Sahra und Malek. T.D. Amrein

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Sahra und Malek - T.D. Amrein Krügers Fälle

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und Wetter ihren Lauf nehmen konnten. Ein Verfahren, welches sich seit Jahren bewährt und etabliert hatte.

      Selbstverständlich suchte ein Team der Spurensicherung die unmittelbare Umgebung ebenfalls gründlich ab. Alles Routine mit klaren Vorgaben.

      ***

      Doktor Holoch entfuhr ein erstauntes, „ach du Grüne Neune“, als er sich anschickte, die Kerntemperatur des Toten zu messen.

      Kommissar Krüger, der neben dem Wagen stand, um sich die Umgebung einzuprägen, sah erstaunt hoch. „Etwas Ungewöhnliches, Herr Doktor?“

      „Ja, sein Skrotum wurde geplündert.“

      Krüger war davon überzeugt, dass Doktor Holoch Fachausdrücke bloß verwendete, um ihn zu ärgern. Aber dieses Wort hatte er zufällig gerade griffbereit.

      „Wie darf ich das verstehen, Herr Doktor? Kommt es nicht auch vor, dass jemand einfach keinen Hoden hat. Oder durch Unfall oder sonst wie geschädigt wurde?“

      Der Doktor nickte. „Ja ja, das kommt vor. Aber hier dürfte es Absicht gewesen sein. Sehen Sie, Herr Kommissar? Ein sauberer Schnitt. Kein Zögern, kein Schnippeln. Genau die passende Stelle. Sogar die Länge der Läsion entspricht der Norm.“

      Krüger, der selbstverständlich nicht genau hingesehen hatte, schüttelte den Kopf. „Ein Schnitt, Herr Doktor? Man hat ihm, ich meine, er wurde …“

      Holoch nickte. „Emaskuliert. Oder kastriert. Wie auch immer Sie es nennen möchten, Herr Kommissar?“

      „Hat er dabei noch gelebt, Herr Doktor?“

      „Die Blutung lässt den Schluss zu. Wenn Sie den Blutfleck auf dem Polster berücksichtigen. Ja, doch, würde ich sagen.“

      Krüger verzog das Gesicht. „Eine dieser brutalen Mafia-Abrechnungen möglicherweise? Hat man ihm auch etwas in den Mund gesteckt?“

      „Auf den ersten Blick nicht.“

      Krüger schien erleichtert. „Wenigstens das. Aber Sie sagten, dass es, äh, fachmännisch vorgenommen wurde. Ein Arzt, Tierarzt vielleicht?“ Krüger zögerte. „Oder ein Schlachter?“

      Holoch zuckte mit den Schultern. „Dazu braucht man überhaupt nicht Mediziner zu sein. Jeder Schweinezüchter kennt sich damit aus. Ich denke eher nicht, dass Sie einen Kollegen aus meiner Gilde dafür verantwortlich machen können.“

      „Das wollte ich nicht andeuten, Herr Doktor. Aber danke für den Tipp!“

      „Bitte! Gern geschehen.“

      Holoch ergriff wieder das Thermometer, das er zuvor auf dem Beifahrersitz abgelegt hatte.

      Krüger sah sich unauffällig nach seinen Mitarbeitern um.

      „Etwa sechs Stunden“, ließ Holoch fallen.

      Krüger überlegte kurz. „Also nach Mitternacht.“

      Holoch antwortete nicht, er warf bloß einen vielsagenden Blick über die Schulter.

      Kommissar Krüger rief Erwin Rohr und Michélle Guerin zu sich, um sie auf den neusten Stand zu bringen. Bei Michélle musste er immer noch daran denken, sie nicht mit Frau Steinmann anzusprechen. Ihren Status als seine Nachfolgerin hatte sie zwar auf eigenen Wunsch verloren, aber denjenigen als seine Lieblingsmitarbeiterin keineswegs. Obwohl sich Krüger Mühe gab, es nicht allzu offensichtlich zu handhaben. Nur mit ihr fühlte er sich wohl, wenn er zwanglos über erste Eindrücke oder zufällige Gedankengänge sprach. Wie eine Tennispartnerin spielte sie ihm die Bälle zurück oder ließ sie erst mal im Nirgendwo landen. Ansonsten funktionierte solches nur mit seiner Lebensgefährtin, Elisabeth Graßel. Natürlich durfte er laufende Ermittlungen nicht mit ihr besprechen, aber darüber setzte sich Krüger inzwischen ganz locker hinweg. Die einzige Ausnahme, die er sich bei Dienstvorschriften erlaubte. Meistens jedenfalls.

