Grün ist das Leben. Wolfgang Bendick

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Grün ist das Leben - Wolfgang Bendick Zu Wasser und zu Lande

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selbstgemachte Wund(er)salbe auf Schmalzbasis bleibt wirkungslos.

      Die Tage werden länger. Irgendwie finden wir es absurd, den Tag um Mitternacht beginnen zulassen. Logisch wäre doch, mit Sonnenaufgang… Wir machen uns daran, eine neue Einteilung zu finden und auszuprobieren: Anfang des Tages, der Morgen: 6 Uhr früh = 0 Uhr neue Zeit. Mittag = 6 Uhr. Abend 18 Uhr = 12 Uhr, Nachtbeginn (vorher Mitternacht) = 18 Uhr. 24 Uhr/0 Uhr (Ende der Nacht/Anfang des Tages) trifft wieder auf 6 Uhr alte Zeit. Wir malen ein neues Zifferblatt für unseren Wecker. Das Ideale wäre, eine Uhr zu haben, deren Stundenzeiger nur ein Mal am Tag die Runde macht… Auch machen wir uns Gedanken über den Tagesablauf. Denn die Menschen leben zu unbewusst. Sie rasen, anstatt zu laufen. Welches ist die notwendige Arbeitszeit, um leben zu können? Wir glauben, dass 8 Stunden ausreichen. 8 Stunden Schlaf sind eigentlich auch genug. Bleiben noch 8 Stunden übrig. Diese wären gut verbracht mit Meditation oder anderen nichtlukrativen Tätigkeiten wie Lesen oder Kunst. Doch sehen wir bald, dass gerade in der Landwirtschaft 8 Stunden Arbeitszeit oft nicht ausreichen. Es gibt eben noch andere Imperative, außer der Geldgier, die den Menschen in Trab halten…! „Meditieren?“, sagt unser Bauer, „das kann ich am besten auf dem Traktor!“ Sollte das ein Witz sein, oder war es ernst gemeint?

      Der Frühling näherte sich, die Arbeitstage wurden länger… Zuerst in der Küche des Bauern, dann in den Frühbeeten und einem kleinen Plastikgewächshaus reihten sich Kistchen mit Ausgesätem aneinander. Die Pflanzen sind, nicht nur im biologischen Anbau, in Blatt-, Blüte-, Frucht- und Wurzelpflanzen eingeteilt, je nach dem Teil der Pflanze, der als Nahrung dient. Das Besondere beim biologischen Anbau ist, dass eben diese verschiedenen Pflanzen zu bestimmten Zeiten gesät, verpflanzt und geerntet werden müssen, wenn eben die Konstellationen der Sternzeichen für die Pflanzenart günstig sind. Das klang uns anfangs sehr nach Astrologie. Doch mit der Zeit merkten wir selber, dass da etwas dran war. Hatte Steiner damals die Grundlinien des bio-dynamischen Anbaus vielleicht aus Intuition heraus gelegt, so hatten sich seine Anhänger später daran gemacht, all das in Versuchen zu bestätigen oder noch zu verbessern. Klar, dass andere versuchten, diese Dinge zu widerlegen. Doch kamen auch sie zu dem Schluss, dass irgendein Zusammenhang zwischen den Konstellationen der Sterne und den Pflanzenarten bestehen muss. Am auffälligsten ist das an den sogenannten ‚Knotentagen‘, den Tagen, wo man nicht säen sollte, zum Beispiel im Zeichen des Skorpions. An diesen Tagen haben Wurzelgemüse die Neigung, sich in mehrere ‚Triebe‘ zu teilen. Man kann dagegenhalten, dass sich die günstigen Konstellationen ja wiederholen, und dass die Pflanze dann nachholen kann, was sie zu Anfang versäumt hat. Doch ist eine der Grundlagen des biologischen Anbaus, gesunde Pflanzen in gesunder, lebendiger Erde zu kultivieren und unter optimalen Bedingungen. Das heisst, alle möglichen gesundheitsfördernde oder kräftigende Mittel einzusetzen, wie zum Beispiel das Ausbringen verschiedener Präparate. Diese sind nicht mit Pflanzenschutzmitteln gleichzustellen, denn sie fördern nur die äußeren Bedingungen der Pflanzen, machen sie empfänglicher für die kosmischen und irdischen Kräfte. Oder man pflanzt in Mischkulturen, man bedeckt den Boden mit Stroh oder Ernteresten (Mulch), um ihn feucht und damit lebendiger zu halten. Nützlinge, wie Marienkäfer können eingesetzt oder zumindest durch Niststellen gefördert werden. Bisweilen werden sogar Bakterienkulturen gesprüht, die den Schädlingen an den Kragen gehen sollen, falls diese sich trotzdem breitmachten. Die Basis all dessen ist der Aussaatkalender von Maria Thun, der es auch einem Laien oder Nichtanthroposophen ermöglicht, den Grundlinien des ganzheitlichen Anbaues zu folgen.

      Denn wie bei den Religionen gibt es auch im biologischen Anbau verschiedene ‚Glaubensrichtungen‘. Sehr früh schon machten sich Bauern unter Führung eines Hans Müller, der anfangs auch an biodynamischen Höfen gearbeitet hatte, in der Schweiz daran, diese Weise zu entmystifizieren, von allem Anthroposophischen oder Weltanschaulichen zu befreien, also zugänglich für Jedermann zu machen. Sie nannten diese Wirtschaftsweise den biologisch-organischen Anbau. Man kann sich vorstellen, dass dieses nicht ohne Hass und Intrigen vor sich ging und noch geht. Denn Ziel der Religionen wie auch des biologischen Anbaus sollte eine bessere Welt sein, nicht wer Recht oder die größte Zahl an Anhängern hat!

