Mord im Weinberg. Christine Zilinski

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Mord im Weinberg - Christine Zilinski Charlotte Bienert Reihe

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erwiderte Charlotte. Sie hatte sich vor geraumer Zeit beides aus dem Kaffee abgewöhnt – der Figur wegen. Paulsen hob die Augenbrauen, als er ihr ihre Tasse reichte. „Schwarz wie die Seele“, sagte er dabei schmunzelnd. Bevor Charlotte etwas erwidern konnte, fuhr er übergangslos fort: „So neu ist die Idee gar nicht. Der Weißburgunder wird hauptsächlich in den USA, Australien oder Neuseeland angebaut. In Deutschland wiederum eher im Rheinland, aber naja“, er lachte leise. „Hier war ich schon im Besitz der Fläche, als ich mich an die Umsetzung meines Projekts gemacht habe.“ Charlotte machte sich sorgsam ein paar Notizen. Dann nahm sie einen Schluck Kaffee und stellte fest, dass er sehr stark war. Sie wollte die Tasse zurück auf die Untertasse auf dem Tisch stellen, verfehlte diese aber um ein paar Zentimeter. Peinlich berührt vom schabenden Geräusch murmelte Charlotte „Entschuldigung“ bevor sie die Tasse endlich sauber abstellte. Ein paar Minuten lang arbeiteten sie sich Charlottes Fragenliste entlang, als Paulsen mitten im Gespräch innehielt. „Sagen Sie, Frau Bienert, ich hoffe, Sie halten mich nicht für unhöflich, aber Sie machen mir einen etwas verstreuten Eindruck. Liegt es an der Situation?“ Charlotte lief augenblicklich rot an. Sie stotterte: „Ähm, nein, tut ... tut mir leid. Nein, es liegt nicht an der Situation. Oder, naja, es ist schon imposant hier“, sie lächelte nervös. „Aber ... ich ... hatte gestern ein etwas unerfreuliches Erlebnis. Ziemlich unerfreulich“, korrigierte sie sich gedankenverloren. Im selben Moment hätte sie sich am liebsten die Hand vor den Mund geschlagen. Genau darüber sollte sie doch auf keinen Fall sprechen. Am wenigsten mit Paulsen. Doch dieser lehnte sich jetzt interessiert nach vorne. „Erzählen Sie mir davon.“

      Kapitel 8

      Charlottes Gesicht wurde noch eine Nuance röter. Sie versuchte, ihren Schnitzer wieder auszubügeln. „Nein, ist schon gut, das ... hat nichts mit Ihnen zu tun. Ich sollte darüber auch gar nicht sprechen.“ Paulsen zog mit einem amüsierten Gesichtsausdruck die Augenbrauen hoch. „Jetzt haben Sie mich aber neugierig gemacht. Kommen Sie, wir tauschen Informationen aus. Ich stehe Ihnen Rede und Antwort, und Sie mir ebenfalls. Also, was war gestern los?“ Charlotte biss sich auf die Unterlippe, schwieg jedoch. Paulsen blieb beharrlich: „Na los, sonst überlege ich mir, ob ich Ihnen nur noch Humbug erzählen soll.“ Obwohl er dabei schmunzelte, spürte Charlotte, dass er es durchaus ernst meinte. Und in dem Fall war ihre Reportage im Eimer – und die Weinstadt Woche über kurz oder lang auch. Dennoch protestierte sie schwach: „Das ist aber schon Erpressung, das wissen Sie?“ Paulsen lachte laut auf. „Klar, aber denken Sie wirklich, ich hätte es so weit geschafft, wenn ich immer nur geduldig gewartet hätte, ob mein Gegenüber nun will oder nicht?“ Er klang dabei so, als würde er über das Wetter palavern. In Charlottes Kopf sprang das Gedankenchaos an: ‚Wenn Jankovich das erfährt, steht er bald schon wieder bei mir auf der Matte. Nur wird er dann nicht mehr so freundlich sein. Andererseits ... Paulsen ist ja eh der Gutsbesitzer hier. Dann wird er es schon längst wissen. Vermutlich. Und ich muss die Story schreiben, sonst kann ich mir nen neuen Job suchen.‘ Sie seufzte. „Na, also schön. So spektakulär ist es aber auch nicht“, versuchte sie, ihre Rolle in der Geschichte herunterzuspielen. „Also ... Sie wissen es wahrscheinlich schon längst ... der Tote, der hier ums Eck gefunden wurde? Den hab ich gefunden.“

