Die Legende der Eiswölfe. Nicole Seidel

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Die Legende der Eiswölfe - Nicole Seidel Eiswolflegende

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sich auf ihrer Schulter und Arm ab, die gleichen Stellen, an denen er verletzt worden war. Verdammt, dachte er verbittert, er hatte sie mit seinem unüberlegten Handeln in Gefahr gebracht.

      Er wickelte den Schal ab, legte das Sihil zur Seite und zog sich den schwarzen Mantel aus. Dann öffnete er den bis unter die Brust gehende Rüstungsgürtel aus gehärtetem Leder und streifte sich das rote Hemd vom Oberkörper. Das silberne Quenya-Schmuckstück fiel ihm in die Hand und er legte es auf einen kleinen Tisch nahe dem Kamin.

      Nuance besah sich die Wunden auf seinem sehnigen, hellhäutigen, gestählten Körper. Nur wenig Blut war hervor gequollen, das er mit dem Hemd und Wasser aus seinem Vorrat abwischte. Die Wunde am Arm war ein Durchschuss, aber in der Schulter steckte noch die Kugel. Er musste sie schnellstens entfernen.

      Der Elfenprinz legte das Quenya ins Feuer und setzte sich wartend davor. Er zog sich die Stiefel aus und schlug die Beine unter. Sein Oberkörper war gerade, die Hände legte er sich in den Schoss und schloss die Augen. Kontrolliert senkte er seine Körperfunktionen, seine Atmung wurde flacher. Tief aus seiner Erinnerung holte er die alten Zauberworte der Heilung hervor und sang sie leise vor sich her. Er wiederholte das siebenzeilige Elfenlied dreimal und griff dann ins Feuer und holte den weißglühenden Keltendreiecksknoten heraus und legte ihn sich auf die Schulterwunde. Dann sang er das Lied der Heilung ein viertes Mal.

      Schweiß bildete sich auf seiner Stirn und die eisige Kälte des aktivierten Quenya ließ seinen Leib erzittern. Nuance musste aber das Ritual vollenden, ignorierte die Schmerzen und seine aufkom­mende Ohnmacht. Er kämpfte mit aller Macht dagegen an, sang das Lied zu Ende und blieb eisern in der meditativen Stellung sitzen. Ein kaltes Feuer breitete sich von dem Schmuckstück auf seiner Schulter aus und griff nach der Kugel und nach jeder seiner verwundeten Faser. Wie ein Magnet zog das Quenya die Kugel aus der Wunde und schloss die zerrissenen Muskelfasern wieder. Die Strukturen wurden wiederhergestellt, zertrennte Muskelstränge zusammengefügt und das Loch in der Haut schloss sich. Ein sehr schmerzlicher, aber schneller, magischer Prozess.

      Erschöpft sank Nuance in sich zusammen. Das Schmuckstück fiel klirrend zu Boden, verblasste und wurde matt. An Schulter und Arm war nicht mal mehr eine Rötung und keinerlei Narbe zu sehen.

      Auf allen Vieren robbte er zu der Pritsche und hüllte sich zitternd in eine Decke, die er dort fand. Er lehnte sich dagegen griff nach Nuajas Hand und schlief erschöpft ein. Er musste erst neue Kraft sammeln, bevor er seine Schwester aus ihrem Jahrtausendschlaf befreien konnte.

      Der grausame Tod von Kurt und der Diebstahl der Elfinnenleiche lähmte die ganze Museums­besatzung. Professor Higgins erduldete mürrisch die polizeilichen Ermittlungen und hielt ein wachsames Auge auf deren Spurensuche im Lagerraum des Museums. Jedenfalls konnte er verhindern, dass nicht das kleinste Stück aus dem Grab des Königs aus Valdavien beschlagnahmt wurde. Ein Täter würde in diesem Raubmord nie gefunden werden.

      Der Professor engagierte gegen Ende der Ermittlungen eine private Security-Firma damit, das Museum, ihre Mitarbeiter und deren Schätze vor weiteren Zugriffen zu schützen. Auch die vorhandene Alarmanlage wurde auf einen verbesserten neuen Stand gebracht.

      Jhil, Aleann und Joe verschwiegen ihre Kenntnisse über die verschwundene Leiche und erwähnten auch in keinem Zusammenhang den weitaus lebendigeren Elfenprinzen Nuance. Akribisch gingen sie ihrer Arbeit nach, um pünktlich zum Herbstbeginn die neue Ausstellung einem öffentlichen Publikum vorstellen zu können.

      Trotz all der vorgenommenen Schutzvorkehrungen zeigte sich ihnen kein weißhaariger Dunkelelf mehr. Nuance blieb wie vom Erdboden verschluckt und nach wenigen Wochen stellte sich die Alltagsroutine wieder ein. Die Erinnerung an fast Viertausendjahre alte Elfenzwillinge geriet allmählich ins Vergessen.

      Durch Schlaf, Meditation und Kampfübungen gelangte Lord Nuance Silver bald wieder zu Kräften. Es vergingen jedoch über fünfzehn Tage, bevor er sich in der Lage sah, das komplizierte Ritual des widerkehrenden Lebens an seiner Schwester zu vollziehen.

