Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 3. Rudolf Cronau

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Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 3 - Rudolf Cronau gelbe Buchreihe

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einzelne Truppenabteilungen, welche die von den Franzosen und Engländern erbauten Forts besetzten, an anderen geeigneten Stellen neue Befestigungen anlegten und so überall Stützpunkte schufen, von wo aus die Besiedlung des Ohiogebiets in gesicherter Weise erfolgen konnte.

      Solche Stützpunkte waren die Forts Pitt, Campus Martius, Steuben, Washington, Defiance, Recovery, Sandusky, Detroit, St. Joseph, Adams, Wayne und andere. Im Jahre 1803 legte der Artillerieleutnant J. Swearingen, der Sohn eines zu Schäferstown in Virginien lebenden Deutschen, an der Mündung des Chicagoflusses in den Michigansee das Fort Dearborn an, welches mehrere Jahre später infolge der Abschlachtung seiner Bewohner durch feindliche Indianer eine traurige Berühmtheit erlangte.

       Diese aus rohen Baumstämmen aufgeführten, mit Holztürmen und Palisaden versehenen Forts dienten zugleich als Stationen für den Pelzhandel wie als Niederlagen, wo die Trapper und Ansiedler Waffen, Munition, Fallen, Kochgeschirre, Kleider, Ackergeräte und alle anderen Notwendigkeiten gegen die erbeuteten Pelze oder den Überschuss ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse eintauschen konnten.

      Nachdem auf diese Weise den dringendsten Forderungen der Sicherheit Rechnung getragen war, schritt die Besiedlung des Ohiogebiets rasch vorwärts. Trotz der unbeschreiblichen Mühseligkeiten, die das Überschreiten der rauen Gebirgsketten mit sich brachte.

      Eine im Jahr 1784 entworfene Karte Kentuckys zeigt bereits fünfzig Forts, acht Niederlassungen und zahlreiche, aus mehreren Blockhütten bestehende „Stationen“. Vornehmlich an den Ufern der Ströme entfaltete sich reges Leben. Denn die meisten Einwandrer zimmerten, sobald sie die Gebirge hinter sich hatten und an schiffbare Gewässer kamen, Flöße oder sogenannte „Flachboote“ und „Archen“, geräumige Fahrzeuge mit hüttenartigen Aufbauten, die den Reisenden nachts und bei unfreundlichem Wetter als Unterkunft dienten.

      Der erste Flachbootschiffer auf dem Ohio war der Deutsche Jakob Joder. Er fuhr im Jahre 1757 den Strom hinab.

       Die Habseligkeiten und das mitgeführte Vieh waren im Hinterteil des Fahrzeugs untergebracht. Zwei mächtige, auf dem Dach der Hütte befestigte Ruder, die „broad horns“, dienten dazu, das schwimmende Farmhaus im Fahrwasser des Stroms zu halten. So ließ man sich oft wochenlang die Flüsse abwärtstragen, bis man an Plätze kam, die dem Geschmack der Reisenden zusagten und durch ihre Lage und Umgebung gute Aussichten für die Zukunft boten. Dann wurde das Fahrzeug ans Ufer gesteuert, zerlegt und zum Bau der Hütten verwendet. Auf solche Weise entstanden am Ohio und seinen Nebenflüssen zahlreiche Orte, deren Bevölkerung aus englischen, deutschen, schottischen, irischen, französischen, holländischen und indianischen Elementen bestand. An vielen Orten zählten Deutsche zu den Gründern. Major Benjamin Steitz und Mathias Denman besaßen z. B. im Jahre 1788 den größten Teil des Bodens, auf dem Cincinnati erbaut wurde. Einem deutschen Helden des Unabhängigkeitskrieges, Major David Ziegler, fiel die Ehre zu, im Jahre 1802 als erster Bürgermeister des Dorfs gewählt zu werden.

Grafik 144

      Ein Fort des 18. Jahrhunderts

      Israel Ludlow gründete in Gemeinschaft mit einigen Amerikanern im Jahre 1795 Dayton; Ebenezer Zane (Zahne) 1796 Zanesville und Neu-Lancaster.

      Die Namen der in den Staaten Ohio, Indiana, Kentucky und Tennessee gelegenen Orte Frankfort, Potsdam, Hannover, Germantown, Berlin, Minster, Freiburg, Glandorf, Wirtemberg, Osnaburg, Speyer (Spires), Bern, Geneva, Saxon, Oldenburg, Hermann, Ferdinand, Betzville, Baumann, Neu-Elsass, Bremen, Wartburg und viele andere verraten schon durch ihren Klang die deutsche Herkunft ihrer ersten Besiedler. Deutsche gründeten auch die Stadt Steubenville, deren Namen an den berühmten Organisator des amerikanischen Heeres erinnert.

