Mord im Weinberg. Christine Zilinski

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Mord im Weinberg - Christine Zilinski Charlotte Bienert Reihe

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auf Charlotte Bienerts letzten Anruf bei ihm nicht gehört. Nachdem sie vergangenen Herbst einen Todesfall auf dem Stuttgarter Kongressgelände miterlebt hatte, hatte sie ihn aufgelöst angerufen und um seine Hilfe gebeten. Jankovich konzentrierte sich auf den aktuellen Toten und sagte: „Mir schwant ehrlich gesagt Böses. Erstens das routinierte Vorgehen, zweitens der Zettel. Das weist auf einen Mörder hin, der mit Erfahrung tötet.“ Specht musterte ihn kritisch über seinen Brillenrand hinweg. Offenbar wollte er das Thema Charlotte nicht so einfach außen vor lassen. „Paul, du hast das Mädel dreimal aus der Patsche gerettet, nachdem sie sich in halsbrecherischen Aktionen selber reinmanövriert hat. Jetzt bahnt sich die nächste Bienert-ermittelt-Aktion an. Und du willst das ignorieren?“ Jankovich schüttelte genervt den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hubert, lassen wir das. Ihr Leben zu retten war nun mal mein Job. Ich Polizist, sie gefährdete Person. Abgesehen davon habe ich sie gestern schon gewarnt und ihr verboten, sich dieses Mal einzumischen. Aus genau den Gründen, die ich gerade genannt habe. Sie ist jetzt ohnehin mit einem anderen Projekt beschäftigt. Also können wir dieses Mal ohne Störungen ermitteln.“ Specht zog die Augenbrauen hoch: „Du hast mit ihr geredet?“ Jankovich lehnte sich nach vorne und sah seinen Kollegen fest an. „Ja, ich habe mit ihr gesprochen. Um sie persönlich vor weiteren Einmischungen abzuhalten. Und ich glaube ihr, dass sie sich raushalten wird. Ich hab Erfahrung damit, ob mich jemand anlügt oder nicht. Vor allem bei ihr.“ Specht hob die Augenbrauen und gleichzeitig die Hände in einer kapitulierenden Geste. „Alles klar, gut. Dann ist ja alles paletti. Abgesehen von dem Toten, natürlich.“ Jankovichs Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich. „Richtig. Können wir uns jetzt also auf den Fall konzentrieren?“ Specht schob seine Brille die Nase hinauf und sagte: „Also schön. Wann kriegen wir den Autopsiebericht?“ Paul Jankovich erwiderte: „Wahrscheinlich morgen früh. Doktor Grünspan hat gerade noch eine andere Leiche auf dem Tisch, um ihn mal zu zitieren. Aber eine erste Schätzung zum Todeszeitpunkt hat er schon abgegeben. Gegen Abend, zwischen 18 bis 22 Uhr ist der Tod eingetreten. Bedeutende Abwehrspuren waren nicht zu erkennen, was an sich merkwürdig ist, da der Stich in die Niere von hinten durchgeführt wurde. Das ist zwar ein Schock, aber gelähmt bist du deswegen noch lange nicht. Sagt zumindest Grünspan. Eigentlich hätte das Opfer sich dann wie eine Furie wehren müssen.“

      Specht zog die Stirn in Falten. „Ergibt keinen Sinn. Naja, warten wir mal den Bericht ab, vielleicht waren die Opfer ja betäubt. Was sagen die KTUler?“ „Die Jungs von der Kriminaltechnik sind schon dran, sie analysieren den Zettel und die Kleidung des Toten.“ „Den Zettel ...“, wiederholte Specht nachdenklich. Er fischte zwischen den Tatortfotos, bis er die Aufnahme mit dem Papier aus der Hosentasche des Toten gefunden hatte. „Sieht ja schon nobel aus. Kein Null-acht-Fünfzehn Notizzettel. Und das ‚pro‘ sieht kalligraphisch aus.“ „Ja. Zeig noch mal“, sagte Jankovich und streckte den Arm aus. Specht hielt ihm das Foto entgegen. Jankovich kniff die Augen zusammen. „Hm ... Könnte mit Feder geschrieben sein. Unser Mörder ist also ein Feingeist.“ „Oder er will mit der Masche von sich ablenken. Hatten wir schon diverse Male“, entgegnete Specht. „Auch wieder wahr“, seufzte Jankovich. „Aber wie wahrscheinlich ist es, dass ein ..., sagen wir mal, simples Gemüt sich so einen Kniff überlegt? Ich weiß nicht ... naja. Als Nächstes befragen wir auf jeden Fall die Angehörigen unseres Opfers.“ Im nächsten Augenblick wurde er vom Läuten seines Telefons unterbrochen. Er warf einen Blick aufs Display. „Ah, Grünspan.“ Jankovich hob ab: „Na sowas, sagen Sie bloß, Sie sind mit der anderen Leiche schon durch?“ Schnaufend ergriff der Pathologe das Wort: „Bin ich auf Laut? Ihr Kollege sitzt doch gerade bei Ihnen, möchte ich wetten?“ Jankovich drückte folgsam den Knopf und legte den Hörer auf den Tisch: „Jetzt können wir Sie beide hören, Doktor Grünspan.“ Die Kommissare hörten den Arzt blättern, dann dröhnte sein Bass durch die Leitung: „Sie sollten sich dringend mit Ihrem Kollegen Hoffmann zusammenschließen.“ „Joachim Hoffmann von der Organisierten?“, hakte Specht nach und meinte damit die Inspektion K4 für organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität. „Warum das denn?“ „Weil Hoffmann mir die Leiche gebracht hat, die ich vor Ihrer auf dem Tisch hatte. Und seine Leiche weist entscheidende Gemeinsamkeiten mit Ihrer auf.“

