Feinde des Lebens. Johannes Anders

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Feinde des Lebens - Johannes Anders Sternenlicht

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ein anderes Besatzungsmitglied mehr herausgefunden hatte? Zaya wohl nicht. Die stand über solchem Klatsch und Tratsch, als Kommandantin würde sie nie die Privatsphäre der Besatzungsmitglieder verletzen. Aber vielleicht konnte Neno helfen. Der kümmerte sich zwar kaum um jemand anderen als um sich selbst, stand aber im Ruf ziemlicher Trinkfestigkeit.

      „Kannst du Swo nicht zu einem Space-Sherry-Gelage überreden?“, fragte sie ihn. „Vielleicht verplaudert er sich, wenn er besoffen ist, und gibt das Geheimnis seines Glücks preis?“

      „Das glaube ich kaum“, wandte Neno ein. „Er mag zwar Sherry, aber er ist auch unglaublich stur. Wer etwas für sich behalten will, tut er das. Frag lieber Storm, vielleicht weiß die noch was!“

      Gael seufzte.

      „Ich weiß“, sagte Neno, „Storm ist schwierig, man redet nicht gerne mit ihr. Aber sie ist nicht mehr so schlimm wie früher.“

      „Man sieht ihr ja nicht einmal an, ob gerade Eden Sturm oder der Coach durch ihre Lippen spricht.“

      „Das stimmt zwar, aber einen Versuch ist es wert. Der Coach weiß alles über die Besatzung, schließlich hat er uns lange Zeit psychologisch betreut.“

      „Nur ist er sehr streng mit dem Datenschutz. Er beteuert ja, dass er nicht mal Eden vertrauliche Informationen über uns gibt, obwohl sie quasi seine andere Hirnhälfte ist.“

      „Ja, stimmt natürlich. Dann frag doch Eden. Vielleicht hat sie etwas über Swo aufgeschnappt?“

      „Ach, die interessiert sich doch nur für ihre Lichtwerfer und den Overkill.“

      Trotzdem war Eden ein Ansatzpunkt, um mehr über Swo zu erfahren. Immerhin pfiff sie auf Vorschriften, also wahrscheinlich auch auf den Datenschutz.

      Leider war es schwer, Eden Sturm unter vier Augen zu sprechen, denn sie schob endlose Schichten, bei denen sie sich mit Coach Juli abwechselte, indem sie immer eine Hirnhälfte schlafen schickte. Man witzelte schon, dass die beiden die Brücke nie mehr verlassen würden. Womöglich konnte man aufgrund ihrer Dauerschichten bald ein anderes Besatzungsmitglied einsparen. Nur selten gönnten sie ihrem gemeinsamen Körper Erholung.

      Gael passte einen solchen Moment ab und summte an der Kabine der Armierungsoffizierin. Dabei verfluchte sie ihre brennende Neugier, die sie dazu anstiftete.

      „Ja?“, ertönte es aus dem Wandlautsprecher.

      „Gael Klein hier. Ich mache mir Sorgen um Bordingenieur Swo.“

      „Ich coache nicht mehr.“

      Mist. Offenbar war gerade Coach Juli am Ruder. Gael wollte sich schon abwenden, als sich die Kabinentür öffnete. Zögernd trat sie ein.

      „Was ist denn mit dem Bordingenieur?“, erkundigte sich Coach Juli, der das Coachen wohl doch noch nicht ganz lassen konnte.

      „Er schwebt seit drei Tagen mindestens zehn Zentimeterüber dem Boden, so glücklich ist er. Ich befürchte, er nimmt Drogen!“

      „Er nimmt keine Drogen.“

      „Was ist es dann?“

      „Das kann ich dir sagen.“

      „Ernsthaft? Du kannst es mir einfach sagen? Ich war schon bei ALLISTER. Der hat was von Datenschutz gefaselt. Und du sagst es mir einfach?“

      „Ja, kein Problem. Man muss nicht Swos persönliche Daten hacken, um die Quelle seines Glücks zu erfahren. Die Information ist öffentlich zugänglich, auch wenn ALLISTER sie noch nicht gelesen hat. Er ist ja nur ein Bordcomputer. Hier, mit dem letzten Datenupdate kam auch die neue Scientific Sternenlicht.“ Coach betätigte seinen Armcomputer und ließ das Magazin als Holo zwischen ihnen aufleuchten. „Moment …“ Er blätterte darin.