      Frühling

      Doch wir zwei waren fern von all diesen Wortspaltereien! Denn langsam ging die Feldarbeit los. Das Land, das den Winter über brachgelegen hatte, war von einem Teppich aus Gründünger (Senf, Rüben, Klee) oder Unkraut bedeckt. Ackerland sollte auch im Winter mit einem Pflanzenteppich bedeckt sein als Schutz gegen Kälte, zur Humusförderung, zur Düngung und um das Bodenleben zu erhalten. Irgendwie ist das ja auch logisch, denn jedes abgeerntete Feld oder Blumenbeet neigt dazu, sich so schnell wie möglich mit einer Pflanzenschicht zu bedecken. Fördert man dieses Bestreben nicht durch eine gezielte Saat, so machen sich Unkräuter breit, die oft schwer wieder zu entfernen sind!

      Was aber ist ein Unkraut? Das ist gar nicht einfach zu erklären. Die beste Erklärung ist wohl die, dass es eine Pflanze ist, die da wächst, wo sie nicht sein soll. Demnach ist Gras im Blumenbeet ein Unkraut, auf einer Weide eine Nutzpflanze. Aber auch Unkräuter haben ihre Berechtigung. Der Mensch neigt zu sehr dazu, alles, was er momentan nicht als nützlich (oder vermarktbar) erkennt, zu vernichten. Doch dienen manche Kräuter auch zur Heilung eines kranken Bodens, führen diesem durch ihre tiefen Wurzeln wieder bestimmte Stoffe zu, die ihm fehlen. Oder zeigen eben einen Mangel oder auch Überschuss an bestimmten Elementen an. Ampfer und Brennnesseln sind Ausdruck von einem Überschuss an Stickstoff.

      Wir gingen also diesem Pflanzenteppich, der zum Teil durch den Frost zerstört oder zumindest beeinflusst war, mit Hacken zu Leibe, um dann anschließend zu säen, oder besser noch, gleich Pflänzchen zu setzen, denn diese hatten einen Vorsprung gegenüber den auflaufenden (keimenden) Unkräutern. Oder der Bauer fuhr, wenn der Boden trocken genug war, mit der Fräse darüber, um die Pflanzenschicht leicht einzuarbeiten und den Boden zu lockern. Hierbei erwies sich eine zweite Passage nach ein paar Tagen als nützlich, um die frisch gekeimten Unkräuter zu zerstören. Tiefenbearbeitung des Bodens ist auf jeden Fall zu vermeiden, denn in den verschiedenen Tiefen des Ackers leben entsprechende Bodenorganismen, die man durch ein tiefgreifendes Umwenden behindert oder zerstört. Dieses erschien uns vollkommen logisch. Wir fragten uns, wie die Menschheit seit Jahrhunderten schon gegen diese Prinzipien verstößt, ohne sich dessen bewusst zu werden! In jedem Labor kann das nachgewiesen werden. Nur bei einer Verwandlung von Wiese in Ackerland ist dieses zulässig! Der Hauptgrund ist wohl der, dass man die Unkrautsamen so tief wie möglich vergraben will. Nur vergisst man, dass die meisten davon so langlebig sind, dass sie irgendwann doch wieder an die Oberfläche kommen und aktiv werden, wahrscheinlich schon beim nächsten Pflügen! Und dann greift man zur ‚chemische Keule‘, denn es geht ja nicht mehr anders…

      Auch im Garten war zu tun. Waren die Beete die Aufgabe der Bäuerin und von Doris, so war es augenblicklich meine Sache, den Zaun zu erneuern. Ich hatte schon lange wegen eines Stückchens Land für einen Kräutergarten gefragt. Jetzt bekam ich dieses zugewiesen. Der Bauer wollte den Garten etwas vergrößern und bot mir den neu gewonnenen Streifen von zwei Metern Breite an. Nachdem der Maschendraht versetzt war, grub ich diesen erst mal um, um die Grasnarbe zu beseitigen. Das ist gar nicht so einfach, denn, wenn man ungenau arbeitet und Grashalme am Tageslicht bleiben, fangen diese wie wild an zu wachsen! Wichtig ist, dass man die erste Reihe der Spatenstiche an die Seite tut, damit die nächsten nicht umfallen. Ist man am Ende angelangt, legt man diese in der letzten Furche ab. Im Umgraben hatte Doris schon etwas Erfahrung, auch wenn dieses zu Hause meist die Mutter gemacht hatte. Schicht an Schicht legten sich bald die Erdstreifen schräg aneinander, das Gras nach unten. Je grösser das umgelegte Stück wurde, um so gleichmäßiger und vollkommener wurden die Reihen. Und gegen Ende machte sich in mir ein so großer Enthusiasmus breit, dass ich versuchte, die letzte Furche perfekt zu gestalten. Ich schaute auf die entkleidete Erde, nahm einen Klumpen davon in die Hand und roch daran. Der Duft der Erde. Mineralisch und organisch zugleich. Der Geruch meiner Kindheit, der Geruch des Lebens. Und nach derselben Struktur bin auch ich gemacht. Und ich spüre: auch die Erde hat Bewusstsein!

      Mit dem Rechen strich ich zuerst die Anfangsreihen glatt, als letztes die

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