Wenn die Seele "S.O.S." funkt. Dr. med. Hanspeter Hemgesberg
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B. Das Neurotransmitter-/Rezeptor-Modell
In der Pathophysiologie von Ängsten wird die Rolle verschiedenster Neurotransmitter-Systeme (chemische Botenstoff-Systeme) diskutiert.
Es handelt sich dabei um …
1. das GABA-System (Gamma-Amino-Buttersäure-System)
2. das serotonerge System
3. das noradrenerge System
4. sogen. „exzitatorische“ (= Rezeptor-anregende) Aminosäuren ()
5. andere Neurotransmitter ().
Bei der Entstehung von Angst-Störungen spielt u.a. auch die Wahrnehmung körperlicher Symptome eine wichtige Rolle.
Verspürt eine Person Angst, stellen sich bei ihr körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Herzrasen, Schweißausbrüche oder Zittern ein. Diese Symptome deutet der Betroffene subjektiv als Gefahr, was dazu führt, dass die Angst noch größer wird. Durch die damit verbundene Stressreaktion verstärken sich wiederum die körperlichen Symptome.
Es hat sich auf diese Weise ein Teufelskreis der Angst gebildet, der bewirkt, dass die Angst immer weiter zunimmt.
Die Lerntheorie kann auch erklären, warum es im Zusammenhang mit Panikstörungen zu Erwartungsängsten kommt. Tritt eine Panik-Attacke wiederholt auf, bekommt die Person Angst vor weiteren Attacken; es entsteht eine „Angst vor der Angst“.
Wie auch immer:
Infolge der Angst kommt es u.a. zu einer erhöhten Aktivität des aufsteigenden Noradrenergen Systems (s. unten) und auch des Locus coeruleus (s. unten).
Zwischennotiz:
C. Noradrenerges System/Locus coerulus
Es hat seinen Ursprung im Locus coerulus (oder caerulus) – d.i. eine neurophysiologische Struktur und sie ist Teil der Formatio reticularis im Rautenhirn, also im Hirnstamm, gelegen in der vorderen Rautengrube und sie erstreckt sich bis zur Einmündung des Gehirn-Aquaedukts in den 4. Ventrikel; wird unterteilt in 4 Teile –.
Das noradrenerge System projiziert in das für Emotionen besonders wichtige „Limbische System“
Der L.c. bzw. das noradrenerge System spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Orientierung sowie der Aufmerksamkeit und auch bei Stress, Angst und Panik!
D. Ursachen/Auslösende (Lebens-)Ereignisse
für Ängste respektive die Angststörung können u.a. sein:
a. Trennungserlebnisse
b. Biographische Schwellensituationen
c. Traumatische Ereignisse (körperlich, seelisch, geistig - auch kombiniert)
d. Psychosoziale Probleme
e. Körperliche (organische) Erkrankungen
Fazit:
Angst-Störungen entstehen meist durch eine Kombination aus verschiedenen Faktoren.
So kann in seltenen Fällen auch eine genetische Veranlagung (Vulnerabilität) vorliegen, leichter und rascher als andere Menschen mit Angst auf bestimmte Situationen oder Reize zu reagieren. Wenn dann noch weitere Faktoren – z.B. ausgeprägter/anhaltender Stress = Distress und/oder vermehrte Überforderung (physisch, psychisch, neuro-mental), Erschöpfungszustände u.a.m. – hinzukommen, kann dies eine Angststörung auslösen.
Auch schwerwiegende negative Lebensereignisse – z.B. der Tod eines Angehörigen oder ein plötzlicher Jobverlust – sind in vielen Fällen der Auslöser für eine Angststörung.
Einteilung der neurotischen Störungen
Neurotische Störung, Belastungs- und somatische Störung
ist der Ober- bzw. Sammelbegriff für mehrere unterschiedliche Krankheitsbilder (alle im ICD-10 G unter F40-F48), so:
I. Phobische Störungen
[Agoraphobie – soziale Phobie – speztifische (isolierte) Phobie – sonst. phobische Störungen – Phobien nicht näher bezeichnet]
II. Angststörungen
[Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) – Generalisierte Angststörung – Angst & depressive Störung gemischt – andere gemischte Angststörungen – sonst. spezifische Angststörungen – Angststörung nicht näher bezeichnet]
III. Anpassungsstörung
IV. Belastungsstörung
(z.B. posttraumatisch)
Hinweis:
Allen Angststörungen gemeinsam ist, dass …
1. immer eine als beunruhigend erlebte körperliche Erregung besteht
und
2. die Betroffenen sich bemühen, den in der Umwelt oder im Körper liegenden Auslöser der Angst zu vermeiden, d.h. sich durch gezielte Handlungen oder Gedanken der Angst zu entziehen.
Erscheinungsformen der Angst
Angststörung ist nicht gleich Angststörung!
1. Angst-Attacken (meist minutenlang) mit angstfreien Zeiträumen
dazwischen Panikstörung
2. Angst tritt nur bei Konfrontationen mit einem definierbaren
Auslöser auf Phobie
3. Anhaltende Angst oder Besorgnis (nicht situations- und/oder objekt-
gebunden) über mehrere Wochen/Monate hinweg