      Gael riss es fast den Boden unter den Füßen weg. Swo, der nachlässige, faule Bordingenieur mit dem Mundgeruch und dem notorischen Frittenfleck auf der Uniform einen Preis gewonnen. Der Wissenschaftsrat hat ihm für die Erforschung der schirmbasierten Lichtumleitung den begehrten neuen Fluk-Rosen-Award verliehen. Tatsächlich hatte er eine mehr schlecht als recht funktionierende Tarnvorrichtung gebaut, die Menschen oder Dinge weitgehend unsichtbar machen konnte. Gael war überzeugt, dass der Mistkerl nur zufällig auf diese glanzvolle Idee gekommen war. Keinesfalls hatte er sie sich hart erarbeitet und einen Preis dafür verdient.

      „Da staunt der Fachmann und der Wunde leiert sich!“, kalauerte Swo, der plötzlich neben ihr stand.

      Gael fuhr erschrocken zur Seite. Offensichtlich hatte sich der Schwachkopf mit seiner Lichtumleitung in die Kabine geschlichen, als Gael eingetreten war. Das bedeutete, dass er ihr schon eine Weile gefolgt sein musste.

      „Stalkst du mich etwa?“

      „Und was ist mit dir? Warum fragst du jeden, ob ich Drogen nehme?“

      „Bei mir ist das ganz was anderes!“

      *

      Raumsektor 412/Delta ... Basis Omega 3 wankte. Dicke Brocken regneten von der Decke. Noch hielt die Verteidigungsstellung, aber die Schüsse der Invasoren erschütterten sie bis in den Grund. Die Soldaten der mobilen Infanterie zogen sich zurück. Charlene und Eden warfen sich hinter ein mächtiges Betonbruchstück, um nachzuladen.

      „Das wird nicht gut ausgehen“, hörte Eden Charlenes keuchende Stimme im Helmlautsprecher.

      Ein weiterer schwerer Treffer brachte die Planetenbasis ins Wanken. Die schnell wechselnden Schwerkraftfelder der Angreifer zerrissen krachend Teile der Panzerung.

      „Wenigstens sterben wir gemeinsam“, antwortete Eden.

      Ein weiterer Treffer hob den Boden und warf Eden auf den Rücken. Wie in Zeitlupe sah sie ein riesiges, scharfkantiges Metallteil von oben herunterfallen und immer näher kommen.

      Plötzlich saß sie schreiend im Bett.

      Als sie an sich hinuntersah, war ihre rechte Seite eine Prothese.

      Schon wieder ein Alptraum?, mischte sich Coach Juli in ihre Gedanken. Was war es diesmal? Kriegserinnerungen oder die Vlock?

       Kriegserinnerungen, dachte Eden. Immer wieder die Szene, in der ich in zwei Teile geschnitten werde. Kannst du mich nicht ausnahmsweise mal … ach, vergiss es.

       Ich kann dich nicht wecken, wenn du Alpträume hast. Du musst träumen, um die Erlebnisse zu verarbeiten.

       Ich habe die Sachen im Grunde schon verarbeitet.

       Deine Träume sprechen eine andere Sprache, genau wie deine Prothese.

       An meiner Prothese ist nichts auszusetzen.

       Du weißt, dass es etwas Besseres für dich gibt. Du siehst aus wie eine halbe Maschine. Aber ich akzeptiere, dass du das als Anker in deine Vergangenheit brauchst, um dein Trauma zu verarbeiten.

       Ich brauche keinen Anker.

       Es ist nichts Schlimmes daran, dass man an seinem Trauma arbeitet.

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