Der Schundfilm meines Lebens. Emmi Ruprecht

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Der Schundfilm meines Lebens - Emmi Ruprecht

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Klingt so die Reaktion auf ein Drehbuch, die es nahelegt, nie wieder eines zu schreiben? Und außerdem: Wenn der Stoff von mir professionell umgesetzt wurde – was genau ist dann falsch an dem Skript? Wieso wurde es überhaupt abgelehnt?

      Ich versuche mich daran zu erinnern, ob diesbezüglich etwas in der Mail stand, aber an eine Begründung kann ich mich nicht entsinnen.

      Plötzlich kommt Leben in meinen zusammengesunkenen Körper. Mein Rücken strafft sich, ich nehme meine Beine vom Geländer, stelle meine Füße fest auf den Boden des Balkons und merke, wie meine Verzagtheit weicht. Warum soll ich mich entmutigen lassen von dieser Absage, wenn ich erklärtermaßen gute Drehbücher verfasse, von denen eines sogar fast schon mal zu einem Fernsehfilm wurde? Und was genau passt an einem Drehbuch nicht, wenn es doch angeblich so gut ist, dass der Film bereits beim Lesen vor dem geistigen Auge entsteht?

      Ich habe keine Ahnung. Aber ich werde es herausfinden! Und dazu werde ich wohl mal mit diesem Herrn Hansen von Friedberts Filmfabrik sprechen müssen. Der kann mich doch nicht einfach mit einer Standard-Absage abspeisen. Unmöglich! Die Mühe wird er sich schon machen müssen mir mitzuteilen, warum das Drehbuch nicht „ins Anforderungsprofil“ passt!

      Meine Zigarette ist erst zur Hälfte geraucht, doch diese Angelegenheit duldet keinen Aufschub. Energisch drücke ich die Fluppe im Aschenbecher aus, nehme meinen Becher mit in die Küche, schütte den ungenießbaren Rest von dem, was einmal Kaffee war, in die Spüle und schreite zur Tat, beziehungsweise in mein Arbeitszimmer, wo das Telefon auf meinem Schreibtisch darauf wartet, für Klarheit zu sorgen.

      Ich unterbreche den Ruhemodus meines Rechners, indem ich den Bildschirmschoner mit der Maus zur Seite schubse. Dahinter zeigt sich sogleich die niederschmetternde Mail von Herrn Hansen. Noch einmal überfliege ich das vermaledeite Dokument, doch keine andere Nachricht als die bereits vernommene offenbart sich mir: Es ist immer noch eine Ablehnung meines Skripts. Und noch immer finde ich keine Begründung dafür!

      Nach dem dritten Klingeln wird am anderen Ende der Leitung abgehoben.

      „Hansen“, ertönt die Stimme des Producers.

      Besonders zugänglich hört er sich nicht an, finde ich. Ich denke mit Sehnsucht an seine Vorgängerin. Vermutlich wäre das alles nicht passiert, wenn ich weiterhin mit Brigitte zu tun gehabt hätte. Vermutlich? Ganz sicher sogar! Brigitte hatte schließlich ein Händchen für Qualität! Und dieser Herr Hansen – wer ist das überhaupt? Wahrscheinlich nur der Praktikant vom Praktikanten, der auch einmal ein Drehbuch anfassen darf!

      Ich fange an, Herrn Hansen nicht zu mögen, doch das muss warten. Schließlich, denke ich, sollte ich jetzt etwas sagen – vermutlich wartet er darauf.

      „Hanna Wupper“, flöte ich ins Telefon. „Ich habe gerade Post von Ihnen bekommen.“

      Ich meine ein Seufzen durchs Telefon zu hören, aber vielleicht täusche ich mich.

      „Guten Tag, Frau Wupper“, höre ich ihn nach einer kurzen Pause sagen. „Es tut mir leid, dass wir Ihnen keine günstigere Antwort geben konnten.“

      „Sie konnten mir keine günstigere Antwort geben“, verbessere ich ihn und betone damit, dass ich ihn und nicht das gesamte Filmproduktionsunternehmen für die Absage verantwortlich mache. Dann fällt mir ein, dass das vermutlich nicht ganz fair ist. Hat seiner Mail nach nicht das ganze Team über das Drehbuch diskutiert?

      „Doch deswegen rufe ich nicht an. Oder eigentlich doch“, ich verhaspele mich, „also nicht wegen der Absage an sich, sondern wegen der Begründung. Die fehlt mir nämlich!“

      Erneut meine ich ein nur unzureichend unterdrücktes Seufzen zu hören, und ich kann ihn verstehen. Mag sein, dass sogar Herr Hansen manchmal ein ganz netter Mensch ist und lieber Zu- als Absagen verteilt. Aber darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen, denn schließlich höre auch ich lieber Zu- als Absagen! Und da ich vorhabe, auch zukünftig Drehbücher zu schreiben, ist mir nun einmal daran gelegen zu verstehen, warum mein neuestes abgelehnt wurde. Wieder einmal!

