Coronas Zeugen. Stefan Kuntze

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Coronas Zeugen - Stefan Kuntze

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Folgendes zu hören: „Wir werfen den Covid in die Flammen, mit Virologen zusammen.“ Johlend und klatschend begleiteten die Menschen die einfache Melodie. Auf einem Tisch neben der Bühne lagen T-Shirts aus, die mit Wörtern oder mit Herzen bedruckt waren.

      Konrad umrundete die Kundgebung. Auf der Seite zum Schlossplatz hin, bei der Gruppe der Schwarzgekleideten, hörte er im Vorbeigehen: „Gut, dass dieser Schwachkopf unseren Rechtsanwalt erwähnt hat. Der ist wirklich unser wichtigster Mann. Was meint ihr Kameraden, besuchen wir ihn gleich? Du kannst ihm schon das Foto schicken.“

      Konrad stellte die Korbtasche ab, um eine Aufnahme von der Kundgebung zu machen. Als er sein Mobiltelefon anhob, wurde er angerempelt. Zwei Männer aus der Gruppe drängten seitlich an ihn. Einer riss das Telefon aus seiner Hand. Er konnte sich nicht bewegen, da auch hinter und vor ihm jemand aufgetaucht war.

      „Du kannst hier nicht einfach so rumfotografieren!“

      „Wie bitte? Wir leben in einem freien Land …“

      Die Männer lachten. „Das denkst du vielleicht, aber glaub ja nicht, dass du deine Unwahrheiten überall erzählen kannst. Wir mögen verlogene Journalisten nicht.“

      „Lassen Sie mich sofort los, sonst … Woher wollen Sie wissen, dass ich Journalist bin?“

      „Das riechen wir und ich wette, du hast die Wahrheitserklärung von Herrn Welte nicht unterschrieben.“ Einer der Männer wedelte mit einem Blatt Papier vor Konrads Gesicht. Ein heftiger Zorn erfasste ihn, der die Angst vor den Schwarzhemden übertraf. „Geben Sie sofort mein Telefon zurück.“ Er wurde laut. Vom Alten Schloss sahen die drei Polizeibeamten zu ihnen herüber. „Hilfe!“, schrie er. „Ich werde bedroht.“

      Die Polizisten überquerten die Straße. „Was ist hier los? Haben Sie Hilfe gerufen?“

      „Diese jungen Männer haben mir das Handy abgenommen und mich bedroht.“

      „Welche jungen Männer? Ich sehe niemanden, und ihr Telefon liegt hier auf dem Boden. Das muss Ihnen runtergefallen sein.“

      Konrad blickte sich verwirrt um. Die Kundgebung löste sich auf. In der Menschenmenge konnte er die Schwarzhemden nirgends entdecken. Sein Korb stand noch neben ihm.

      „Sie haben gedacht, ich sei Journalist und mich als Lügner beschimpft.“

      Der junge Polizist bückte sich und hob das Telefon auf. Er reichte es Konrad und sah ihn freundlich an. „Also wenn Ihnen nichts fehlt und sie die angeblichen Täter nicht sehen, können wir nichts weiter veranlassen.“ Er senkte die Stimme. „Wissen Sie, es wird ja in den Zeitungen wirklich viel Falsches behauptet. In manchem haben die Demonstranten doch recht. Auf Wiedersehen.“

      Sprachlos sah Konrad den drei Beamten nach. Er war gewarnt. Kopfschüttelnd trollte er sich durch die Passage. Die Marktstände wurden abgebaut. Vor dem riesigen Denkmal des großen Dichters blieb er stehen und blickte nach oben. ‚Du hast wirklich für die Freiheit gekämpft. Deine Gegner waren real‘. Es zog ihn jetzt mit Macht nach Hause. Er musste mehr über die Selberdenker erfahren, und er wollte versuchen, diesen Anwalt zu finden, den der Redner erwähnt hatte.

      Das Kaiserdenkmal, auf dessen vier Obelisken sämtliche Siege der preußischen Truppen gegen den Erzfeind Frankreich säuberlich aufgezeichnet waren, ließ er rechts liegen. So rasch es der Autoverkehr zuließ, überquerte er die überdimensionierte Straßenkreuzung, die euphemistisch Charlottenplatz hieß. Er nahm den steilen Weg über die Gaisburgstraße zum Eugensplatz. Der Computer wartete.

