Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg. Gerstäcker Friedrich
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Читать онлайн книгу Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg - Gerstäcker Friedrich страница 13
Zwei oder drei Miles von Sidney entfernt, überholte er endlich einen andern Fußgänger, denn den übrigen Trupps und Schwärmen, von denen schon oft ein Theil stark angetrunken war, hatte er sich nicht weiter nähern mögen. Auch an diesem einsamen Wanderer schritt er mit leichtem Gruß vorbei - aber der Mann hatte in seinem ganzen Aeußern etwas so Eigenthümliches, daß er unwillkürlich nach ihm zurücksah, noch eine Weile weiter schritt, und dann seinen Gang hemmte, um wieder von ihm überholt zu werden.
Es war eine schlanke, fast schmächtige Gestalt, mit ziemlich bleichen, aber höchst interessanten Gesichtszügen, großen schwarzen Augen und dunkelbraunen, langen lockigen Haaren. Der Mann ging auch nicht wie ein Miner gekleidet. Er trug kein rothwollenes Hemd, keine Wasserstiefel und keinen californischen Hut, sondern dunkle städtische Kleidung, einen Seidenhut und einen Regenschirm, und nur auf dem Rücken einen kleinen, sauber gearbeiteten Tornister, der wenig mehr bergen konnte, als eben etwas reine Wäsche, wie denn auch sein ganzes Aeußere viel Sauberkeit verrieth.
Und was wollte der Mann in dem Anzug oben in den Minen? Hafften beschloß, jedenfalls eine Unterhaltung mit ihm /51/ anzuknüpfen. Verlassen konnte er ihn ja jeden Augenblick wieder, sobald ihm die neue Gesellschaft nicht länger behagte.
Der junge Fremde kam wieder näher.
„Wir haben ein Ziel?" sagte Hafften in englischer Sprache, indem er leicht an seinen Hut griff.
„Wie alle Menschen," sagte der junge Mann, den Gruß freundlich erwidernd - „ein Ziel, das der Eine leichter, der Andere mit etwas größerer Mühe erreicht - aber dahin - kommen wir Alle."
„Ich sprach nicht von dem letzten," lächelte Hafften, „aber auch unser nächstes scheint dasselbe zu sein, denn allem Vermuthen nach ziehen Sie doch ebenfalls in diese fabelhaften Berge auf Abenteuer aus - und wenn nicht das, wollen Sie sich doch, wie ich, den Platz einmal betrachten."
„Er ist mir nicht mehr neu," sagte der junge Mann, indem er neben seinem neuen Reisegefährten hinschritt, - „seit vielen Jahren schon habe ich oben in Bathurst gewohnt und jene Berge nach allen Richtungen hin durchwandert."
„In der That?" rief Hafften überrascht, „und hatten Sie nie eine Ahnung, daß sie so reiche Schätze bergen?"
„Daß sie Schätze bergen? - wer hat je daran gezweifelt," sagte der junge Mann, „und manches Geheimniß liegt noch tief in ihrem Schooß verborgen, aber daß gierige Menschenkinder je in solcher Masse mit Schaufeln und Hacken ausströmen sollten, sie zu durchwühlen, hätt' ich nie gedacht."
„Und gehören wir Beide jetzt nicht auch dazu?" lächelte Hafften.
„Ich nicht," sagte der Fremde ruhig - „ich ziehe mit hinauf, ja, aber nicht, um dort oben mit zu graben. Das Wenige, was ich brauche, hab' ich, mehr verlang' ich nicht; aber es ist immer interessant, die Leidenschaft der Menschen, wenn sie einem angeschwollenen Bergstrom gleich an uns vorüber tobt, von sicherer Stelle aus beobachten zu können - und das Schauspiel wird uns dort in reichem Maße geboten werden."
„Es ist aber eine verwünscht verführerische Geschichte," lachte Hafften, „und einem Hazardspiel am grünen Tisch nicht unähnlich, wo auch Fischblut dazu gehört, einen ganzen Abend daneben zu stehen und nicht einmal selber mit der Hand in 52/ die Westentasche zu fahren. Ich hab' es schon in Kalifornien mit durchgemacht und möchte es keinenfalls verschwören, daß ich mich hier nicht ebenfalls wieder verleiten ließe - trotz aller früheren bitteren Erfahrungen - noch einmal Hals über Kopf in eben den Strudel mit hinein zu springen."
