B wie Beziehungswelt. Dieter Lüders

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B wie Beziehungswelt - Dieter Lüders

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aufnimmt. Was sich wohl eine Bankangestellte dabei denkt?

      Ein junger Mann kommt mit einem Partnervermittler in die Bank und sagt der vielleicht jungen und attraktiven Bankmitarbeiterin, die vielleicht alleinestehend ist, dass er einen Kredit für die Partnersuche bei ihr aufnehmen möchte. Der Vermittler könnte das auch für ihn sagen, weil er ja zu schüchtern ist, die Bankmitarbeiterin als Partnerin in Betracht zu ziehen.

      Er könnte aber auch bei anderen Banken nach einem Kredit fragen... Eine coole Masche, wenn er nur nicht den Vermittler mitschleppen würde...

      Wie auch immer - ein Institut für Partnervermittlung ist eine legale Unternehmung und zahlt Steuern. Es ist legitim, aber nicht moralisch einwandfrei. Die Anzahl der Teilnehmer ist begrenzt, und es können nur die vorhandenen Kunden vermittelt werden. Manch eine Agentur sucht weitere Partner dann per Inserat. Das dauert und treibt den Preis. Viele füllen damit ihren Pool. Der Karteikasten ist das Maß aller Dinge in solchen Fällen.

      Man kann nämlich nur das vermitteln, was da ist. Und um das zu ermöglichen, bedarf es eines gewissen Wohlwollens. Schönreden, das ist das Stichwort. Woran man selber nicht gedacht hat, das wird möglich, wenn man es nur einmal, von einem wohlwollenden Vermittler, umgedreht zu hören bekommt. Jeder Charakterzug ist wie die Medaille mit ihrer zweiten Seite.

      Es kann gut sein, dass die Frau zehn Jahre jünger ist. Aber gewollt war das nicht. Das Aussehen, der Finanzstatus, alles kann man auch von der anderen Seite sehen. Bei Instituten ist man darin sehr geübt. Selbst zwei Scheidungen sind kein Hindernis, weil ja alle guten Dinge drei sind. Die dreizehnte Hochzeit, sie birgt nur für abergläubische Menschen Unheil, und sie sind doch wohl nicht abergläubisch? Nein, natürlich nicht... Eine Suggestivfrage.

      Diese Beziehung zwischen Partnersuchendem und Vermittler ist eben auch eine Beziehung, und jeder der beiden Parteien hat seine Methoden, wie er sich in dieser Beziehung verhält. Der Vermittler hat seine nächste Rate für das Auto oder sein Haus im Hinterkopf. Auch sein Fernseher müsste mal neu, und wenn er diesen Menschen vermittelt, dann kann er sich vielleicht die dritte Partnervermittlung für diesen Monat in den Kalender schreiben. Sein Umsatzziel. Was vielleicht noch interessanter und unbekannter ist, das ist der Grund, warum man sich einem Dritten offenbart und warum man sich deren Dienst kaufen möchte. In Wirklichkeit wollen Kunden eines solchen Instituts sich oft auch einfach nur aussprechen. Sie wollen ihre Sorge besprechen und erhoffen sich davon eine Lösung. Neutral sind derartige Mitspieler naturgemäß nicht. Sie haben ein Interesse, und das ist etwas anders gelagert als die Einsamkeit des Kunden. Einsamkeit treibt die merkwürdigsten Früchte. Warten und Hoffen genügt vielen nicht. Sie wollen was dagegen tun. Ok, das kann man tun. Aber man sollte sich gewiss sein, dass, wenn die erst einmal anfangen zu reden, man dann sehr schnell in deren Bann gezogen wird. Sollte es tatsächlich klappen, und man wacht nach einigen Jahren einmal auf und fragt sich, wie das alles gekommen ist und wo die Wurzeln sind, dann kann man nur sagen, dass der freundliche Mitarbeiter des Instituts in den Geschäftsräumen der Bank die letzten Zweifel ausgelöscht hat. Möglicherweise hatte man die sechstausend Euro ja auch in bar auf den Tisch legen können. Dann wird man seinem Geld dankbar sein können. Eine glückliche Fügung sieht so nicht aus. Das ist ein harter Eingriff ins Schicksal. Es muss viel gebastelt und improvisiert werden. Und niemand möge hinterher Fragen stellen. Das ist wie bei der Schönheitschirurgie. Alles da, alles an seinem Platz. Aber ein Gesamteindruck ist nicht sichtbar. Es fehlt das Zusammenspiel der Elemente. Das Dazwischen ist nicht da. Es ist Patchwork. Der linke Kotflügel von einem Sportwagen, der rechte von einem Lieferwagen, der Motor von einer Waschmaschine, die Rücksitze vom Sperrmüll, bis alles da ist. Es funktioniert am Ende vielleicht, aber für den geübten Beobachter ist es einfach nur hässlich

      Ein Mann mit einem hohen Bankkonto kann gar nicht hässlich sein.

