Veyron Swift und das Juwel des Feuers. Tobias Fischer

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Veyron Swift und das Juwel des Feuers - Tobias Fischer Veyron Swift

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an Gemeinheiten zwischen den beiden Erwachsenen zu verhindern. Er machte einen Schritt in das Arbeitszimmer und versuchte, irgendeinen Hinweis in dem Chaos zu finden. »Sind Sie Übersetzer?«

      Swift blickte ihn an, und Tom konnte erkennen, wie er darüber nachdachte, ob er ihm alles erzählen oder doch besser verschweigen sollte. Veyron Swift entschied sich für den Mittelweg. »Wie Willkins Ihnen sicher schon sagte – denn das tut sie immer –: Ich helfe der Polizei, gewisse Dinge aufzuklären. Aber das jetzt genauer mit Ihnen zu erörtern, würde zu viel Zeit beanspruchen.«

      »Also sind Sie doch so eine Art Sherlock Holmes. Sie sind Privatdetektiv, der hinzugerufen wird, wenn die Polizei nicht weiterkommt.«

      »Nein, ganz entschieden nein. Ich bin weder Privatdetektiv noch Berater für Kriminalistik. Ich beschäftige mich mit … nun, das werden Sie schon noch sehen; hoffe ich zumindest. Man weiß nie, wann ein neuer Fall auftaucht, der in mein Fachgebiet fällt. Manchmal passiert monatelang gar nichts, und mir bleibt nichts anderes zu tun, als mich zu langweilen«, meinte Swift. Seine letzten Worte klangen fast ein wenig resigniert. Er setzte sich wieder hinter den kleinen Schreibtisch.

      »Nennen Sie mich doch einfach Tom. Das spart Zeit, und von der haben Sie ja nicht genug, wie Sie sagen«, frotzelte Tom frech.

      Swift drehte sich um, warf ihm einen prüfenden Blick zu und begann, breit und spitzbübisch zu grinsen. Tom hätte diesem ernsten, falkenhaften Gesicht eine solche Regung gar nicht zugetraut. »Einverstanden. Du darfst mich Veyron nennen, solange du nicht vergisst, dass dies hier mein Haus ist und alles meinen Regeln folgt. Jetzt entschuldige mich, ich habe noch zu tun.« Mit diesen Worten wandte sich Swift wieder dem Schreibtisch zu und begann, einige mit farbigen Substanzen gefüllte Reagenzgläschen zu sortieren. Er beachtete seine Besucher gar nicht mehr weiter. Jane drehte sich nach einer Weile unschlüssigen Wartens um und verließ kommentarlos den Raum.

      Tom brachte noch ein halblautes »Bye« über die Lippen, bevor er ihr nach unten folgte. Aus den Augenwinkeln konnte er noch erkennen, wie Veyron Swift verwirrt den Kopf hob, als hätte ihn diesmal wirklich etwas überrascht.

      Jane verabschiedete sich vor der Haustür und wünschte Tom alles Gute. Sie versprach, schon bald wieder nach ihm zu sehen. Anschließend fasste sie ihn noch einmal eindringlich an den Schultern. »Versprich mir eines: Egal, wie schlimm es wird, lauf auf gar keinen Fall weg. Wenn es Probleme gibt, ruf mich an oder komm zu mir.«

      Tom versicherte ihr, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche. Er würde mit Veyron schon irgendwie klarkommen, immerhin war er ja schon vierzehn Jahre alt und kein kleines Baby mehr. Und Veyron mochte Michael genauso wenig wie er selbst, was ihn gleich sympathischer machte. Das sagte Tom ihr natürlich nicht.

      »Pass auf! Veyron Swift ist ein aufgeblasener, arroganter Wichtigtuer. Es macht ihm Spaß, die Schwächen anderer Leute auszuforschen und sie ihnen in den unpassendsten Gelegenheiten um die Ohren zu hauen. Ihm wird schnell langweilig, darum lässt er sich ständig auf irgendwelche verrückten Abenteuer ein, und mit dem Gesetz nimmt er es auch nicht so genau. Inspektor Gregson mag darüber hinwegsehen, weil er ihm hin und wieder aus der Patsche hilft.«

      Sie war immer noch wütend, und Tom konnte sehen, wie sie um Beherrschung rang. »Zumindest scheint es nicht langweilig zu werden«, meinte er mit einem Schulterzucken und einem heiteren Lächeln. Die beabsichtigte Wirkung auf Jane ging jedoch daneben.

      Sie seufzte und sagte, dass er keine Ahnung hätte. Dann wünschte sie ihm viel Glück, drehte sich um, stieg ins Auto und fuhr davon.