Sein bleicher Begleiter lächelte leise und verächtlich vor sich hin und sagte:
„Ich bin sicher - Gold hat für mich nie einen Reiz gehabt und könnte ihn schwerlich da erreichen, wo noch eine schwere, ungewohnte Arbeit dazu kommt, es zu gewinnen. - Aber lassen wir das elende Gold. - Das gerade hat mir den Aufenthalt in Sidney unerträglich gemacht, daß man dort von weiter nichts auf der Gotteswelt hört, als von Gold - Gold und ewig Gold."
„Aber dem zu entgehen, haben Sie wohl kaum den richtigen Weg gewählt. Denn von was Anderem wird man in den Minen reden? an was Anderes wird man da den lieben langen Tag denken können?"
„Dort oben in den Bergen kann ich allein sein, wie ich eben will," sagte der junge Mann, „dort giebt es Stellen und Schluchten, wohin vielleicht noch keines Menschen Fuß gedrungen wie der meine, und dort - aber wir wollten ja von etwas Anderem reden, als den australischen Bergen," brach er kurz ab - „erzählen Sie mir lieber von Californien - oder nein, nicht von Californien, denn dort spielt ja ebenso das leidige Gold die Hauptrolle - erzählen Sie mir von Deutschland. - Es ist - eine lange, lange Zeit, daß ich nichts von dort gehört habe -" setzte er mit einem Seufzer hinzu.
„Waren Sie je dort?" frug Hafften.
„Ich bin ein Deutscher," sagte der junge Mann ruhig.
„In der That?" rief Hafften erstaunt - „das hätte ich Ihrer englischen Aussprache nicht angehört - aber dann schon lange hier im Land, nicht wahr?"
„Schon seit zehn Jahren," sagte der Fremde leise.
„Das ist etwas Anderes," rief Hafften - „dann kann aber unsere Unterhaltung beiden Theilen Nutzen bringen, denn ich habe erst gestern australischen Boden betreten und bin ein /53/ vollkommener Neuling in dem Lande. So tauschen wir denn aus, und der Weg wird uns Beiden kürzer werden, aber - wenn es Ihnen recht ist, in der Muttersprache, denn ich hasse es, wenn sich zwei Deutsche in einem fremden Idiom mit einander unterhalten."
6.
Die Familie Sutton.
Wir müssen noch einmal zu dem Abend zurückkehren, an dem die Royal Mail unweit des Gipfels des Razorbacks in den blauen Bergen überfallen und geplündert wurde.
Der von dem Bushranger verwundete Passagier war damals, wie sich der Leser erinnern wird, durch vier Leute von der kleinen am Wege stehenden Schenke auf die nicht weit davon entfernte Station eines englischen Gentleman, eines Mr. Sutton, geschafft und dort auf das Herzlichste und Liebevollste behandelt worden.
Mr. Sutton war schon ein ziemlich alter Herr, der erst in vorgerückten Jahren geheirathet und zwei erwachsene Kinder, einen Sohn und eine Tochter, hatte. Da sich seine Station aber mit jedem Jahre vergrößerte und er besonders in diesem dazu vortrefflich gelegenen Thale viel werthvolles Land urbar machen konnte, so trieb er jetzt auch, neben seinen zahlreichen Heerdcn und der einträglichen Pferdezucht, bedeutende Landwirthschaft, und hatte zu dem Zweck einige zwanzig Leute in steter Beschäftigung auf seiner Station.
Die etwas kränkliche Frau konnte aber dieser großen Wirthschaft nicht allein vorstehen, Rebecca, seine Tochter, war erst achtzehn Jahre alt, und so hatte er denn, aber erst in den letzten Jahren, eine Wirthschafterin in's Haus genommen, die für diese Stellung, trotz ihrer Jugend, außerordentlich passend /54/ schien, und in Allem, was Ordnung und Reinlichkeit betraf, wirklich nichts zu wünschen übrig ließ.
Miß