      Hierzu legte er das Quenya erneut ins Feuer, das diesmal mit seltenen Kräutern und Hölzern einen betäubenden Duft im unterirdischen Versteck verbreitete. Er öffnete das sandfarbene Kleid seiner Schwester und legte ihren Oberkörper frei, denn er musste das Schmuckstück zwischen ihre Brüste nahe ihrem Herzen platzieren, sie selbst lag direkt vor dem Kamin. Nuance kniete sich neben sie, sammelte seine Energie in sich und begann das magische Elfenlied des Lebens zu singen. Bei der Wiederholung kam es ihm bereits viel sicherer über die dunklen Lippen. Der Elf ergriff das diesmal golden glühende Quenya aus dem Feuer und legte es Nuaja dicht ans Herz, dabei behielt er seine eigene Hand auf dem kaltglühenden Metall und sang die Zauberworte ein drittes Mal.

      Mit dem zuletzt gesungenen Wort entzog ihm der keltische Knoten einen enormen Anteil seiner eigenen Lebensenergie. Es floss im Zeitraum eines Lidschlags aus ihm hinaus und er sank bewusstlos über seiner Zwillingsschwester zusammen.

      Nuaja öffnete die hellen Augen und erblickte einen diffusen Höhlenraum. Zaghaft streckte sie ihre Hand nach dem Mann aus, der auf ihrer Brust lag. Sie streichelte sein weißes Gesicht, fuhr die Tattoonarbe an den Wangen ab, die auch sie selbst hatte, und strich sanft über die Konturen seiner hübschen schwarzen Lippen. Ein Lächeln legte sich auf ihren schöngeschwungenen Mund, als er die Augen aufschlug und sie ansah.

      Die Freude über ihr Erwachen schenkte Nuance neue Kraft. Er setzte sich auf, legte das Quenya beiseite und schloss ihr Kleid. Zärtlich hauchte er ihr einen langen Kuss auf die kühle Stirn. Sie schlang ihm ihre Arme um den Nacken und er hob sie auf seine Arme und legte sie zurück auf die Pritsche. Sofort schlief sie ein.

      Jhil steckte sich die Haarsträhne, die ihr immer wieder ins Gesicht fiel, hinters Ohr und blickte sich im überfüllten Museumssaal, in dem die Deponate aus dem Grab des Erstkönigs Elessar de Tanelor ausgestellt standen, um. Doch ihren Bruder Aleann konnte sie nirgends entdecken. Dafür war jede Menge reichgekleidetes Publikum da: Jhil bemerkte den Bürgermeister mit seiner Frau, einige alte Herrschaften vom Stadtrat, die sich den Professor geschnappt hatten, namhafte Schauspieler und Firmenmagnate und eine Handvoll auserwählter Medien- und Presseleute mit Kameras und anderen Aufnahmegeräten. Dazwischen wuselten Kellner mit Tabletts voller Getränke und Häppchen durch die Menge und schwarzgekleidete Securityleute standen - unauffällig tuend - an fast jeder Ecke, Vitrine und den Ausgängen.

      Es war Freitagabend, Premierenabend für die neuen Ausstellungsstücke. Sie hasste solche hochge­stochenen Gesellschaften und wünschte sich das Ende des Abends herbei. Doch bis Mitternacht waren es noch einige Stunden, die interne Eröffnung hatte gerade erst begonnen.

      Sie hielt immer noch Ausschau nach ihrem Bruder, als sich ihr jemand von hinten näherte und sie an den Armen packte."Ungehorsam muss bestraft werden", sang ihr ein Mann auf elfisch leise ins Ohr.

      Jhil erstarrte und eine weiße Strähne seines Haares fiel ihr über die Schulter, so dicht stand er bei ihr. "Prinz Nuance", stammelte sie und ließ ihre Blicke verzweifelt durch den Raum schweifen. Wo war nur Aleann? Wieso reagierten die Wachleute nicht auf den seltsamen weißhaarigen Kerl in ihrem Nacken? Hm, kam es Jhil, sie wussten ja nichts von ihm.

      "Wir gehen von hier fort." Kaum erwähnt zog er die schwarzhaarige Frau aus dem überfüllten Raum, einen Korridor entlang und durch den Ausgang. Niemand hielt sie auf, weil sie keinem auffielen. Draußen umwehte sie ein frischer Herbstwind und es roch nach Regen. Der Elf zog die Frau am Museumsgebäude vorbei in eine schattige Nebenstraße, eine Straßenlaterne flatterte unruhig einige Meter weiter weg in der Nacht und die langen Schatten darum schluckten die beiden Gestalten. Lord Nuance hatte mit der verängstigt-erstarrten Jhil Raven keinerlei Probleme, stumm ließ sie sich von ihm fortzerren. Er öffnete ein magisch blaues Portal und ging mit ihr hindurch. Sie landeten in dem unterirdischen Höhlenversteck.

      Nuance

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