      Tom ging zurück ins Haus. Mrs. Fuller zeigte ihm sein Zimmer. Es lag im Dachgeschoss und glich einer kleinen Wohnung. Die Westwand war ein einziges, großes Fenster und bot einen guten Überblick über die ganze Nachbarschaft. Sein Bett stand unter den dicken, dunklen Holzbohlen der Dachschräge, die Kommode stand auf der anderen Seite. Hier würde es sich aushalten lassen.

      Den Rest des Tages bekam er Swift nicht mehr zu Gesicht. Darum ging er nach unten in die Küche und versuchte, Mrs. Fuller über Veyron auszufragen. Die hilfreiche Nachbarin, zuvor noch die reinste Klatschtante, zeigte sich jetzt unerwartet verschwiegen. Sie ließ Tom nur wissen, dass Veyron ihr einmal aus einer besonderen Notlage geholfen hatte. Sonst verlor sie kein weiteres Wort über seinen Beruf, oder was er so den ganzen Tag machte, abgesehen von seinen »Flausen«, wie sie das nannte. Als Mrs. Fuller schließlich nach Hause ging, nicht ohne das Versprechen, pünktlich zum Abendessen etwas rüberzubringen, war Tom allein in dem großen Haus. Er ging wieder hinauf zu Veyrons Arbeitszimmer, fand die Tür allerdings abgeschlossen vor. Veyron reagierte weder auf sein Klopfen noch auf die Anfrage, ob er hereindürfe. Nach dem Abendessen zog sich Tom in sein Zimmer zurück, nahm ein Buch zur Hand und blätterte gelangweilt vor und zurück, bis er schließlich einschlief. Er hoffte, dass die kommenden Tage besser und auch aufregender werden würden.

      Am nächsten Morgen war Tom für seine Verhältnisse früh auf. Wenn er in einem fremden Bett schlief, brauchte er immer ein paar Tage zur Eingewöhnung. Er ging hinunter ins Erdgeschoss, wo er Veyron in der Küche beim Frühstück antraf.

      »Guten Morgen, Veyron.«

      »Ah ja, Tom. Guten Morgen.«

      »Darf ich Sie was fragen?«

      »Wenn es unbedingt sein muss.«

      »Warum sind Sie mein Pate? Kannten Sie meine Eltern überhaupt?«

      Tom sah, wie ein kurzes Zucken durch Veyron ging. Sein Patenonkel lehnte sich in den Küchenstuhl zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schwieg einen Augenblick. »Ja, ich kannte sie. Wir waren Nachbarn, deine Mutter und ich. Sie hieß noch Evans, als ich sie zuletzt sah. Das war vor über vierzehn Jahren. Schließlich begann ich mit meinen Studien und bin fortgezogen«, erklärte er langsam, als müsste er genau abwägen, was er preisgab.

      Tom wurde neugierig. »Kannten Sie meine Mutter gut?«

      Veyron schwieg erneut, diesmal länger. »Flüchtig«, brummte er, drehte sich kurz um und warf einen Blick auf die Uhr.

      Tom spürte, wie unangenehm Veyron dieses Thema war, aber er musste einfach weiterfragen. »Wie konnten Sie dann mein Pate werden, wenn Sie meine Eltern kaum kannten? Ich habe sie jedenfalls nie von Ihnen reden hören. Warum haben Sie sich nie gemeldet? Ich versteh das alles nicht.«

      »Es gibt eine Menge Dinge auf der Welt, die du nicht verstehst. Ich zitiere Matthäus: Beati pauperes spiritu. Selig sind die Armen im Geiste. So, jetzt muss ich weg. Ein Klient wartet draußen in Potters Bar auf mich. Erwarte meine Rückkehr nicht vor heute Nacht. Du kannst fernsehen, wenn du willst – oder lies irgendein Buch. Im Wohnzimmer gibt es genug davon.« Seine Stimme war jetzt wieder schnell und bestimmend geworden. Mit einem Satz war er auf den Beinen, huschte nach draußen, klopfte Tom im Vorbeigehen auf die Schulter, und schon war er zur Haustür hinaus.

      Das blieb für die kommenden Tage ihr längstes Gespräch. Tom bekam Veyron danach kaum mehr zu Gesicht. Genau wie angekündigt war er entweder schon außer Haus, wenn Tom aufwachte, oder aber er verließ sein Studierzimmer nicht; außer wenn er mal auf die Toilette musste.

      Nachdem auf diese Weise eine ganze Woche verstrichen war, fragte sich Tom, ob ihm Veyron seit ihrem kurzen Gespräch absichtlich aus dem Weg ging. Hatte er irgendeinen wunden Punkt berührt, als sie über seine Eltern sprachen? Das erinnerte ihn wieder voller Schmerz daran, wie es war, ausgeschlossen und gemieden zu werden.

      Irgendwie, dachte er mit einer gehörigen Portion Resignation, kommt es mir so vor, als wird das hier genauso trostlos wie bei Priscilla. Ich werde abhauen, wenn es noch schlimmer wird.

      Jane

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