INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Vier. Eberhard Weidner

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INQUISITOR MICHAEL INSTITORIS 1 - Teil Vier - Eberhard Weidner Inquisitor Michael Institoris 1

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Getränke verzichtete er ohnehin komplett.

      Stattdessen konzentrierte er sich auf die Aufgabe, die ihm von Butcher übertragen worden war und wegen der er sich überhaupt an diesem Ort aufhielt, und überwachte ausgesprochen diskret den Inquisitor und die Hexe. Dabei war es sogar erforderlich gewesen, dass er in seiner Tarnfunktion als Chauffeur tätig wurde und den Inquisitor durch die Straßen Roms kutschierte. Anstatt beide Male brav im Wagen zu warten, nachdem Institoris ausgestiegen und zu Fuß zu seinem Ziel gegangen war, hatte er den Jaguar einfach stehen lassen – sollte Nero ruhig die Strafen fürs Falschparken bezahlen, der Mann hatte ohnehin Geld wie Heu – und war seinem Fahrgast unauffällig gefolgt. Auf diese Weise hatte er beispielsweise interessante Informationen über einen Waffenhändler mit dem merkwürdigen Namen Rospo und dem Aussehen einer Kröte gewonnen, die seinen Gastgeber brennend interessiert hatten.

      Aber auch wenn seine Dienste als Fahrer wenig gefragt gewesen waren, war er die restliche Zeit nicht untätig gewesen. Indem er sich unauffällig im Hintergrund gehalten hatte, war er im Garten und im Erdgeschoss der Villa herumspaziert und hatte sich über die jeweiligen Aufenthaltsorte seiner Zielpersonen auf dem Laufenden gehalten. Dass der Inquisitor erst heute Vormittag erwacht war, hatte seine Aufgabe vereinfacht und es ihm am ersten Vormittag sogar ermöglicht, Neros Grundstück zu verlassen, um ein paar dringende Besorgungen zu erledigen. Denn da er von Butcher nach der Verletzung des Inquisitors so überraschend dazu beordert worden war, die Hexe und den bewusstlosen Institoris nach Rom zu kutschieren, hatte er bei seiner Ankunft nur die Sachen bei sich gehabt, die er am Leib getragen hatte. Doch auch nachdem der Inquisitor heute früh zu sich gekommen und aufgestanden war, war sein Job nicht komplizierter geworden. Er war ständig informiert, wo die Hexe und der Hexenjäger sich aufhielten, folgte ihnen heimlich und behielt sie unauffällig im Auge, sofern sie sich nicht gerade in den Gästezimmern aufhielten. Hätte einer von ihnen sich tagsüber dazu entschlossen, das Grundstück auf eigene Faust zu verlassen, hätte Wolfgang dies bemerkt. Entweder hätte er es – im Falle der Hexe – unterbunden oder wäre – im Falle des Inquisitors – unauffällig gefolgt. Und sobald es dunkel wurde, musste er sich noch weniger Gedanken darüber machen, dass eine seiner Zielpersonen ausbüxen könnte, da Nero ihm am Tag nach ihrer Ankunft bei einer ersten Unterredung mitgeteilt hatte, dass die grundstückseigenen Sicherungseinrichtungen nicht nur ein Eindringen unberechtigter Personen von außen, sondern darüber hinaus auch eine eigenmächtige Flucht ihrer Gäste verhinderten. Details hatte er nicht genannt, Wolfgang aber gleichzeitig ernsthaft davor gewarnt, sich nachts der Villa zu nähern.

      Aus diesem Grund konnte er sich nach Einbruch der Dunkelheit, und sobald er die Hexe und der Inquisitor in der Villa sicher aufgehoben wusste, entspannen und sich den wenigen Dingen widmen, die ihm wahre Freude bereiteten. Dazu gehörten in erster Linie ein gutes Buch und klassische Musik – nach Möglichkeit beides gleichzeitig.

      Bei seinem Einkaufsbummel durch die Straßen und Gassen der Ewigen Stadt hatte er unter anderem in einer internationalen Buchhandlung ausgiebig durch das vorhandene Sortiment deutscher Klassiker gestöbert und war erfreulicherweise rasch fündig geworden. Neben anderen Werken, die er kannte, aber bei dieser Gelegenheit gern noch einmal las, war er passenderweise auch auf Johann Wolfgang von Goethes autobiografische Schrift Die italienische Reise gestoßen. Da er sich ebenfalls auf einer Italienreise befand, hatte er, ohne lange zu überlegen, zugegriffen und war jetzt in dieses Buch vertieft, während auf dem hochwertigen CD-Player, mit dem die Wohnung ausgestattet war, in niedriger Lautstärke – wie die dezente Hintergrundmusik in einem Fahrstuhl – eine Oper mit dem Titel Lo frate ’nammorato gespielt wurde. Weder die Musik noch der Gesang störten ihn beim konzentrierten Lesen. Erstens war er es gewohnt, und zweitens wurde nicht nur in italienischer Sprache, sondern sogar in neapolitanischem Dialekt gesungen, sodass er kein einziges Wort verstand. Er hatte die CD in einem Fachgeschäft gefunden und vor allem gekauft, weil der Komponist Giovanni Battista Pergolesi Italiener war und damit sowohl zu seinem Aufenthaltsort als auch zu Goethes Buch passte. Er mochte es nämlich, wenn die Dinge stimmig waren und alles perfekt zueinanderpasste und aufeinander abgestimmt war.

