Grün ist das Leben. Wolfgang Bendick

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Grün ist das Leben - Wolfgang Bendick Zu Wasser und zu Lande

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Effekt wie das Rasseln des Weckers und ich stand lieber fünf Minuten vorher auf! Es war ganz schön hart, am ersten ‚Arbeitstag‘ aus dem Bett zu kriechen! Bevor der Hahn aufwachte, radelte ich schon auf der kleinen, gewundenen Straße in Richtung Bäckerei. Ich begegnete niemanden.

      Man erwartete mich schon. Der alte Fahrer war noch für zwei Tage da, um mich einzuweisen. Als ich in die Backstube trat, schlug mir eine Welle von Hitze, Licht und Hektik entgegen. Die frischen Semmeln wurden zu Dutzenden auf ihren Blechen aus den etagenförmig übereinanderliegenden Ofenlöchern gezogen, schnell mit einem nassen Besen überstrichen, dass es nur so zischte und knisterte, und in große, fast würfelförmige Kisten gekippt und sogleich wurden neue Bleche an ihre Stelle geschoben. Die zwei Bäcker standen in Bäckerhose und Unterhemd inmitten dieser Betriebsamkeit, die langen Holzstiele der ‚Schiesser‘, der Schaufeln, mit denen sie die Öfen bestückten, kreuzten sich in der hell erleuchteten Backstube und man musste beim Hindurchgehen öfters abtauchen, um nicht aufgespießt zu werden. Da kam gerade der Chef die kleine Treppe hinuntergehastet, griff mit Behändigkeit in die Arbeit ein, um das ganze Uhrwerk noch etwas zu beschleunigen. Ich warf einen Gruß in das Treiben hinein, der mit einem Kopfnicken quittiert wurde, zum Händegeben hatte niemand Zeit. Knisternd strahlten die Semmeln aus ihren korbähnlichen Kisten eine Hitzewelle bis draußen in den Hof, wo der offene VW-Kombi stand, worin der alte Fahrer nach und nach die Kisten verstaute.

      Da hatte der Chef mich auch schon erblickt und kam auf mich zu gehetzt. „Guten Morgen! Nix wie gleich an die Arbeit, wir haben 10 Minuten Verspätung, ein Ofen wollte nicht angehen! Lassen sie sich alles von Ernst erklären, wir sehen uns am Mittag! Und schon war er an einem der Öfen und zog mit einer an der Seite angebrachten Eisenstange dessen flache, breite Tür auf. „Manfred, los, höchste Zeit, raus damit und neue rein!“ Von hinter den hohen Öfen zog der Bäcker eine Art Regal auf Rädern heraus, worin sich in etlichen Etagen Brötchen auf Backblechen befanden, diese aber noch bleich und aufgedunsen. Dort musste sich wohl so etwas wie eine Gärkammer befinden, in der die Brötchen aufgingen. Diese wanderten sofort in den geleerten Ofen. Auf einem langen Holztisch stand eine Waage, daneben lag ein großer, unförmiger Klumpen Hefeteig, den der andere Bäcker gerade aus dem kesselartigen Kübel der Knetmaschine, aus dem ein eigenartig geformter Arm ragte, herausgewuchtet hatte. Dieser wurde flink mittels eines großen Teigkratzers in mehrere Stücke geteilt, diese dann in längere Würste gerollt oder gezogen und mit dem Teigkratzer in kleine Stückchen geschnitten, von denen eines ab und zu auf der Waagschale landete, wohl um das Gewicht zu kontrollieren. Diese Stückchen flogen dann, in dem Maß, wie sie entstanden, zur Seite neben den Lehrling, der sie beidhändig zu Kügelchen rollte und auf einem der Backbleche ablegte. War das Blech voll, schnell mit einem kurzen Messer die Einschnitte in die straffe Oberfläche geritzt und in das Rollregal damit! Und das alles mit einer solchen Geschwindigkeit, dass ich den Kopf nicht so schnell drehen konnte, wie das alles ablief!

      Zwischendrin hastete der alte Fahrer herum, mit einem Zettel zwischen den Lippen, auf dem wohl die Bestellungen standen, zog mich hinter sich her, und versuchte, mir zu erklären, was zu tun sei. Das war gar nicht so einfach, mit der Liste zwischen den Lippen und dem Lärm in der Backstube! Soviel ich mitbekam, mussten als erstes die Geschäfte beliefert werden. Der Supermarkt mit der nächsten Fahrt, dann verschiedene Betriebskantinen, Hotels und Gasthäuser. Und außerdem hatten wir 10 Minuten Verspätung! Meistens waren es runde Zahlen, 50er- weise. Doch musste alles mit Hand abgezählt werden. Das musste schnell gehen, alleine schon deshalb, weil man sich sonst die Finger verbrannte! Und auch, um Platz zu schaffen, denn die Semmelkisten fingen an, im Wege zu stehen. In jede abgezählte fertige Kiste musste noch der Lieferschein gelegt werden, diese dann im Auto an der richtigen Stelle abgestellt, manchmal in mehreren Lagen, gut verkeilt, dass sie nicht verrutschten oder umkippten. Denn meist wurden sie im Dunklen ausgeladen, vor die Türen gestellt oder in Eingänge, mit einem Blatt Papier darüber und dem Namen und der Anzahl und dem Lieferschein. Der Fahrer musste öfters seine Brille putzen, wenn er von draußen wieder reinkam, weil diese beschlug. Dann hatten wir endlich alles geladen und los gings! Nein, erst noch die Scheiben putzen, die auch alle angelaufen waren, trotz der Zwischenwand! Zwischen uns auf dem Sitz lag die Bestellliste, die auch die Lieferliste war. Für mich war die wichtig, denn ich war ja neu. Er kannte schon die Route, die fast immer gleich war, außer man hatte zu viel Verspätung und die am lautesten schimpfenden Kunden, oder die damit drohten, zur Konkurrenz zu gehen, mussten vorher beliefert werden! Um diese Zeit waren die Straßen noch frei und wie der Fahrer versicherte, riskierte man jetzt keine Polizeikontrolle. Wir donnerten über die noch gelb blinkenden Kreuzungen, holten alles aus dem Fahrzeug heraus, damit auch jede Hausfrau, jeder Arbeiter beim Metzler pünktlich seine frische Semmel hatte und nichts den geordneten Ablauf in deren Welt stören konnte!

