Seltsame Vorfälle. Elisa Scheer

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Seltsame Vorfälle - Elisa Scheer

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      4

      Stella suchte eine Kollegin und durchquerte zu diesem Zweck, ordentlich mit angeheftetem Namensschildchen in den Farben des Museums, die Ausstellungsräume im Erdgeschoss.

      „Oh, hallo!“, hörte sie da eine freundliche Stimme und sah sich leicht irritiert um. Ein junger Mann grinste sie lausbubenhaft an und sie runzelte die Stirn: Sollte sie den etwa kennen?

      „Ich wollte doch vor einigen Tagen hier rein und war zu spät dran – Sie haben mir das erklärt, erinnern Sie sich?“

      „Ach so – ja, flüchtig. Und heute haben Sie die Gelegenheit genutzt?“

      „Ja, genau!“ Warum schaute der so treuherzig? Wie ein Teenager, dabei war der bestimmt – naja Anfang dreißig?

      „Nun, dann hoffe ich, dass Ihnen die Ausstellung gefällt, Herr-“

      „Schilling. Kay Schilling, Frau“ – er linste auf ihr Namensschildchen. „Frau Mutén. Ist das französisch?“

      „Nein, schwedisch.“ Ihm zu erklären, dass ein accent aigu und ein Nasal (wegen des en) nicht an der gleichen Stelle auftauchen konnten, war sie zu faul.

      „Da gibt´s Akzente? Wusste ich gar nicht! Aber ich kann auch leider kein Wort Schwedisch.“

      Sie lächelte etwas mühsam. „Das können hier die wenigsten. Also, viel Vergnügen noch. Ich suche hier eine Kollegin…“

      Er vollführte eine graziöse Handbewegung, als wollte er ihr den Weg freimachen, und sie eilte weiter. Im Nachbarsaal fand sie endlich Biggi, die einem der Aufseher etwas erklärte, und zog sich mit ihr in eine Nische zurück, um ein Projekt zu klären, das mit dem Louvre zu tun hatte.

      Als sie zurückkam und das Treppenhaus ansteuerte, war dieser Schilling nicht mehr zu sehen – schade oder glücklicherweise?

      Ganz hübscher Kerl, aber was sollte ihr das? Bisher hatte sie mit Männern nicht allzu viel Glück gehabt – die einen hatten offenbar bei Schwedinnen merkwürdige Vorstellungen von besonderer Freizügigkeit im Kopf, die anderen fanden, Frau plus Kunst sei Weiberkram und folglich nicht weiter ernstzunehmen, und wieder andere hatten vielfältige Macken aufzuweisen gehabt. Oder lag es an ihr, wenn sie immer heilfroh war, sobald eine Beziehung wieder eingeschlafen war?

      Schwer zu sagen - und im Moment auch nicht das dringendste Problem.

      Gut, Biggi würde an dieser Louvre-Sache mitarbeiten; was das Thema sein sollte, würden die in Paris entscheiden, sie sollte aber wenigstens schon einmal anfragen.

      Also schrieb sie an Claire Demésnil, mit der sie schon einmal eine Ausstellung organisiert hatte, und las ihren Brief dann zufrieden durch – bis auf einen Akzent kein Rechtschreibfehler, auch nicht, wenn man bei Überprüfen als Prüfsprache Französisch anklickte.

      Gut so.

      Und wo war jetzt ihr Handy?

      Sie hatte es mit nach unten genommen, um Biggi etwas darauf zu zeigen… aber sie hatte es doch auf keinen Fall aus der Hand gelegt? Doch nicht in einem Ausstellungsraum, da sähe sie es ja nie wieder…

      Verflixt! Sie drehte sich mehrmals um die eigene Achse, dann setzte sie sich. Okay, sie war zurückgekommen, das Handy in der Hand – oder? Nein, mit einer Hand konnte man die Tür schlecht aufschließen, weil man die Tür am Knauf zu sich herziehen musste… hatte sie es draußen…? Nein, wo denn, auf dem Gang stand nichts Geeignetes.

      Sie wollte die Hände in die Blazertaschen schieben und stutzte – keine Taschen! Das war ja zum Irrewerden!

