Sahra und Malek. T.D. Amrein

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Sahra und Malek - T.D. Amrein Krügers Fälle

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leicht verletzen können mit dem superscharfen Rasiermesser. Außerdem hatte er vermutlich auch deshalb kaum geblutet. Vorsichtshalber hatte sie einen Druckverband und einen alten, ledernen Schnürsenkel zum eventuellen Abbinden bereitgehalten. Jedoch beides nicht gebraucht.

      Einzig am Schluss lief es nicht mehr ganz ohne Probleme. Sie hatte sich auf der Beifahrerseite auf den Rücksitz gesetzt. Dadurch lag er praktisch neben ihr. Die Hände fix am Lenkrad, sein Körper wurde durch den Sicherheitsgurt am Ort gehalten. Sie drückte ihm die Pistole kräftig in die Seite, um ihn in Schach zu halten. Durch leichtes Anheben des Teewärmers mit dem Zeigefinger überzeugte sie sich, dass er normal atmete. Er schien jedoch bewusstlos zu sein. Trotzdem. Sie fand es sicherer, vor dem endgültigen Abnehmen der Maske, den Wagen wenigstens ein Stück weit einzunebeln. Sahra riss den Zünder der Petarde direkt neben sich auf dem Sitz weg und hielt die Luft an. Ein paar Sekunden passierte gar nichts. Schon befürchtete sie, dass das Ding nicht mehr funktionieren könnte. Doch dann, ein bedrohlich wirkendes Zischen. Das Teil erwachte zum Leben. Ballonartig stieg eine gelbliche Wolke neben ihr auf.

      Rasch hatte sich der Innenraum mit Rauch gefüllt. Mit einem kräftigen Ruck riss sie ihm den Teewärmer nach hinten vom Kopf. Dass der danach wie leblos zur Seite rollte, spürte Sahra am Sitzpolster. Sie traute ihm zu, dass er den Bewusstlosen spielte, um sie zu überlisten. Deshalb reagierte sie nicht darauf.

      Als sie dann nach der Petarde tastete, um sie ins Freie zu stellen, zeigte sich, dass das Ding viel zu heiß geworden war, um es anzufassen. Außerdem hatte sie mit der ungeschützten Hand direkt in den scharf austretenden Strahl gegriffen.

      Beim Versuch, das Ding mit der Pistole nach draußen zu befördern, rollte es in den Fußraum.

      Dort hatte sie es dann liegen gelassen. Sie musste raus aus dem Auto. Die Petarde rauchte schließlich die ganze Zeit weiter. Wie sollte sie die überhaupt noch finden? Eigentlich war es auch egal. Der Wagen hatte im Innern ohnehin schon zuvor dermaßen nach Rauch gestunken, dass es kaum noch viel schlimmer werden konnte.

      Sie hatte mittlerweile beide Hintertüren des Autos geöffnet. Sodass Gonzo, der rücklings auf dem abgesenkten Fahrersitz lag, die Nase praktisch im Freien hatte. Zumindest, wenn er sich bequemte, den Kopf nach außen zu drehen. Hoffentlich ärgerte er sich trotzdem gehörig, dass sie seinen geliebten Untersatz derart verqualmen ließ. Und bestimmt auch für ein paar neue, fette Brandlöcher gesorgt hatte.

      Sie musste abwarten, bis die Petarde den Geist aufgab. Dass es immerhin bald so weit sein dürfte, konnte sie am langsam abflauenden Zischen erkennen.

      Dieses Warten war ihr schrecklich auf die Nerven gegangen. Sie durfte die Türen erst wieder schließen, wenn sich der gröbste Qualm verzogen hatte. Sonst würde er wahrscheinlich ersticken. Es dämmerte bereits. Eigentlich hatte sie keine einzige Minute mehr zu verschenken, wenn sie vor Einbruch der Nacht Zuhause sein wollte. Unablässig trat sie deshalb die ganze Zeit über, von einem Fuß auf den anderen. Hatte immer wieder wie manisch ihre Taschen durchforstet. Hatte sie alles eingepackt? Nichts vergessen, was sie möglicherweise verraten konnte?

      Endlich war ein leiser Luftzug aufgekommen, der den Qualm aus dem Auto schob. Jedoch lange bevor er Details, wie ein Gesicht erkennen konnte, hatte sie die Türen geschlossen und den Wagen von außen verriegelt. Ein kleiner Spalt offenes Fenster, direkt neben seinem Kopf, gestand sie ihm immerhin zu.

      Ihr Rad aus dem Gebüsch zu holen, dauerte nur wenige Minuten. Der Wagenschlüssel landete zuvor in hohem Bogen im Kanal. So wie sie Gonzo einschätzte, hatte er den Ersatzschlüssel längst verschlampt. „Zeit zu lernen, dass Unordnung oft zu Scherereien führt“, hatte sie hämisch in seine Richtung gemurmelt, bevor sie sich auf ihr Rad schwang.