      Kapitel 9

      Specht und Jankovich sahen sich einen Augenblick lang ohne merkliche Regung an. Grünspan sprach weiter. „Gut, zunächst die einfacheren Gemeinsamkeiten. Das Opfer ist ebenfalls weiß, männlich, etwa Mitte 40. Jetzt kommt’s aber: Stich in die linke Niere mit, wie es aussieht, derselben Stichwaffe. Und aufgesetzter Herzschuss. Keine Spuren von Gegenwehr. Das kann kein Zufall sein, wenn Sie mich fragen.“ Jankovich spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Er brauchte einen Augenblick, um diese Information zu verarbeiten, bevor sein analytischer Verstand wieder die Oberhand gewann. Mit gerunzelter Stirn fragte er laut: „Wieso hat Ihnen Kollege Hoffmann die Leiche gebracht? Der hat mit Kapitalverbrechen doch wenig zu tun?“ Grünspans Stimme tönte aus dem Apparat: „Das kann ich Ihnen sagen. Der erste Tote, wenn wir ihn der Reihenfolge nach mal so nennen wollen, hat eine belebte Drogenvergangenheit. Nach einer ersten Haar- und Blutprobe lässt sich sagen, dass wir einen Schmerzmittel-Junkie vor uns haben. Und zwar das Zeug, das du nicht mehr in der Apotheke bekommst.“ „Ach, ok“, sagte Specht matt. Drogendelikte fielen durchaus in Hoffmanns Zuständigkeit. Jankovich ergriff das Wort. „Gut. Danke, Doktor Grünspan. Das ist eine wichtige Info für uns. Wir setzen uns gleich mit dem Kollegen in Verbindung.“ „Kein Thema, dafür bin ich ja da.“ Die beiden Kommissare verabschiedeten sich vom Pathologen und Jankovich legte den Hörer wieder auf die Gabel.

      Einen Moment lang sagte keiner von beiden etwas. Schließlich entfuhr Specht: „Scheiße.“ „Ja“, stimmte Jankovich zu. „So viel zu deinem blöden Gefühl“, ergänzte Specht. Jankovich atmete einmal durch, dann griff er wieder zum Apparat und rief bei ihrem Kollegen Hoffmann an. Nach dem dritten Klingeln hob dieser ab. „Na servus, Kollege. Was verschafft mir die Ehre?“, kam es aus dem Hörer. Jankovich sagte bemüht freundlich: „Ich glaube wir müssen uns mal über einen Doppelmord unterhalten. Mir wäre wichtig, was Sie dazu sagen. So wie es aussieht, haben wir nämlich beide Opfer auf dem Tisch, die vom selben Täter umgebracht worden sind“ erklärte Jankovich. Dann holte er weiter aus, um seinen Kollegen auf den aktuellsten Stand zu bringen.

      Zu Jankovichs Erleichterung reagierte Hoffmann entgegenkommend. Oft genug hatte Jankovich erlebt, dass Kollegen aus anderen Inspektionen angefasst reagierten, sobald sich abzeichnete, dass ihnen eine andere Abteilung das Wasser abgraben könnte. Der Kollege erwiderte: „Ach, das ist ja mal ein Ding. Und Ihre Leiche hat nichts mit Drogen am Hut? Das wären ja dann zwei komplett unterschiedliche Opferprofile, wenn es tatsächlich derselbe Mörder ist.“ Nun schaltete Specht sich ein – der Apparat war wieder auf laut gestellt. „So genau lässt sich das noch nicht sagen, aber nach dem ersten Anschein war unser Opfer kein Junkie. Genaueres wird natürlich erst die Obduktion zeigen. Also, Herr Hoffmann, können wir auf Ihre Kooperation zählen?“ Ohne Zögern kam es aus dem Hörer: „Klar.“ Und mit einem bitteren Lachen fuhr er fort: „Ich weiß ja nicht, wie Ihre Arbeitsauslastung aussieht, aber an Drogen mangelt’s hier in Stuttgart wahrlich nicht. Falls ihr meine Leiche übernehmt, bin ich trotzdem nicht arbeitslos“, sagte er und rutschte ins kollegiale ‚Du‘. Jankovich lächelte und griff dankbar die persönlichere Anrede auf. „Dann hast du hoffentlich kein Problem damit, uns mehr über deinen Toten zu erzählen?“ „Nö, kein Thema. Mein Toter heißt Norbert Sievers. Ich kenne ihn schon seit ein paar Jahren, er taucht wegen seines fröhlichen Pillenkonsums häufiger in unserer Datenbank auf. Er war erkennungsdienstlich erfasst. Er hat öfter Freunde und Verwandte angepumpt, die ihn dann regelmäßig angezeigt haben, weil er ihnen das Geld nicht zurückgegeben hat. Was ja bei einem Abhängigen echt die totale Überraschung ist. Naja. Trotzdem war der gute Norbert ein überzeugender Charmeur, sonst hätte er die Leute in seinem Umfeld nicht immer wieder einlullen können. In die Beschaffungskriminalität ist er noch nicht gerutscht, wäre er aber wohl, bei seinem ansteigenden Konsum. Als ich den Anruf vom Kriminaldauerdienst bekommen habe, dass Sievers tot aufgefunden wurde, dachte ich erst einmal, er wäre an ner

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