      In der Folge wurden die Täler des Ohio und seiner Nebenflüsse, insbesondere auch die vom Mohawktal nach Buffalo, Cleveland, Pittsburg und Detroit führenden Straßen zu einem Hauptsiedlungsgebiet der Deutschen in Nordamerika.

       Es war hauptsächlich das junge unternehmungslustige Volk der östlich von den Alleghanys bestehenden älteren Niederlassungen, das sich hier ansiedelte, um, wie die Väter es getan, im Urbarmachen neuer schöner Landschaften die eigne Kraft zu proben.

      Gestärkt wurde es später durch stetig wachsende Scharen aus Deutschland kommender Einwandrer. Gemeinschaftlich verliehen diese Deutschen zahlreichen Plätzen jenes eigenartige Gepräge, das die ältere deutsche Einwandrung manchen Teilen der Oststaaten aufgedrückt hatte. In friedlichem Wettbewerb mit ihren Mitbürgern anglo-amerikanischer Abkunft halfen sie im Lauf der Jahrzehnte die ungeheure, vom Stromsystem des Ohio bewässerte Wildnis in jene Gefilde verwandeln, die heute zu den ertragreichsten der ganzen Union gehören.

      Wie die Deutschen im Osten sich vielfach als Pioniere der Industrie und des Handels zeigten, so trugen sie auch zur industriellen Entwicklung des Ohiogebiets in reichstem Maße bei. Kaum war Louisiana in den Besitz der Amerikaner übergegangen, so wendeten sie ihre Aufmerksamkeit der wichtigen Frage zu, wie die weite Entfernung nach der zum Hauptstapelplatz für alle Ein- und Ausfuhrgüter werdenden Stadt New Orleans am raschesten zurückgelegt werden könne.

Grafik 142

      Cincinnati im Jahre 1802

      Der Verkehr mittels der Flöße und Flachboote war äußerst langwierig. Obendrein konnte man diese Transportmittel nur für eine einzige Reise flussabwärts benutzen, da mit solchen Fahrzeugen unmöglich gegen die starke Strömung des Mississippi angekämpft werden konnte.

Grafik 143

      Ein Flachboot auf dem oberen Ohio

      Zur Rückfahrt mussten die Mannschaften stets leichte Kanus verwenden.

      Auch die Rundreisen der später an Stelle jener Flachboote tretenden Kielboote gestalteten sich überaus langwierig. Zwischen den beiden äußersten Punkten, Pittsburg und New Orleans, dauerten sie gewöhnlich ein volles Jahr. Diese lange Zeit wurde auf die Hälfte verkürzt, als der ehemalige Rheinschiffer Heinrich Bechtle im Auftrag des in Cincinnati lebenden Kaufmanns Martin Baum mehrere Segelbarken baute, die zur Rundreise nicht mehr als sechs Monate benötigten.

       Deutsche gaben auch die erste Anregung zur Anlage des die Ohiofälle umgehenden Kanals bei Louisville. Ein Deutscher namens Bernhard Rosefeldt baute ferner das erste Dampfschiff der westlichen Ströme. Es erhielt den Namen der Stadt New Orleans und legte seine erste Reise dorthin im Jahre 1811 zurück.

      Die Entdeckung der unerschöpflich reichen Kohlen- und Eisenerzlager im Ohiogebiet hatte die Übertragung der Eisenindustrie dorthin zur Folge. Wie auf der Ostseite der Alleghanygebirge, so halfen die Deutschen auch hier diese Industrie mächtig entwickeln. Der bei Strasburg geborene Georg Anschütz wurde durch Anlage einer Schmelze im Jahre 1792 der Pionier der Eisenindustrie Pittsburgs. Der kluge deutsche Geschäftsmann Jakob Meyers aus Baltimore errichtete um dieselbe Zeit am Slate Creek in Kentucky ein Schmelzwerk, wo außerdem allerlei Bedarfsgegenstände, Werkzeuge, Öfen, Kochtöpfe, Geschützläufe und andere Dinge hergestellt wurden. Anfangs litten die Arbeiter freilich so sehr unter den Nachstellungen der Indianer, dass die Hälfte der Leute stets Waffendienst verrichten musste. Deutsche namens Schreeve gründeten auch im Greenup County einen Hochofen mit Dampfgebläse, der von 1824 bis 1860 in Betrieb war.

      Mit dem immer mächtiger anschwellenden Strom der Einwandrung verbreiteten die Deutschen sich über das ganze südlich von den großen Seen liegende Gebiet. Sie befanden sich unter den ersten Bewohnern der Städte Indianapolis, Louisville, Knoxville, Nashville, Chicago, Peoria und Milwaukee und erwarben überall durch Fleiß, Ausdauer und Ordnungsliebe die Achtung ihrer Mitbürger. Dass sie durch ihre Erfolge sogar den Neid minder glücklicher Mitbewerber herausforderten,

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