GRABESDUNKEL STEHT DER WALD. Eberhard Weidner

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GRABESDUNKEL STEHT DER WALD - Eberhard Weidner

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sah, würde auch niemand argwöhnen, Sascha könnte etwas mit dem Verschwinden ihres Mannes zu tun haben. Wenn er hingegen ein halbes Jahr nach Markus’ Verschwinden auftauchte, wäre das viel unverdächtiger, schließlich konnte niemand erwarten, dass sie ihrem verschollenen Mann ein Leben lang hinterherweinte.

      Zweitens hegte sie trotz des Fotos, das ihr die Ermittlerin per Mail geschickt hatte, urplötzlich den Verdacht, das Ganze könnte eine ausgeklügelte Falle der Polizei sein. Vielleicht verdächtigte man sie trotz all ihrer raffinierten Vorsichtsmaßnahmen und wollte sie auf diese Weise aus der Reserve locken und dazu verleiten, einen Fehler zu begehen.

      Aber nicht mit mir, Freunde!

      Coras Spiegelbild grinste sie an, während sie sich vornahm, sich weiterhin extrem vorsichtig zu verhalten und nach Möglichkeit keine vermeidbaren Fehler zu begehen. Ob die Polizei sie tatsächlich verdächtigte und auszutricksen versuchte, wusste sie nicht mit Sicherheit, sie beschloss allerdings, bis auf Weiteres so zu tun, als wäre das der Fall. Doch dazu musste sie einen kühlen Kopf bewahren und durfte nicht in Panik verfallen.

      Die überraschende Mitteilung von Anja Spangenberg, ihr Mann, den sie in einem Grab im Wald gewähnt hatte, sei wieder aufgetaucht, hatte ihr einen Schock versetzt und für eine Weile ihren gesunden Menschenverstand ausgeschaltet. Das durfte nicht noch einmal geschehen. Schließlich war es ja nicht so, als wäre Markus von den Toten wiederauferstanden und ein verfluchter Zombie. Nein, für sein Wiederauftauchen musste es eine normale, rationale Erklärung geben. Und die musste sie herausfinden, bevor sie sich überhaupt daranmachen konnte, die nächsten Schritte in Angriff zu nehmen.

      Die wichtigste Frage war daher ganz einfach und lautete momentan wie folgt: Aus welchem Grund war Markus nicht tot?

      Und da Sascha nicht hier war, um ihr Rede und Antwort zu stehen, gab es für sie eigentlich nur eine Möglichkeit, wie sie rasch Licht ins Dunkel bringen konnte.

      2

      Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt hatte, um den ekelerregenden Geschmack nach Erbrochenem loszuwerden, ging Cora eilig zurück in ihr Arbeitszimmer.

      Markus und sie hatten schon immer getrennte Schlafzimmer gehabt, da Markus’ Schnarchen zeitweise die Lautstärke eines Presslufthammers erreichte und Cora von Haus aus einen leichten Schlaf hatte. Zwei Dinge, die unvereinbar waren. Und als sie dann vor sechzehn Jahren in dieses Haus gezogen waren, das über weit mehr Zimmer verfügte, als sie benötigten, weil sie keine Kinder hatten, hatte Cora neben ihrem Schlafzimmer und dem Atelier im Dachgeschoss auch noch ein eigenes, kleines Arbeitszimmer bekommen, in dem sich neben dem Schreibtisch mit ihrem Laptop und mehreren Regalen unter anderem auch ein Wandtresor befand.

      Cora nahm das Bild – eine limitierte Farblithografie von Pablo Picasso – von der Wand, hinter dem sich der Tresor verbarg, und lehnte es am Boden gegen die Wand. Anschließend tippte sie den sechsstelligen Code, den nicht einmal Markus gekannt hatte, in die LED-Tastatur, drückte zur Bestätigung die Taste mit dem Rautenzeichen und drehte den Metallklappgriff, um die Safetür zu öffnen.

      Im Tresor befanden sich ihre persönlichen wichtigen Unterlagen, ihre Sparbücher, etwas Bargeld für den Notfall und ihr Schmuck. Doch all das interessierte sie momentan nicht. Worauf sie es abgesehen hatte, lag auf der rechten Seite im oberen Fach. Sie griff danach und schloss die Tresortür wieder, verzichtete aber vorerst darauf, das Bild wieder davor aufzuhängen.

      Sie wandte sich um und ging zum Schreibtisch. Das Display des Laptops war noch immer aufgeklappt und der Rechner in Betrieb. Cora nahm hinter dem Schreibtisch Platz und öffnete das Speicherkarten-Etui, das sie dem Tresor entnommen hatte. Im Innern befanden sich zwei Speicherkarten, die lediglich mit den Ziffern 1 und 2 beschriftet waren. Sie nahm die Karte mit der 1 und schob sie in das Kartenlesegerät des Laptops.