      Rohr wirkte leicht angewidert. Er versprach natürlich trotzdem, auf Überreste oder mögliche Gegenstände, die zum neuen Sachverhalt passten, besonders zu achten.

      Michélle verhielt sich sehr professionell. Sie nahm Krügers Schilderung scheinbar ungerührt entgegen. Er ließ sich zwar nicht über Einzelheiten aus, fand es jedoch ziemlich schwierig, die richtigen Worte finden. Zum Glück musste Krüger keine offiziellen Erklärungen verfassen. Das blieb Sache seines Chefs, Kriminalrat Peter Vogel. Nicht zum ersten Mal, dass er den nicht um seinen Posten beneidete.

      ***

      Sahra wachte mit starken Schmerzen auf. Die geschwollene Hand lag wie ein fremder Klumpen neben ihr. Weiße, sich rollende Hautfetzen, die sich stückweise vom Fleisch lösten. Schwarze Sprenkel, jeder mit einer eigenen, kegelförmigen Erhebung ausgestattet. Auch an den Stellen ohne Haut. Gelbliche Zwischentöne wiesen auf eitrige Einschlüsse hin. Insgesamt wirkte ihre Handfläche wie eine Landschaft aus pulsierenden Minivulkanen. Den Puls konnte Sahra zwar nicht direkt sehen, aber sie spürte ihn gleichzeitig in ihrem Kopf und in der Hand. Schon bei vorsichtigster Berührung schien in den Kegeln eine lange, unglaublich spitze Nadel zu stecken. Eine kühle Salbe linderte zwar den gröbsten Schmerz. Aber Sahra dämmerte trotz der bleischweren Müdigkeit, dass sie sich ein echtes Problem eingefangen hatte.

      Leichen mit akuten Blutvergiftungen hatte sie bereits mehrere auf dem Tisch gehabt. Eines hatten die alle gemeinsam: Sie waren innerhalb weniger Tage vom kerngesunden Menschen zum Fall für einen Leichenpfleger geworden.

      Ein paar Tage, überlegte sie. Wenn man ab dem Zustand rechnete, in dem sie sich offenbar schon befand, konnte es sich auch bloß noch um ein paar Stunden handeln.

      Ein Gedanke blitzte auf: Eventuell bot sich ihr die Möglichkeit, sich in diesem Fall als Erste, selbst für ihre eigene Aufbahrung zu schminken. Das unwillkürlich hochkommende Lachen über den Einfall artete zum kläglichen Krächzen mit anschließendem heftigem Huster aus. Ein spontaner Ausbruch des Humors, den sie sich im Laufe der letzten Jahre mühsam erarbeitet hatte, dachte sie, nachdem sie wieder normal atmen konnte.

      Aufs Neue dämmerte sie weg. „Nur noch für ein paar Minuten die Augen schließen. Unkraut vergeht schließlich nicht so rasch“, murmelte sie vor sich hin. Nur ganz kurz ruhig liegen und durchatmen. Danach musste sie sich unter allen Umständen um die Sache kümmern.

      4. Kapitel

      Krüger stand am nächsten Morgen wie vorgesehen vor Hahnlosers Haus. Ein in die Jahre gekommenes, grau und abweisend wirkendes Einfamilienhaus mit verwildertem Garten. Von den Fensterläden blätterte der Lack. Kleine Ziegelsplitter, die den Vorplatz mit roten Punkten verzierten, bröckelten vom Dach. So ziemlich das Einzige, das auf dem Grundstück sympathisch wirkte. Die Fensterscheiben zeigten sich verschmiert und gelblich verfärbt, sodass man trotz der fehlenden Gardinen von außen nichts erkennen konnte. Überall lagerten Gegenstände, die ihre Verwendung längst überlebt hatten. Dazwischen einige Stapel Brennholz oder alte Möbel, die wohl auch für diesen Zweck vorgesehen waren. Krüger schwante Schlimmes. Wenn es schon von außen so verwahrlost aussah …

      Trotz der Information, dass Jürgen Hahnloser allein hier lebte, klingelte Krüger mehrmals. Nichts rührte sich.

      Gleich der erste Schlüssel passte. Ein abgestandener Hauch strömte ihm entgegen. Er hatte zwar Handschuhe dabei, aber keine Atemmaske. Sollte er besser sofort abbrechen?

      Er

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