      Also, was hatte der Typ mit dem Herz-Shirt gesagt? Das Bundesverfassungsgericht hat die Versammlung erlaubt? Mit wenigen Klicks holte er den Beschluss auf seinen Bildschirm. Die hiesige Stadtverwaltung, das Verwaltungsgericht und die zweite Instanz hatten den Antrag abgelehnt. Anders sah es das oberste Gericht des Landes. „Das Vorgehen der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens wird Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG nicht gerecht“, las Konrad. Er holte ein Glas und genehmigte sich einen Gutedel.

      Die Selberdenker hatten einen Antrag auf Zulassung einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen gestellt. Das Ordnungsamt hatte sich geweigert, einen ablehnenden Bescheid zu erlassen. Die etwas abenteuerliche Begründung lautete, eine Versammlung sei nach der geltenden Verordnung ohnehin verboten. Da sei nichts Weiteres zu veranlassen. Konrad runzelte die Stirn. Das war typisch für diese Behörde. Er erinnerte sich gut an seine Recherchen zu den Prozessen um die Bebauung des sogenannten Europaviertels. Seine scharfe Satire im Magazin, die das Verhalten des Gemeinderats und der Ämter geißelte, hatte eine heftige Debatte in der Öffentlichkeit ausgelöst. Mit ihrem Schlingerkurs hatten die städtischen Baurechtsbehörden damals ein jämmerliches Bild abgegeben.

      Zurück zu dem Beschluss: Die Behörde habe die konkreten Umstände des Einzelfalles nicht berücksichtigt und sich letztlich davor gedrückt, eine eigene Entscheidung zu treffen. Aha, man hatte sich also hinter höheren Instanzen versteckt. Als ob ein Polizist nicht jemanden zum Wegfahren auffordern konnte, der sein Fahrzeug im Halteverbot abstellte, weil das ja ohnehin verboten war und deshalb nicht noch einmal gesagt werden musste.

      Konrad ging auf den Balkon und versuchte zu erkennen, ob am Schlossplatz noch Menschen versammelt waren. Das riesige Glasdach des Königsbaus, das dieses klassizistische Gebäude mit den gewaltigen Säulen komplett verschandelte, spiegelte die helle Nachmittagssonne. Es war nichts mehr zu erkennen. Das Zigarillo schmeckte heute nicht. Ihm war, als vertrage er den Rauch nicht. Hinter der Stirn regte sich dieser lästige Schmerz. Unzufrieden setzte er sich wieder an den Schreibtisch.

      Der Sänger hatte einen menschenfeindlichen Text vorgetragen, und die Kundgebungsteilnehmer quittierten das mit Beifall. Vor den Augen besorgter Mütter wurde zur Verbrennung unbequemer Wissenschaftler aufgerufen. Konrad fing an, sich Sorgen zu machen. Wenn er mit seinen Recherchen den Verschwörungsgläubigen in die Quere käme, wer konnte garantieren, dass ihm nicht Ähnliches drohte? Er versuchte vergeblich, diesen Gedanken abzuschütteln und öffnete den Internetbrowser.

      Selberdenker nannten sich der Veranstalter dieser Kundgebung. Die Homepage Selberdenken war äußerst professionell gestaltet. Sie wurde offensichtlich zeitnah auf dem Laufenden gehalten. Die Rede, die er vorher in Auszügen mitbekommen hatte, konnte man in vollem Wortlaut nachlesen. Auf den zwei beigefügten Fotos sah die Gruppe vor dem Redner deutlich größer aus, als sie seiner Meinung nach gewesen war. Dem Impressum entnahm er, dass der Anführer dieser Gruppe Frieder Welte hieß. Den Namen hatte er schon einmal in der Zeitung gelesen.

      Konrad goss sich noch einmal von dem Gutedel ein. In der Titelzeile der Website gab es den Menüpunkt ‚Was man braucht‘. Darunter verbarg sich ein großes Angebot an T-Shirts, Sweatshirts und anderen Produkten, die mit dem Logo „Selberdenken“ oder Parolen wie „Frieden, Freiheit, Glück“ bedruckt waren. Auch das Herz-Shirt war im Angebot. Die Preise für die Textilien lagen ähnlich hoch wie die für Fantrikots des großen Stuttgarter Profifußballvereins.

      Langsam kam er in Fahrt. Das Kopfweh war verflogen. Vergessen auch die Anflüge von Angst vor Fanatikern. Er fühlte sich wieder auf vertrautem Terrain. Es ging ums Geld. Die Arbeit an dem Thema fing an, ihm Spaß zu machen.

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