      Ach, Blödsinn, sie hatte den Blazer ausgezogen und an den Haken hinter der Tür gehängt. Und in der Tasche – na bitte! Ihr Handy.

      Da dachte sie schon, Alzheimer habe angeklopft – mit dreiunddreißig? Das gab´s wahrscheinlich gar nicht! Frühvergreist oder wie? Beruhigt kehrte sie wieder an ihren Schreibtisch zurück und sammelte Ideen für ihre Projekte; dazwischen sortierte sie einiges, das bereits erledigt war, in den Ordner ABGESCHLOSSEN und sah sich danach befriedigt um: Schon wieder besser!

      Und natürlich hatte sie keine geistigen Aussetzer, weshalb denn auch?

      Abends auf dem Parkplatz hatte ihr jemand irgendwelche angeschmuddelten Pizzaflyer unter den Scheibenwischer geklemmt; sie entfernte sie leise schimpfend und stellte fest, dass Biggi, die ebenfalls ein rotes Auto fuhr, auch mit diversem Altpapier kämpfte.

      „Hasst da einer rote Autos oder glaubt er, wir hätten diesen Kram zu Unrecht im Papierkorb versenkt?“, rief sie zu ihr hinüber.

      Biggi zuckte die Achseln und schlug vor: „Spaßvogel?“

      „Ja, wahnsinnig lustig. So ein Idiot…“

      „Und dann noch Pizza! Wenn es wenigstens Chinafutter gewesen wäre!“ Einträchtig warfen sie das schmuddelige Papier in den Papierkorb, grinsten sich dann unfroh an und stiegen in ihre Autos.

      Blöder Tag, überlegte Stella zu Hause, erst die Sache mit dem Handy, wo sie schon fast an sich gezweifelt hatte – und dann dieser Müll an ihrem Auto? Sie versuchte, sich die Erfolge dieses Tages vor Augen zu halten, aber das nützte gar nichts, sie ärgerte sich ja doch.

      Sie reagierte sich mit Putzen ab, aber da ihre Wohnung nicht gerade groß war, war sie danach auch nicht wohlig erschöpft – nur so halb zufrieden. Außerdem hatte sie erst vor wenigen Tagen geputzt, man sah also ohnehin kaum einen Unterschied.

      Es gab eben doofe Menschen – und was das Handy betraf, hatte sie einfach vergessen, dass sie ihre Jacke schon weggehängt hatte!

      Lieber lümmelte sie sich aufs Sofa und dachte an die seltsame Geschichte, von der Paulie erzählt hatte: Eine ihrer Kolleginnen glaubte, von einem Stalker verfolgt zu werden, aber niemand hatte jemals etwas Entsprechendes beobachtet. Und die Botschaften, die an ihrem Wagen zu klemmen pflegten, konnte sie, so tuschelten manche, genauso gut selbst verfasst haben.

      Paulie gehörte so halbwegs auch zu diesen bösen Stimmen, denn diese Kollegin schien dazu zu neigen, sich interessant machen zu wollen.

      „Wahrscheinlich hat man das zurzeit – einen Stalker“, hatte Paulie dann gefeixt. „Sozusagen das must have der Saison.“

      „Das ist gemein“, hatte die sanfte Sabine gemahnt, „vielleicht ist es ja auch etwas Psychisches?“

      Das fand Stella eigentlich auch nicht viel besser. Wer sich von einem Stalker verfolgt fühlte, war also entweder eine Angeberin oder nicht ganz dicht? Stalker gab es doch, auch wenn Paulie behauptete, vor allem in schlechten Filmen.

      Dem war eine längere Diskussion gefolgt, warum man eigentlich immer sofort sagte „in schlechten Filmen“: Konnte ein solches Thema nicht auch in einem anspruchsvollen und gelungenen Film umgesetzt werden?

      Bis sie damit durch waren, hatten sie alle aufgegessen, lehnten satt und zufrieden in ihren Stühlen und hatten keine Lust mehr auf Tiefschürfendes, also beschränkten sie sich auf ihre Pläne für Ostern, auf die Frage, was an den Gerüchten von einer neuen Grippeart in einem Kaff bei München und irgendwo im Rheinland dran sein konnte und natürlich: Warum diese komischen

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