      Als wir wieder zurückkamen, dämmerte schon der Tag. Der Chef persönlich hatte schon die zweite Runde Semmeln vorbereitet und ließ uns wissen, dass das eigentlich nicht seine Sache sei, und dass wir ruhig ein bisschen mehr Gas geben könnten! Die Bäcker hatten die Semmelrunde anscheinend fertig und waren schon dabei, den Brotteig aus den Knetern zu zerren, abzuwiegen und von Hand nochmals zu kneten, indem sie den Teigklumpen immer wieder zusammenfalteten. Ich staunte, wie viele Knettechniken es gab! Jeder hatte eine Flasche Bier in Reichweite. „Nicht rumstehen, arbeiten!“, rief der Chef und rannte an die andere Ecke der Backstube, um einem der Bäcker zu helfen, den Ofen zu bestücken. Das wurde mit einem förderbandähnlichen Gestell gemacht, auf dem leicht diagonal Brot an Brot lag. Dieses Gestell wurde in den Schacht des Ofens geschoben, ein Hebel festgehalten und das Gestell schnell wieder zurückgezogen. Der ‚Teppich‘, der das Gestell umgab, rollte beim Hinausziehen ab und die zu backenden Brote kamen auf dem Ofenblech zu liegen. Herausgeholt wurden sie aber noch mit der langstieligen, dünnen Holzschaufel. Und schon rasten wir mit der letzten Ladung Semmeln davon. Das waren meistens Nachbestellungen der Geschäfte und diejenigen, die wir in 5-er Netze abgepackt hatten für den Supermarkt, der erst später öffnete.

      Als wir zurückkamen, lagen die fertigen Brote glänzend in fahrbaren Regalen oder standen schon in den Kisten. Dieses Mal mussten wir nach der Bestellliste die Brote hochkant in die bei der zweiten Fahrt eingesammelten leeren Semmelkisten stellen. Die waren ganz schön heiß und schwer. Es gab dreierlei Brot: Roggen-, Weiß- und Mischbrot. Dieses am Aussehen zu erkennen, war eigentlich bald gelernt, schwierig wurde es, wenn das Mischbrot länger im Ofen geblieben war, als das Roggenbrot, oder wenn die Temperatur zu hoch gewesen war! Inzwischen machten sich die Bäcker an die Vorbereitung der Spezialbrote, die aber, wie ich bald herausfand, aus fertigen Mehlmischungen bestanden und somit schneller bereitet waren. Auch werkelte da eine neue Person an einem freien Platz am Backtisch herum. Man erklärte mir, das sei der Konditor, der seine Kuchen und Torten vorbereite…

      Als wir von der nächsten Tour zurückkamen, war die Backstube leer. Der Fahrer führte mich seitlich der Backstube eine Treppe hinauf. Dort saßen sie alle beim Kaffee und Frühstück, auch die Mutter des Chefs. Sie war es, die allen das Frühstück vorbereitete. Jetzt war endlich etwas Luft und ich wurde allen vorgestellt und ich erfuhr die Namen der anderen. Als ich sagte, bei dieser Gelegenheit könne ich ja gleich meinen Einstand zahlen, wurde der Lehrjunge in den Laden geschickt, um für jeden eine Flasche Bier zu holen. Nur Rosi, die im Laden und im Café bediente, zog einen Cognac vor. So früh trinkt man doch kein Bier… Inzwischen hatte der Edeka-Lkw den Laden beliefert. Ich schob die Paletten-Wägelchen etwas an die Seite, um mit Ernst, dem scheidenden Fahrer, an den Kombi zu kommen und erneut zu laden. Die leeren Kartons und was sonst noch im Laden und im Café anfiel, müsste ich am Nachmittag entsorgen, klärte er mich auf. Diesmal luden wir nur noch wenig Semmeln und Brot, nur für die Nachbestellungen. Es waren hauptsächlich Torten und Kuchen und Gebäck für die Hotels zu liefern. Und da musste man durch die erst kürzlich geschaffene Fußgängerzone, was nur vor 9 Uhr und nach 12 Uhr möglich war. Manchmal wagte ich es später auch zu anderen Zeiten, doch das war riskant. Immer konnten die Polizisten ihre Augen nicht zudrücken… Das Problem der Torten war, dass sie es kühl liebten, die Semmeln und Brote aber Hitze ausstrahlten. Die Kuchen befanden sich in einem tragbaren Drahtrost, je zwei nebeneinander und mehrere übereinander. Diese Gestelle mussten irgendwie verkeilt werden, damit sie nicht ins Rutschen kamen. Und man musste schnell fahren, bevor sie schmolzen. Und sacht anfahren und nicht bremsen! Sanft

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