Sahra und Malek. T.D. Amrein
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sahra und Malek - T.D. Amrein страница 8
Krüger schlenderte schließlich doch noch einmal zurück zur Haustür. Mit zwei Tröpfchen Sekundenkleber befestigte er ein Haar an Tür und Rahmen. Eine bewährte Methode. Cyanacrylatkleber hatte er eigentlich immer dabei. Und Haare auf dem Kopf auch.
***
Doktor Holoch hat mitgeteilt, dass Kommissar Krüger doch bitte in die Rechtsmedizin kommen solle, sobald er zurück sei, stand auf einem Notizblatt, das auf Krügers Schreibtisch lag. Sehr dringend konnte es nicht sein, sonst hätte man ihn angerufen, dachte der Kommissar. Andererseits, bei Doktor Holoch wusste man nie.
Krüger zog sich erst einen Kaffee aus dem Automaten, bevor er sich auf den Weg machte. Wenn der gute Doktor es wieder einmal übertrieb mit detaillierten Beschreibungen, Fotos oder sogar Originalpräparaten, konnte Krüger dazwischen einen Abfalleimer für den Becher aufsuchen, um kurz durchzuatmen. Im Reich des Doktors wurde kein allgemeiner Abfall geduldet, um Kontaminationen zu vermeiden. Genaugenommen durfte Krüger auch nichts dergleichen mitbringen, aber wer sollte ihm das verbieten?
Holoch schien sich aufrichtig zu freuen über den Besuch des Kommissars. Kein besonders gutes Zeichen aus Krügers Sicht. Das deutete an, dass der Pathologe eine Entdeckung gemacht hatte, die er als äußerst aufschlussreich und für die Ermittlung bahnbrechend einstufte. Nicht, dass dies noch nie vorgekommen wäre. Aber in neun von zehn Fällen entpuppte sich die große Erkenntnis eher als mittlere Sensation. Oder auch als gewagte Spekulation.
„Sie wollten mich sprechen, Herr Doktor?“, begann Krüger so neutral wie möglich.
Der Doktor nickte eifrig. „Ja, Herr Kommissar. Ich denke, dass ich Sie an meinen Gedanken in diesem Fall teilhaben lassen sollte!“
Krüger schwante Schlimmes. Nicht aus fachlicher Sicht. Aber Holoch liebte ungewöhnliche Details. Wie zum Beispiel eine genaue Beschreibung der Metamorphose einer Dasselfliege vom Ei bis zur ausgewachsenen Made. Bei einem menschlichen Wirt, natürlich.
Krügers: „Dann lassen Sie bitte hören“, klang entsprechend vorsichtig.
Holoch stutzte nur kurz. „Nun ja, ich habe die Schnittflächen, die bei der Entnahme der Testikel entstanden sind, unter dem Mikroskop untersucht. Die Wundränder an sich zeigen sich nicht besonders auffällig. Aber an der Außenhaut des Skrotums haben sich dunkle Rückstände abgelagert, die eigentlich nur von der Klinge während des Schneidevorgangs abgestreift worden sein können. Weil ich mich auch ab und zu mit Mineralien beschäftige, weiß ich, wie Korunde unter dem Mikroskop aussehen. Sie leuchten nämlich in bestimmten Farben. Selbstverständlich habe ich eine Probe an unser Labor gegeben, um das zu verifizieren.“
Krüger entspannte sich etwas. „Und was folgern Sie daraus, Herr Doktor?“
„Korund ist ein absolut übliches Schleifmittel. Moderne Einwegklingen wie Skalpelle oder auch diese weitverbreiteten Klingenmesser schärft schon längst niemand mehr. Höchstens noch normale Küchen- und Fleischermesser. Jedoch kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass ein Solches hier zum Einsatz kam. Unpraktisch und viel zu groß für einen so präzisen Schnitt. Der übrigens auffallend gerade verläuft. Eine schwierige Sache mit der Spitze eines langen Messers.“
Krüger nickte zustimmend. „Dazu in der Enge eines Fahrzeuges und zwischen den Beinen …“
„Trotzdem, die Klinge muss sehr scharf gewesen sein“, fuhr Holoch fort. „Kein gezähntes Messer, keine Scharten. Der Schnitt verlief sozusagen spielend leicht wie durch Butter. Für mich kommt deshalb nach Würdigung aller Details eigentlich nur ein klassisches Rasiermesser infrage.“
„Aber das ist doch auch ziemlich groß“, warf Krüger ein.
„Ja, das stimmt natürlich. Jedoch liegt es gut in der Hand. Es lässt sich leicht und sehr genau führen. Und wenn man gewohnt ist, damit zu arbeiten, versteht man normalerweise ebenfalls etwas davon, wie es zu schärfen ist.“
Krüger fasste sich ans Kinn. „Angenommen, Sie haben recht. Gibt es überhaupt noch eine Branche, die mit solchen Messern arbeitet?“
„Gewisse Friseure, die sich als moderne Barbiere sehen.“
„Ja, aber wer würde denn ausgerechnet auf diese Art auf sich aufmerksam machen?“
„Dass man nur aufgrund der Schleifmittelrückstände auf ein solches Messer schließt, dürfte ein durchschnittlich begabter Ausführender kaum erwartet haben, Herr Kommissar.“
Krüger beließ es bei einem schwachen Schulterzucken.
„Selbstverständlich kann es tatsächlich genau umgekehrt gewesen sein, um uns auf eine solche, in diesem Fall natürlich falsche Spur bringen zu wollen“, fuhr der Doktor fort. „Ein sehr raffinierter Täter könnte das Messer mit Absicht zuvor geschliffen und nicht gereinigt haben. Normalerweise zieht man diese Klingen vor Gebrauch bloß an einem Leder entlang. Es ab und zu richtig zu schleifen, ist allerdings trotzdem unerlässlich. Im Verlauf von etwa zehn Rasuren lässt die Schneide deutlich nach. Ich habe übrigens festgestellt, dass diese Messer bei Nichtgebrauch bald zu rosten beginnen …“
Krüger unterbrach ihn. „Entschuldigen Sie Herr Doktor. Das klingt zwar alles sehr interessant. Und ich möchte mich auch gerne genauer damit auseinandersetzen. Aber ich habe in zehn Minuten einen Termin, den ich nicht verschieben kann. Könnten Sie mir Ihre Ausführungen bitte schriftlich darlegen?“
Holoch sah ihn erstaunt an. „Das habe ich doch längst zu Papier gebracht, Herr Kommissar. Darf ich Ihnen gleich ein Exemplar mitgeben?“
Krüger entspannte sich. „Ich bitte darum!“
Holoch kramte eine graue Dokumentmappe hervor. „Bitte sehr, Herr Kommissar!“
Krüger überlegte kurz. „Weiß schon jemand von der Sache?“
Der Doktor schüttelte den Kopf. „Nein. Sie sind der Erste.“
„Dann belassen Sie es im Moment bitte dabei. Ich möchte mich zuerst eingehender damit beschäftigen. Möglichst bevor das bekannt wird.“
„Aber selbstverständlich, Herr Kommissar, bleibt das unter uns, wenn Sie das wünschen. Und ich freue mich, dass Sie es interessant finden.“
Krüger suchte krampfhaft nach einer Antwort, die dem Doktor gefallen könnte. Ohne Erfolg. Seinen Satz: „Sie verständigen mich, falls das Labor zu einem anderen Schluss kommen sollte, Herr Doktor?“, fand er selbst eher unpassend.
Holoch lächelte