burg nutzlos. Ihr Glück!

      * * *

      Als Nächstes wollte Udiko, dass ich lernte, mich ohne Worte zu verständigen, und die Signale zu lesen, die ein Mensch unbewusst ständig durch seine Haltung und seine Bewegungen aussandte. »Wenn du das perfekt beherrschst, wird es anderen so vorkommen, als könntest du ihre Gedanken lesen«, sagte er. »Außerdem ist es nützlich, wenn du in Gegenden bist, deren Sprache du nicht verstehst.«

      Ich war begeistert. Bis ich erfuhr, wie ich das üben sollte. Zwei Wochen lang würden wir schweigen. Beide sollten wir ohne Worte auskommen, uns nur mit Gesten mitteilen. Ich seufzte. »Was ist mit Aufschreiben?«

      »Nur im Notfall.«

      Was die Sache schwieriger machte, war, dass Udiko inzwischen wieder Aufträge annahm. Die natürlich ich erledigte. Denn mit Dingen wie zahmen Regenfischen, die entschwommen waren, und Händlern, die an einen bestimmten Ort geführt werden wollten, gab er sich natürlich nicht ab. Das alles wäre eine lustige Arbeit gewesen, wenn ich hätte reden dürfen. Ich konnte nicht mal die traditionellen Worte Hiermit nehme ich die Suche an sprechen, wenn ich einen Auftrag übernahm.

      »Ist der stumm, oder was?«, meckerte ein Mann der Luft-Gilde, der unbedingt zehn Dutzend Perlenkorallen irgendwoher kriegen wollte, und zwar am besten noch heute.

      »So was in der Art«, antwortete Udiko grinsend, und mit wütenden Gesten machte ich dem Händler klar, dass ich keineswegs stumm und das alles die Schuld eines völlig verrückten Meisters war, der im Laufe seines Lebens wahrscheinlich schon ein Dutzend Lehrlinge in den Wahnsinn getrieben hatte. Udiko grinste noch breiter.

      Mit Korallen kannte ich mich eigentlich gut aus, aber diesmal hatte ich Pech und fand auch nach zwei Tagen Suche nur eine kleine, unreife Kolonie – was kein Wunder war, die Saison begann gerade erst. Wütend zog der Händler ab, und ich warf mich mal wieder auf meine Seegrasmatte, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte ins grüne Wasser über der Kuppel.

      Was soll das – schmollst du? fragte Udiko mich mit ausgebreiteten Handflächen und zog eine Grimasse, um meinen Gesichtsausdruck übertrieben nachzuahmen. Du hast Mist gebaut bei diesem Auftrag, zur Strafe kümmerst du dich um die Einkäufe.

      Aber die mache ich doch sowieso, signalisierte ich mit hochgezogenen Augenbrauen zurück und stand auf.

      Dann mach die für nächste Woche gleich auch noch, bedeutete mir Udiko gereizt und fügte noch eine Geste hinzu, die ich nicht verstand, was wahrscheinlich auch besser war.

      Diesmal dauerte es auf dem Markt eine ganze Weile, bis ich an den Ständen die Preise ausgehandelt hatte – wir gestikulierten wie wild. Ich war froh, als ich endlich alles erledigt hatte, und wankte schwer bepackt in Richtung See zurück. Natürlich hatte ich kein Kanu dabei, das war unter meiner Würde und nur etwas für Fremde aus anderen Provinzen. Normalerweise verpackte ich den Kram wasserdicht und schleppte ihn an einer Leine hinter mir her.

      Zum Glück blickte ich mich noch einmal um, bevor ich ins Wasser kletterte. Denn dabei sah ich, dass mich jemand beobachtete. Ein Mädchen. In ihrem Blick sah ich, dass sie mich kannte – und dann erkannte ich sie auch. Sie sah genauso aus, wie ich sie mir im Geist vorgestellt hatte, als ich ihr Gesicht abgetastet hatte. Nur, dass sie blond war, nicht rothaarig, wie ich sie mir aus irgendeinem Grund ausgemalt hatte.

      Wir lächelten uns an, und ein paar Atemzüge später saßen wir zusammen auf der Kante der Plattform. Wortlos versuchte ich, ihr klarzumachen, dass ich nicht sprechen durfte. Sie guckte erst ungläubig und krümmte sich dann vor Lachen. Ich kam mir dämlicher vor denn je. Bei unserer ersten Begegnung war ich blind gewesen, diesmal war ich stumm. Wie sollte das unter diesen Bedingungen der Beginn einer Freundschaft werden?

      Das war ganz klar ein Notfall. Ich borgte mir ein Colivar-Blatt von einem Händler, das ich als Schreibtafel missbrauchen konnte, und schrieb: Ich heiße Tjeri. Wie heißt du?

      Sie sagte nichts. Mit einem Lächeln beugte sie sich über das Blatt und schrieb zurück: Joelle heiße ich.

      Ich musste lachen. Am liebsten hätte ich einfach gefragt: »Wie spricht man das aus?«; aber so etwas mit Gesten zu erfragen, kann einen den letzten Nerv kosten. Also wieder das Blatt: Wie spricht man das aus?

      Dscho-ell, schrieb sie zurück.

      Diesmal mussten wir beide lachen. Bei allen sieben Göttern der Tiefe, in diesem Moment war ich nahe daran, einfach mit ihr zu reden und Udikos eigenartige Übung vorübergehend sausen zu lassen. Aber dann dachte ich daran, wie schwierig es gewesen war, diese Lehre zu bekommen, und meine Lippen blieben versiegelt. Irgendwie wusste ich, dass Udiko es merken würde, sollte ich sprechen. Auch wenn es

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