      Zsa Zsa Gabor

      Der Freundeskreis

      Wohl dem, der einen Freundeskreis hat. Er kann zwei Menschen zueinander führen, er muss es aber nicht. Wem will man dienen? Will man den Freund nicht enttäuschen, nur weil man seinen Partner wegen ihm kennen gelernt hat? Es kommt die Schuldfrage auf, dass der Freund der Buhmann sein kann, wenn die Beziehung nicht hält. Die hab ich doch nur wegen dir kennen gelernt, jetzt mag ich die nicht mehr, und das alles nur wegen dir, ich hasse dich jetzt. Man bürdet sich eine schwere Last auf, wenn man mit gewolltem Vorsatz zwei Menschen zusammen bringt. Es gehört viel Naivität dazu, wenn man Beziehungen stiften will. Ihr passt doch so gut zusammen. Ja, ja. Das denkst du aber nur. Mitfühlen kann eine Person so etwas nicht. Er kann zwar denken, dass zwei zusammen passen, aber das sollte man den beiden immer noch selber überlassen. Deswegen sind es auch nur so wenige, die derartiges versuchen. Man gibt es schnell auf, dass man sich als Partnerinstitut engagiert. Es sei die Ausnahme erwähnt, dass diese Methode auch die beste von allen sein kann. Wenn man seine Freunde wirklich mag, richtig von Herzen, dann mag man auch alles und alle darum herum. Dazu zählen auch die Bekanntschaften. Mischt man da seine eigenen Interessen hinein, dann kann die Sache sehr schnell auffliegen. Ungewollt ist klasse, gewollt ist zum Scheitern verurteilt. Im schlimmsten Fall hört man: Sag ihr, dass ich nicht mehr mit ihr rede. Lassen wir es wie einen Zufall aussehen!

      Für das Wohlbefinden einer Frau sind bewundernde Männerblicke wichtiger als Kalorien und Medikamente.

      Francois Sagan

      Kneipe und Disco

      Alle öffentlichen Orte sind mit dem Zauber des Zufalls behaftet. Hier stecken keine Verabredungen dahinter. Es ist das Wetter, weswegen sich viele Menschen zur selben Zeit im Park aufhalten. Es ist die Uhrzeit, weswegen sich viele Menschen zur selben Zeit in einer Tanzveranstaltung begegnen. In der Kneipe ist man, weil man unter Leute gehen wollte. Da lernt man sich auch kennen. Blicke, Fragen und das Aussehen. Das Verhalten, die Stimmung, die Kleidung. Man macht sich zurecht für den Abend. So kann man an der anderen Person schon ganz gut erkennen, was sie über sich aussagen will. Das Selbstbild kann hier in Szene gesetzt werden. Fremde Selbstbilder bekommt man hier aus erster Hand. Niemand muss sich auf eine Art geben, die er selber nicht unterschreiben kann. Auch Dresscodes kann man variieren. Im Trainingsanzug kann man in die Kneipe gehen. Und gerade heutzutage darf jeder so ziemlich alles anziehen. Ein Galaabend erfordert ein anderes Outfit als ein 80er-Jahre-Abend. Wer tagsüber im Büro oder auf der Baustelle war, der fühlt sich umgezogen ganz anders, und er benimmt sich auch anders. Salopp. Hier gibt es nur den Zwang, dass man sich zwanglos geben sollte. So intensiv man seinem Alltag etwas entgegen setzt - das ist hier die Falle. Man darf nicht das sein, was man tagsüber ist. Es ist Feierabend, und das sollte der zukünftige Partner auch mitgeteilt bekommen. Ein Galaabend erfordert das Gegenteil. Hier muss die Krawatte genauso korrekt gebunden sein wie sonst auch. Es sollte eventuell sogar noch ein Frack sein. Noch mehr Konventionen als am Tage. Dann will man seinen Stand hervor kehren. Leger geht gar nicht, auch nicht mit den Kindern am Strand. Auch dort wird es Regeln geben müssen, an denen man sich auch wieder in seinen Alltag zurückhangeln kann. Niemand geht in die Freizeit und kommt als jemand anderes zurück. Es sind die kleinen Haltepunkte, die man an einem Menschen in der Kneipe oder in der Disco suchen sollte. Das unterschiedet sie wirklich, die Freizeitler. Daran erkennt man, wie sehr sie ihre Rollen wechseln können oder wie sehr sie ihre Rolle nicht verlassen können. Wer überhaupt in eine Kneipe geht, der ist schon entlarvt. Was er dann noch von sich zeigt, das erzählt den Rest. Wer lieber ins Theater geht, der sitzt dort in Reihe soundso Sitz soundso und lässt sich unterhalten. Es sei denn, es ist ein Improvisationstheater. Da kann man mitwirken und sich mehr oder weniger zur Schau stellen. Es ist schon mal ein gemeinsamer Punkt des Interesses, wohin man sich am Abend begibt - ob man aus eigenem Interesse dort ist oder nur wegen der Partnersuche. Das fiele auf, das ginge nicht gut. Es gibt Veranstaltungen, da ist man nur, um Kontakte zu knüpfen, so wie Fisch sucht Fahrrad. Aber das ist gestellt. Jeder weiss, dass der andere hier eine selbstgemachte Fassade zu Markte trägt. Oh, alle nur da, um einen

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