      Über Paulsens Gesicht legte sich ein Schatten. „Oh. Das tut mir leid für Sie.“ Er atmete einmal durch. „Ja, von dem Toten weiß ich natürlich. Ich habe es von der Polizei erfahren. Wissen Sie, der Tote wurde in meinem Weinberg gefunden. Alle Reben hier im Umkreis gehören mir. Daher hatte ich gestern schon das Vergnügen mit der Polizei. Ob ich wüsste, wer der Tote ist, warum er in meinem Weinberg getötet wurde und so weiter. Naja, ich konnte leider keine Frage des Beamten beantworten. Schließlich kann ja jeder in meine Weinstöcke hineinlaufen, sie sind nicht abgesperrt. Aber fahren Sie fort“, bedeutete er Charlotte mit einer ungeduldigen Handbewegung. Charlotte druckste. „So viel gibt es da gar nicht mehr zu erzählen. Ich war halt gestern zufällig spazieren mit ... einem Hund. Und der Hund hat die Leiche ... erschnüffelt. Daraufhin habe ich die Polizei angerufen, und das war’s. Mehr kann ich wirklich nicht erzählen.“ Charlotte hoffte inständig, dass Paulsen es darauf beruhen lassen würde. Doch statt sich weiter nach dem Toten zu erkundigen, fragte Paulsen auf einmal: „Sie haben einen Hund?“ Dabei lehnte er sich zurück, beinahe so, als wolle er Abstand zwischen sie beide bringen. Irritiert schüttelte Charlotte den Kopf. „Ich? Nein, das ist nur ein ... Leihhund, sozusagen. Er gehört meinem Vermieter und ich führe den Hund an den Wochenenden morgens aus.“ Paulsens Stimme klang angespannt. „Sie haben sich aber die Hände gewaschen, will ich hoffen?“ Nun war Charlotte richtig konsterniert. „Ähm, ja, sicher. Ihr Sekretär hat mich gleich als Erstes darum gebeten.“ Paulsen schien erleichtert. „Gut, gut. Entschuldigen Sie meine Reaktion. Aber ich bin hochgradig allergisch gegen Hunde. Das .... kann für mich sehr unangenehme Folgen haben. Darf ich Sie daher bitten, in dieser Woche möglichst keinen Kontakt mehr zu diesem Hund zu haben? Zumindest solange, wie Sie mich hier besuchen.“ Charlotte fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Paulsens Bitte war überhaupt nicht verhältnismäßig. Aber ... sie hatte den Eindruck, dass eine Diskussion mit diesem Mann sinnlos war. Zumal sie Dostojewski bis zum kommenden Wochenende ohnehin nicht mehr ausführen müsste. Und sie konnte ihren Chef Richling schon zetern hören, dass sie die Reportage auf keinen Fall gefährden sollte. Daher willigte sie ein. „Natürlich, kein Problem. Unter der Woche führe ich den Hund sowieso nicht aus.“ Gleichzeitig dachte sie: ‚Wie zum Teufel kommen wir eigentlich von der Leiche auf den Hund? Meine Güte, andere haben doch auch eine Tierhaarallergie.‘ Charlotte bemühte sich, ihre Mimik unberührt von ihren Gefühlen zu lassen. Sanne hatte ihr nämlich schon oft gesagt, dass man ihrem Gesicht sehr gut ansehen könne, was sie dachte. Daher bemühte Charlotte sich, ihren Ärger schnell abzuschütteln, und sagte dann betont heiter: „Also, ich würde vorschlagen, wir machen mit meinen Fragen weiter?“

      Als das gusseiserne Tor sich hinter Charlotte und ihrem Fahrrad schloss, fühlte sie sich erleichtert. Obwohl sich Paulsen die restliche Zeit über höflich ihren Fragen gewidmet hatte, war die Atmosphäre angespannt geblieben, seit Charlotte Dostojewski erwähnt hatte. Nach etwa einer Stunde verabschiedete sie sich endlich mit den Worten: „Danke Ihnen für Ihre Zeit. Dann würde ich heute Nachmittag schon mal sehen, was ich mit meinen Notizen anfangen kann. Passt es Ihnen, wenn ich morgen wieder vorbeikomme?“ Paulsen hatte zum Abschied genickt, ihr aber nicht mehr die Hand gegeben. Nun hängte Charlotte sich ihre Tasche schräg über die Schulter und schwang sich auf ihr Rad. ‚Und jetzt nichts wie ab nach Hause.‘ Beim nächsten Abhang ließ sie sich den Weg herunterrollen. Eine Hand hielt sie aber an der Bremse, um einen unliebsamen Zusammenstoß mit entgegenkommenden Spaziergängern zu vermeiden. Sie genoss den Fahrtwind im Haar und atmete die frische Mailuft ein und aus. ‚Gott sei dank bin ich mit dieser Paulsen-Reportage bis zu meinem Geburtstag durch‘, dachte sie unvermittelt. Als sie merkte, dass sie sich der Stelle näherte, an der Dostojewski gestern den Toten gefunden hatte, schlug sie einen Umweg ein.

      Bei Richlings Haus angekommen schob sie ihr Fahrrad in den Gemeinschaftsflur. Sie war heilfroh, dass ihr Chef schon im Büro war. So konnte sie unangenehmen Fragen nach Paulsen erst einmal aus dem Weg gehen. ‚Am besten bleibe ich heute zuhause. Homeoffice ist mir ja erlaubt für die Reportage.‘ Sie stieg die Treppe zu ihrer Wohnung hoch und wusch sich die Hände. ‚Wobei ich nach diesem sterilen Haus wahrscheinlich keinen einzigen Keim mehr am Körper habe‘, dachte sie spöttisch. Anschließend bereitete sie sich einen Kaffee zu und setzte sich damit auf ihr Sofa. Sie klappte ihren Laptop auf und legte ihr Notizheft auf die Tastatur. Doch sobald sie anfangen wollte, die ersten Zeilen für ihre Reportage zu tippen, schweiften ihre Gedanken erneut zum gestrigen Tag ab. Zu Dostojewskis Abgang in die Weinreben. Dem Toten mit dem augenlosen Blick. Dem anschließenden Durcheinander am Leichenfundort. Und dass Jankovich an genau derselben Stelle gesessen hatte, an der sie nun saß.

      „Na Mahlzeit. Stich in die Niere mit anschließend aufgesetztem Herzschuss. Da hat wohl einer was zu sagen“, versetzte Specht in zynischem Tonfall. Er saß gemeinsam mit Kommissar Jankovich in dessen Büro. Beide Männer waren über die Tatortfotos gebeugt

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