      Jetzt, in ihrer Werkstatt, versuchte Sahra, sich selbst zur Ordnung zu rufen. Unangenehm war das Warten gewesen, ja klar. Aber trotzdem viel weniger schlimm, als beispielsweise die Brandverletzung oder wenn sie eines ihrer Werkzeuge zurückgelassen hätte. Das Werkzeug war komplett. Die Hand leider nicht. Sie schätzte, dass mindestens zehn Tage vergehen dürften, bis sich wieder eine neue Haut gebildet hatte.

      Inzwischen hatte sie sich immerhin soweit beruhigt, dass sie ihre Utensilien reinigen und sortieren konnte.

      Seine Hoden hatte sie absichtlich nicht zurückgelassen. Die waren in der Blechschachtel gelandet, in der sie das Rasiermesser mit sich führte. Aus dem einfachen Grund, weil sie nicht wusste, ob ein Chirurg die Dinger eventuell sogar wieder anschließen konnte.

      Die lagen jetzt im Tiefkühler, zur Tarnung eingewickelt in zwei große Grünkohlblätter. Bis sie als "Beilage", bei der nächsten passenden Gelegenheit, erst im Ofen landen und die Asche danach endgültig in einer Urne verschwinden würde.

      Weil Sahra sich nicht absolut sicher sein konnte, ob ihr Chef die Särge vor der Verbrennung nicht manchmal auf Wertgegenstände durchsuchte oder teure Möbel sogar austauschte, musste sie abwarten. Es kam hie und da vor, dass er sie damit beauftragte, den Ofen selbst einzuschalten. Zum Beispiel, wenn er viel unterwegs war.

      Den Teewärmer wollte sie auf jeden Fall behalten. Man konnte schließlich nie wissen.

      Wieder cremte sie ihre schmerzende Hand ein. Sahra hatte den Beruf, den sie ausübte, nicht gelernt. Jedoch, dass man bei offenen Wunden nicht mit Leichen hantieren sollte, wusste sie trotzdem. Sie würde extrem vorsichtig sein müssen. Krankfeiern kam ohnehin nicht infrage. Ihre Anstellung beruhte bloß auf einer Art Gewohnheitsrecht. Dass ihre Verletzung nicht von heißem Wasser oder normalem Feuer stammte, dürfte ein erfahrener Arzt mit ziemlicher Sicherheit rasch erkennen. Schon nur deshalb, musste sie sich selbst helfen.

      Den Gedanken, gegen Morgen einmal am Rhein nachschauen zu gehen, verbat sie sich kategorisch. Es war gut gelaufen, weil sie es umsichtig geplant hatte. Durch irgendwelche Sperenzchen, die bloß der Neugier dienten, den Erfolg gefährden? Auf keinen Fall!

      Sie legte sich deshalb hin. Schlafen konnte sie natürlich trotzdem nicht. Sie nutzte die Gelegenheit, um immer wieder ihre Hand zu pflegen. Erst gegen Morgen, schon mit leichtem Fieber, dämmerte Sahra endlich weg.

      ***

      Der schwarze Wagen ließ direkt auf seinen Besitzer schließen. Übertrieben tiefergelegt, überall ragten Spoiler und andere vermeintlich hilfreiche Verbreiterungen und Applikationen aus der Karosserie. Mit unsauber angebrachter Folie getönte Scheiben sollten den Blick ins Innere erschweren. Breite Felgen in leuchtendem Gelb und abgefahrene Reifen mit nur noch schwach erkennbarem Profil rundeten das Bild ab.

      Unpassend erschien dagegen die Leiche auf dem Fahrersitz. Der offene Mund und die weit aufgerissenen Augen verbreiteten kaum irgendwelche Coolness. Dass er nicht einmal im Tod vom Lenkrad lassen wollte, lag jedoch an den Handschellen, die ihn damit verbanden. Typisch unausgegorener Jungspund oder Berufsjugendlicher, der seinen Platz in der Gesellschaft noch suchte, dachte Kommissar Max Krüger spontan. Allerdings zählte das Opfer schon gut vierzig Jahre. Das bewiesen die Ausweise, die in seiner Börse gesteckt hatten. Jürgen Hahnloser, lautete sein Name. Einer, der den Ausgang niemals gefunden hatte. Den mutmaßlichen Hergang, der zu seinem Tod geführt hatte, musste Erwin Rohr von der Spurensicherung zwar noch genauer untersuchen. Aber das Abbrennen einer faustgroßen Petarde in einem geschlossenen Fahrzeug dürfte selbst für einen hartgesottenen Raucher, eine Spur too much gewesen sein. Die Formulierung stammte von Rohrs neuem Azubi. Dass im Auto intensiv geraucht worden war, ließ sich an den knallvollen Aschenbechern und den überall herumliegenden Kippen und Aschekrümeln erkennen.

      Rohr hatte den Wagen, der noch aus den Achtzigern stammte, mit einem Schraubenzieher mühelos aufgehebelt. Die bereits erkaltete Leiche ließ er unverändert liegen. Doktor Franz Holoch hatte heute am Sonntag eigentlich frei gehabt und verspätete sich deshalb. Da ohnehin auch jede Hilfe zu spät kam, sollte der Rechtsmediziner den

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