GRABESDUNKEL STEHT DER WALD. Eberhard Weidner
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Er bückte sich und hob das Handy auf, das Markus aus der Hand gefallen war. Er hob es ans Ohr und lauschte, schien jedoch nichts zu hören, denn er zuckte die Achseln, schaltete das Gerät aus und steckte es ein. Dann sah er sich um.
Cora hatte ihn angewiesen, alles so zu lassen, wie er es vorgefunden hatte. Er sollte lediglich die Lichter löschen, wenn er ging, und anschließend Markus’ Leiche verschwinden lassen. Um alles andere hatte sich Cora nach ihrer Rückkehr gekümmert, um es so aussehen zu lassen, als hätte ihr Mann das Haus aus freien Stücken und auf seinen eigenen Beinen verlassen. So hatte sie seine Schlüssel, seine Brieftasche und ein paar Kleidungsstücke verschwinden lassen. Sie hatte sich zwar gewundert, wo Markus’ Handy geblieben war, war allerdings davon ausgegangen, dass Markus es in der Hosentasche gehabt hatte, als Sascha ihn umgebracht hatte, und es dann mit der Leiche im Wald verscharrt worden war. Nun wusste sie wenigstens, was mit dem Handy geschehen war.
Doch wer war am anderen Ende der Leitung gewesen? Und was hatte der Gesprächspartner von dem, was passiert war, mitbekommen?
Cora nahm sich vor, Sascha nach dem Handy zu fragen. Wenn er klug gewesen war, hatte er es entsorgt oder gemeinsam mit Markus im Wald vergraben. Doch da Sascha ihrer Meinung nach dafür nicht clever genug war und ohne ausdrückliche Anweisung gern das Verkehrte tat, bestand auch die Möglichkeit, dass er das Handy noch immer besaß. Wenn ja, dann wäre das ausnahmsweise ein Glücksfall, weil Cora so unter Umständen feststellen konnte, mit wem Markus zuletzt telefoniert hatte.
Doch das war momentan zweitrangig. Wichtiger war die Frage, warum Sascha versagt hatte und Markus noch immer am Leben war. Cora hatte sich von den Videoaufnahmen die Antwort auf diese Frage erhofft, war aber nicht unbedingt schlauer als zuvor.
Markus’ regloser Körper wirkte auf den Aufnahmen zwar tatsächlich wie tot, doch da er nun in Regensburg aufgetaucht war, musste er zwangsläufig noch immer am Leben gewesen sein. Und Sascha hatte schlichtweg zu früh aufgehört, ihn zu erwürgen, und sich täuschen lassen.
Stümper!
Cora beschloss, ein ernstes Wörtchen mit Sascha zu reden, wenn sie in Kürze mit ihm sprach. Denn durch seinen Fehler hatte er ihren ausgeklügelten Plan torpediert und scheitern lassen. Markus war noch immer da, und mit Ausnahme der Tatsache, dass er das Gedächtnis verloren hatte, hatte sie durch die Aktion rein gar nichts gewonnen.
Sie beobachtete, was damals weiter in Markus’ Arbeitszimmer geschehen war.
Sascha bückte sich, hob den schlaffen Körper ihres Mannes hoch, als handelte es sich um ein Leichtgewicht, und wuchtete ihn sich über die linke Schulter. Dann trat er mit seiner Last aus dem Bild und schaltete wie angewiesen das Licht aus, als er das Arbeitszimmer verließ.
Wenigstens tut er, was ich ihm gesagt habe.
Erneut merkte sich Cora die angezeigte Zeit, stoppte das Video und wechselte die Speicherkarte. Dann startete sie das andere Video um dieselbe Uhrzeit, zu der Sascha das Arbeitszimmer verlassen hatte.
Zuerst geschah nichts. Dann wurde es etwas dunkler, weil Sascha die Lichter im Haus löschte, bis nur noch die Lampe im Eingangsbereich brannte. Schließlich kam Sascha ins Bild, den reglosen Körper noch immer geschultert. Ohne sich noch einmal umzusehen, öffnete er die Tür, löschte das Licht und marschierte aus dem Haus, um den vermeintlichen Leichnam in den Ebersberger Forst zu transportieren.
Nun wusste Cora, was in jener Nacht hier im Haus geschehen war und vermutlich schiefgegangen war. Um noch mehr zu erfahren und zu hören, was danach passiert war, war es unumgänglich, dass sie die Funkstille, die sie selbst angeordnet hatte, brach und mit Sascha Kontakt aufnahm. Schließlich gab es, sofern die Polizei sie nicht hereinlegen wollte, gar keinen Mord und daher auch keinen Grund, dass Sascha und sie sich weiterhin voneinander fernhielten. Ganz im Gegenteil, es bestand nämlich enormer Klärungsbedarf. Dennoch wollte sie weiterhin vorsichtig sein, falls die Polizei sie tatsächlich in die Falle locken wollte, und Sascha nicht von hier oder mit ihrem Handy, sondern von einem öffentlichen Telefon aus anrufen.
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