      Also saß Wolfgang im luxuriös eingerichteten Wohnzimmer der Chauffeurwohnung seines italienischen Gastgebers auf einem der historischen Hügel der italienischen Hauptstadt in einem bequemen Ledersessel – der vermutlich ebenfalls Made in Italy war –, trank acqua minerale aus einer italienischen Mineralquelle, begleitete in Gedanken seinen verstorbenen Landsmann und Namensvetter Johann Wolfgang von Goethe auf dessen italienischer Reise und hörte gleichzeitig die Oper eines italienischen Komponisten, gesungen in neapolitanischem Dialekt. Im Grunde war also alles stimmig und perfekt – perfetto hätte es Wolfgang mithilfe seiner kaum vorhandenen Kenntnisse der Landessprache vermutlich genannt, um die vollkommene Synchronizität dieses Augenblicks nicht zu verletzen –, bis … ja, bis ein lautes Donnern die nächtliche Ruhe und den beschaulichen Moment in Fetzen riss.

      Er war so gefangen genommen von den Worten des Meisterdichters, dass ihn der unerwartete Knall aufschrecken ließ. Er zuckte heftig zusammen und hätte beinahe das Buch fallen gelassen und das halb volle Wasserglas von dem Beistelltischchen neben dem Sessel gestoßen. Im ersten Moment war er völlig desorientiert und wusste weder, wer, noch wo er war. Doch rasch fand er wieder zu sich. Und sofort wurde ihm klar, was er soeben gehört hatte. Er war lange genug Mitglied von Butchers Rudel und hatte zahlreiche, bisweilen lebensgefährliche Aufträge erledigt, um die Detonation einer Sprengladung zu erkennen, wenn er sie hörte.

      Wolfgang nahm sich noch die Zeit, mit dem Lesezeichen die Stelle zu markieren, bis zu der er gekommen war, und legte das Buch anschließend neben das Glas auf den Tisch. Erst dann sprang er auf, als nahezu zeitgleich zwei weitere, ein wenig gedämpftere Explosionen folgten. Er schloss daraus, dass der erste Knall auf dieser Seite der Villa, die der Garage zugewandt war, erfolgt sein musste. Da hat wohl jemand die Haustür aufgesprengt, weil er nicht warten konnte, bis ihm jemand aufmacht!, dachte er zynisch. Die beiden anschließenden Sprengsätze mussten hingegen auf der gegenüberliegenden Seite detoniert sein. Das müssen der Hintereingang zur Küche und die Terrassentür gewesen sein! Die drei Detonationen machten Wolfgang nicht nur deutlich, dass Neros Villa soeben Ziel eines schweren Angriffs wurde und dass sie es mit einer Übermacht an Feinden zu tun haben mussten, wenn sie über alle Zugänge ins Haus eindringen konnten, sondern auch, dass er in der Wohnung über der Garage unter Umständen ebenfalls nicht mehr sicher war. Hätte er zum Fluchen geneigt, hätte er es wohl jetzt getan, und zwar laut und deftig. Doch da er jede lautstarke Gefühlsäußerung verabscheute und generell eher der schweigsame Typ war, der sich unauffällig im Hintergrund hielt, sparte er sich jeden Ausruf, der ihm ohnehin nur kurzfristig Erleichterung verschafft, ansonsten aber nichts bewirkt hätte. Stattdessen reagierte er auf die Bedrohung auf seine Weise, indem er augenblicklich handelte, da er ahnte, dass auch für ihn die Lage früher oder später brenzlig werden konnte, wenn er nicht richtig und vor allem nicht besonnen und schnell genug reagierte.

      Er eilte ans Fenster und blickte nach draußen. Die Villa lag hinter einem Hain, der aus hohen Bäumen und dichtem Unterholz bestand, doch von seinem erhöhten Standort konnte er zwischen den Stämmen undeutlich das Hauptgebäude erkennen. Er richtete den Blick dorthin, wo der Eingang lag, und sah, dass die Eingangstür fehlte und an ihrer Stelle ein finsteres Loch in der Fassade klaffte. Außerdem schienen mehrere Fenster im Erdgeschoss zerstört worden zu sein. Ob dies von der Explosion oder davon herrührte, dass dort Angreifer ins Haus eingedrungen waren, entzog sich seiner Kenntnis, doch er tippte auf Letzteres. Ab und zu irrlichterten dünne, hochkonzentrierte Lichtstrahlen durch die Dunkelheit, die jenseits des zerstörten Eingangs und der zerschmetterten Fensterscheiben herrschte. Es musste sich um die Lampen der Eindringlinge handeln, die sich durch das Gebäude bewegten und nach ihren Zielpersonen suchten.

      All dieser Details hätte es gar nicht bedurft, um Wolfgang mit letzter Konsequenz klarzumachen, dass er sich nicht getäuscht hatte und die Villa tatsächlich Ziel eines Angriffs war. Warum es geschah, wer die Angreifer waren und wie sie auf Nero und seine Gäste aufmerksam geworden waren, war für ihn nebensächlich, auch wenn er sich natürlich Gedanken machte und leicht ausrechnen konnte, um wen es sich handelte und

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