      „Liebe Frau Wupper, es tut mir wirklich leid, aber wie ich Ihnen bereits mailte, können wir … und ich natürlich auch“, betont er, „uns nicht vorstellen, dass wir einen Sender von den Vorzügen Ihres Stoffes überzeugen können. Außerdem wissen Sie ja, wie der Markt aussieht. Eine Anstalt für ein Drehbuch zu interessieren – noch dazu für eines von einem Neuling – ist nur mit viel Überzeugungs-arbeit möglich und …“

      „Ist mir bekannt“, schneide ich ihm das Wort ab.

      Hält er mich für so bekloppt, dass ich nicht weiß, wie umkämpft dieses Gewerbe ist, wie viele Drehbuchautoren es gibt und auf wie wenig Filme die sich verteilen müssen? Hier zu überleben gelingt nur den Besten der Besten der Besten – und oft nicht einmal denen.

      „Aber bitte haben Sie Verständnis dafür, dass mir das als Begründung unmöglich ausreichen kann, um meine zukünftigen Skripte – und ich hoffe, Sie verstehen das nicht als Drohung“, setze ich scherzhaft hinzu, „so zu gestalten, dass Sie diese bei einem Sender platzieren können. Also, woran genau liegt es, dass Sie mein Drehbuch ablehnen?“

      Stille am anderen Ende. Ich warte ungeduldig. Wenn er mein Skript gelesen hat, dann muss er doch jetzt auch etwas dazu sagen können!

      Tatsächlich meldet er sich nach einer Weile wieder zu Wort: „Es ist eine subjektive Entscheidung, die wir gefällt haben. Dabei spielt natürlich unser Portfolio eine Rolle und auch die Bedarfe der Anstalten, mit denen wir hauptsächlich zusammenarbeiten. Das möchte ich betonen! Bei einer anderen Filmproduktionsgesellschaft hätten Sie vielleicht mehr Erfolg. Sie könnten es einfach mal probieren …“

      Für wen hält sich dieser Mensch eigentlich? Oder für was? Für unwiderstehlich? Glaubt er wirklich, dass ich das nicht versucht habe? Doch, wie Herr Hansen ganz richtig bemerkt, sind die Chancen, als Neuling irgendwo ein Drehbuch verkaufen zu können, ziemlich bescheiden. Bei der Firma, bei der unglückseligerweise Herr Hansen meine liebe Brigitte auf ihrem Posten abgelöst hat, habe ich wenigstens schon einmal mit einer Arbeit überzeugen können – mit einer ziemlich gelungenen, wie ich finde! Dass dieses Werk nicht verfilmt wurde, lag schließlich weder an mir noch an der Qualität meines Drehbuchs, sondern vielmehr an der Hasenfüßigkeit des Chefredakteurs des Senders! Möge er dafür in der Hölle schmoren!

      Außerdem finde ich, dass Herr Hansen vom eigentlichen Thema ablenkt. Wütend falle ich ihm ins Wort.

      „Selbstverständlich könnte ich das“, antworte ich spitz. „Verzeihen Sie bitte meine Begriffsstutzigkeit, aber warum wollen Sie mich unbedingt zu Ihrer Konkurrenz abschieben, wenn ich doch angeblich so gelungene Drehbücher verfasse? Wenn ich Ihre Mail richtig gelesen habe, dann sprechen Sie von einem professionell geschriebenen Skript, bei dessen Lektüre der Film bereits im Kopf abläuft. Soweit ich weiß spricht das für eine überzeugende Arbeit! Warum, um Himmels willen, wollen Sie sie dann nicht haben? Ist Professionalität für einen TV-Sender ein unzumutbares Qualitätsmerkmal oder haben Sie mich einfach angelogen?“

      Ich gebe zu – der letzte Halbsatz klingt auch in meinen Ohren etwas unhöflich, aber so langsam reißt mir der Geduldsfaden.

      „Nein, natürlich nicht“, gibt der Producer zurück und klingt jetzt selbst ein wenig ungeduldig. „Also gut, ich sage Ihnen, wie es ist.“

      Er macht eine Pause. Ich warte gespannt – und auch ein bisschen ängstlich. Will er mir mitteilen, dass er meine Drehbücher so grottenschlecht findet, dass er lieber nie wieder etwas von mir hören, geschweige denn lesen möchte, und mir deshalb in seiner Verzweiflung andere

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