      Die Daten wurden eingelesen, dann öffnete sich auf dem Bildschirm ein Menü mit mehreren Auswahlmöglichkeiten. Cora entschied sich für die Option, die es ihr erlaubte, den Ordner zu öffnen, um die Dateien anzuzeigen. Einen Augenblick später öffnete sich ein Fenster, und Cora hatte den Inhalt des Datenträgers vor sich. Es gab jedoch nur eine einzige Datei, und bei dieser handelte es sich um eine Videodatei.

      Cora doppelklickte auf die Datei, die den unverfänglichen Namen »Film1« trug, und wartete dann ungeduldig darauf, dass die Aufnahme abgespielt wurde.

      3

      Schon als Cora damals den Plan zur Ermordung ihres Ehemanns und anschließenden Beseitigung der Leiche gefasst hatte, war ihr bewusst gewesen, dass Sascha früher oder später zum Problembären werden könnte.

      Sie konnte sich nämlich partout nicht vorstellen, mit ihm den Rest ihres Lebens zu verbringen und alt zu werden. Als Liebhaber und gelegentlicher Sexualpartner war er aufgrund seiner körperlichen Vorzüge unschlagbar, doch als Lebenspartner wegen seiner intellektuellen Defizite vermutlich ein Reinfall.

      Die entscheidende Frage hatte also gelautet: Wie sollte sie sicherstellen, dass Sascha sie nicht mit seinem Wissen erpresste, wenn sie seiner irgendwann müde wurde und ihm den Laufpass gab. Schließlich hatte er sie in der Hand, denn er brauchte der Polizei nur einen anonymen Hinweis auf den Ort im Ebersberger Forst zu geben, an dem er Markus verscharrt hatte, und einfach behaupten, Cora hätte ihren Mann umgebracht. Sie hatte zwar ein Alibi für den Tattag, doch wenn der genaue Tatzeitpunkt nach mehreren Monaten in der Erde möglicherweise gar nicht mehr feststellbar war, war dieses Alibi nicht mehr viel wert. Sie wiederum konnte dann im Gegenzug schlecht auf Sascha zeigen und ihn des Mordes bezichtigen, ohne ihre eigene Mittäterschaft zu offenbaren. Denn wie sollte sie sonst den Mörder kennen, wenn sie ihn nicht selbst mit dem Mord beauftragt oder ihm – beispielsweise indem sie ihm einen Ersatzschlüssel gegeben und den Code für die Alarmanlage verraten hatte – sogar dabei geholfen hatte.

      Um dem vorzubeugen, hatte sie, bevor sie zu ihren Eltern gefahren war, zwei kabellose Miniatur-Überwachungskameras besorgt und an unauffälligen Stellen in der Wohnung deponiert. Die Kameras schalteten sich zu einem zuvor von ihr einprogrammierten Zeitpunkt ein, filmten alles, was sich in den nächsten Stunden vor ihren Weitwinkel-Objektiven abspielte, in bester HD-Qualität und speicherten die Aufnahmen auf den Micro-SD-Karten.

      Von den Kameras und den Aufnahmen hatte sie Sascha natürlich nichts erzählt. Sie wollte ihn erst dann damit konfrontieren, wenn es irgendwann notwendig werden sollte, um ihn davon abzuhalten, Dummheiten zu begehen. Immerhin würden die Aufnahmen beweisen, dass Sascha in jener Nacht in ihr Haus eingedrungen war und Markus umgebracht hatte. Und Beweise, dass sie ihn dazu angestiftet oder auch nur dazu ermutigt hatte, gab es hingegen nicht.

      Doch so, wie es jetzt, nach dem Anruf der Ermittlerin aussah, hatte Sascha überhaupt keinen Mord begangen, sondern allenfalls einen gescheiterten Mordversuch.

      Cora hatte sich die Aufnahmen bislang noch gar nicht angesehen. Sie hatte zwar erstaunlicherweise keinerlei Skrupel dabei empfunden, den Mann umbringen zu lassen, mit dem sie seit mehr als zwei Jahrzehnten liiert war, doch bei dem Gedanken, den Mord mitansehen zu müssen, hatte sie ein mulmiges Gefühl.

      Doch nun führte aufgrund der neuesten Entwicklungen kein Weg daran vorbei. Sie musste sich die Aufnahmen ansehen, um zu überprüfen, was damals hier im Haus geschehen war und warum Sascha versagt hatte.

      Denn ihr gegenüber hatte er behauptet, dass die Sache erledigt und alles nach Plan gelaufen wäre, als sie ihn auf der Rückfahrt von ihren Eltern von einem öffentlichen Fernsprecher ungefähr auf halber Strecke angerufen hatte.

      Ohne dass es Cora bewusst wurde, vollführte sie mit ihrem Zeigefinger erneut kleine Kreise auf ihrem Kopf und wickelte ihre Haare um ihren Finger. Dann startete endlich die

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