Jenseits der Tür. Bernhard Höfellner

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Jenseits der Tür - Bernhard Höfellner Kurzgeschichten

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hätte ein neues Opfer gefunden.

      Mittlerweile sehe ich nur noch auf meinem linken Auge etwas. Das Rechte wurde vor kurzem durch das Gespinst ersetzt. Es tat höllisch weh, als sich die Fäden von innen nach außen durch den Augapfel fraßen, aber jetzt, jetzt habe ich keine Schmerzen mehr. Ich weiß noch nicht mal, ob ich noch einen Körper habe. Jetzt kommen die Fäden, um meinen Mund zu schließen,...was ist das? Ich höre ... höre wie ... höre meinen Namen. Jemand schreit meinen Namen! Ich will schreien, antworten. Es sind Stimmen. Die Stimme meiner Frau und ...NEIN! Es sind die Stimmen meiner Kinder. Und das Kläffen unseres Hundes ... Fahrradklingeln! NEIN! NEIN! NEIN! NE ...!

      ENDE

       Der Friedhof

      Wie jeden Tag zur selben Zeit hatte ich meinen Lieblingsplatz auf dem Friedhof eingenommen. Ich wartete auf den seltsamen Mann, der mir, seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Ein Verdacht hatte sich in mir ausgebreitet und ich wollte der Sache nun endlich auf den Grund gehen. Es war ein überraschend warmer Frühlingsspätnachmittag und die Sonne stand tief am Himmel. Vögel zwitscherten, die Hecke, die Sträucher und die Bäumchen auf den Gräbern, alles hatte bereits das erste zarte Grün hervorgebracht. So saß ich da und wartete.

      Die Bank, auf der ich für gewöhnlich saß, steht an einem sanft ansteigenden Hang, an einem breiten Weg zwischen den Grabreihen und bietet eine schöne Aussicht über den Friedhof.

      Von hier konnte ich gut den Eingang sehen, während sich hinter mir die älteren Gräber, vor allem die Grüfte der vornehmeren Familien, bis zu einer dicht gewachsenen Hecke erstrecken.

      Ich mochte den vorderen Teil, der auf den ich gerade sehe. Es ist der freundlichere Teil an diesem Ort. Die älteren Gräber sind oft ungepflegt. Häufig wurden die letzten Mitglieder der dort bestatteten Familien schon vor langer Zeit beigesetzt. Wilde Pflanzen hatten sich ihre Plätze gesucht. Aus zersprungenen Grabplatten wuchs Löwenzahn, wilder Efeu und anderes Gestrüpp und Unkraut. Dicke Wurzeln hatten Grabeinfassungen sowie Grabsteine verschoben. Bei Nebel und nachts war es ein unheimlicher Ort. Ich mied ihn, so gut es ging.

      Während ich so meinen Gedanken nachhing, hatte ich ihn und sein plötzliches Erscheinen, wie gewöhnlich, nicht bemerkt. Er musste über die Gabe verfügen, sich völlig lautlos an Menschen heranpirschen zu können. Was für ein ausgezeichneter Jäger er doch geworden wäre.

      "Wie geht es Ihnen heute?", fragte er ohne seinen Blick von der sich uns bietenden Aussicht abzuwenden. Ebenfalls wie üblich hatte er Brotkrumen in einer Papiertüte für die Vögel dabei. Seine Linke griff automatisch hinein und verstreute mit jedem Wurf eine kleine Menge Krümel auf dem kiesigen Weg. Vögel aller Art versammelten sich augenblicklich um uns und ein wildes Durcheinander an Geräuschen umgab uns. Nach einer kurzen Weile, wir hatten uns während der Fütterung leise verhalten, waren die Brotreste aufgebraucht und die letzten Vögel pickten nach vereinzelten Krumen trockenen Brotes, sagte mein Gast:

      "Sie sind jeden Tag hier!"

      Eine Feststellung.

      "Sie wissen es doch. Sie sind es doch auch!"

      "Ja, das stimmt."

      Wir schwiegen wieder. Dann:

      "Aber wissen Sie, ich hab keine Wahl."

      "Ach?"

      "Ich bin an diesen Ort gebunden, aber warum kommen Sie Tag für Tag hierher?"

      "Wissen Sie, ich habe da eine Theorie."

      "Ach? Wollen Sie diese mit mir teilen?"

      Ich betrachtete meinen Freund, denn als solchen sah ich ihn nach unseren vielen Gesprächen, die wir an diesem Ort, auf dieser Bank geführt hatten, und antwortete:

      "Sie sind das Objekt meiner Theorie!"

      "Ich?"

      Er lachte und er griff in seinen Mantel, um eine Pfeife herauszuholen. Er drückte den Tabak fest, entzündete ihn mit einem Streichholz und zog genüsslich daran. Weißer Rauch drang aus seiner Nase und seinem Mund. Da er schwieg, redete ich weiter:

      "Ich habe mir über Sie eine Theorie zurecht gebastelt und hoffe, Sie können diese bestätigen oder widerlegen."

      "Ich werde es versuchen!", schmunzelte er und zog wieder an seiner Pfeife.

      "Also? Ich höre?"

      "Sie sagen, Sie seien an diesen Ort gebunden. Warum?"

      "Wir alle müssen doch zu einem Ort gehören."

      "Aber ein Friedhof?"

      "Auch nicht schlechter als andere Orte."

      "Aber auch nicht besser!"

      "Das sagen ausgerechnet Sie? Welche Orte meiden Sie, dass Sie so oft zu mir auf den Friedhof kommen?"

      Ich dachte kurz nach. War es so? Mied ich andere Orte und fand mir keinen Besseren als einen Friedhof? Ein kühler Wind strich durch die langen Reihen der Gräber und mich fröstelte.

      "Ich kann heute nicht lange bleiben.", sagte mein Freund.

      "Ach?"

      "Hab noch was zu erledigen."

      Er stand auf, sah mich kurz an und meinte:

      "Sie sollten auch gehen. Kommen Sie nicht mehr hierher. Es ist kein guter Ort zum Verweilen!"

      "Kein guter Ort? Es ist friedlich hier. Ich mag die Aussicht. Ich werde noch ein wenig hier sitzen."

      "Aber die Sonne geht unter."

      "Denken Sie, ich habe Angst im Dunkeln?"

      "Haben wir das nicht alle? Angst im Dunkeln?"

      "Sie sprechen da nicht für mich."

      "Dann hören Sie auf meinen Rat: Meiden Sie den Friedhof. Gehen Sie. Am besten sofort und um Gotteswillen, niemals sollten Sie nachts hier sein."

      "Sie sind ein abergläubischer Mensch?"

      "Ich bin ein vorsichtiger Mensch."

      Er erhob sich, sah mich an, sagte:

      "Nun, ich hoffe wir sehen uns morgen wieder?"

      "Davon gehe ich aus. Übrigens?"

      "Ja?"

      "Wie heißen Sie?"

      "Meinen Namen wollen Sie wissen?"

      "Wir kennen uns nun schon eine Weile und ich halte meine Frage nicht für vermessen. Nun?"

      "Seamus. Seamus O"Dara."

      "Seamus also. Und?"

      "Was denn noch?"

      "Wollen Sie denn gar nicht wissen, wie ich heiße?"

      "Frank. Frank Dooley! Guten Abend."

      Damit

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