Veyron Swift und der Schattenkönig. Tobias Fischer

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Veyron Swift und der Schattenkönig - Tobias Fischer Veyron Swift

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Aufstellung genommen. Ein blau uniformierter Matrose blies eine kleine Seemannspfeife.

      »Der Schatzkanzler ist an Deck!«, rief ein menschlicher Offizier mit Schirmmütze und drei goldenen Streifen an den Ärmeln.

      Die angetretenen Matrosen, Offiziere und weiß uniformierten Stewards nahmen augenblicklich Haltung an.

      »Rühren«, sagte Farin, und die Männer und Frauen entspannten sich. »Commander McMaster, wo finde ich den Kapitän?«, fragte Farin einen der Offiziere.

      Der Angesprochene sagte zackig: »Auf der Kommandobrücke, Schatzkanzler. Wir bereiten das Auslaufen vor.« McMaster machte mit seinem sauber gestutzten Schnurrbart, dem geölten Scheitel und der passgenauen Uniform einen sehr professionellen, fast schon arroganten Eindruck.

      Wir laufen aus?« Farin kniff die Augen zusammen. »Wer hat das angeordnet?«

      »Der König selbst, Schatzkanzler. Er befindet sich auf direktem Wege hierher. So lautete seine letzte Order.«

      Farin atmete tief durch. »Bringt uns auf dem schnellsten Weg zur Kommandobrücke, McMaster!«, ordnete er an.

      Tom, Veyron, Danny und Hunter folgten ihnen kurzerhand.

      Über das Große Treppenhaus, eine wahre Prachteinrichtung mit weißen Bodenfliesen, Holzvertäfelungen an den Wänden und einem Geländer aus feinstem filigranem Messingzierrat, erreichten sie das Bootsdeck, das, wie Commander McMaster erklärte, den Offizieren und der Mannschaft vorbehalten war. Er führte sie an Reihen großer, weißer Rettungsboote vorbei Richtung Bug, bis sie bei der Kommandobrücke angekommen waren. Tom sah sich mit Begeisterung die Kompasssäule und die zahlreichen Maschinentelegrafen aus glänzendem Messing an. Und erst das große, hölzerne Steuerrad! Im Raum befanden sich der Kapitän und einige Offiziere. Jeweils einige der Männer standen an den beiden Brückennocks und beobachteten das Verladen der Güter und Gerätschaften, die auf dieser Reise mitgenommen werden sollten.

      »Captain Haddock«, rief Farin den Kommandanten der Olympic an.

      Ein Mann von beeindruckender Größe und Statur drehte sich herum. Obwohl der Älteste der Offiziere im Raum, sah man ihm die schiere Kraft seiner dicken Muskelpakete unter der schneeweißen Uniform sofort an. Ebenso beeindruckend war sein Schnauzer, der in einen breiten, gepflegten Backenbart überging. »Schatzkanzler«, brummte er mit einem kurzen Nicken, dann trat er zu Hunter und deutete mit einer zackigen Verbeugung einen Handkuss an. »Ma’am … Captain James Haddock, zu Ihren Diensten. Willkommen an Bord der Olympic, Palast Nr. 4 und Flaggschiff der königlichen Handelsflotte von Talassair.«

      Farin schnitt eine etwas beleidigte Grimasse, als fühlte er sich durch die knappe Begrüßung übergangen oder gering geschätzt. Gerade wollte er zu einer Erwiderung ansetzen, als ihn Haddocks tiefe Stimme auch schon wieder abwürgte. »Darf ich Ihnen meine Crew vorstellen? Mein Chefoffizier, Commander Tengli …«

      Ein grauhaariger Zwerg, dessen Kopfhaar nahtlos in seinen sorgfältig gestutzten Bart überging, trat vor und verbeugte sich tief. »Zu Diensten«, sagte er und schwenkte in ausladender Geste seine Schirmmütze, die er sich danach unter den Arm klemmte.

      Haddock fuhr fort: »Meinen Ersten Offizier, Mr. William McMaster kennen Sie bereits. Das da drüben ist mein Zweiter Offizier, Lieutenant-Commander Maim …« Ein junger Zwerg mit schwarzem Bart zog respektvoll seine Schirmmütze. »Die Lieutenants John Hervert und Berti Boxminster, Dritter und Vierter Offizier.«

      Die angesprochenen Männer traten vor und deuteten eine höfliche Verbeugung an. Beide waren noch sehr jung, höchstens zehn Jahre älter als Tom.

      Farin holte tief Luft und beeilte sich, die Gesprächspause des Kapitäns zu nutzen. »Entschuldigt meine Unhöflichkeit, Kapitän«, sagte er mit diplomatischer Freundlichkeit. »Ich hörte, Ihr habt den Auslaufbefehl gegeben?«

      »Ganz recht. Der König hat es vorhin angeordnet«, erwiderte Haddock und reichte Farin einen kleinen Zettel, auf dem eine Reihe von Worten geschrieben stand. Ungläubig las sich der neben dem Hünen von Kapitän noch kleiner wirkende Schatzkanzler die Nachricht durch.

      Derweil trat ein Matrose an Captain Haddock heran und überreichte ihm einen weiteren Zettel. »Das kam soeben aus dem Funkraum. Der König befindet sich im Landeanflug. Er will an Deck landen, aber … aber das geht doch gar nicht«, stammelte der junge Mann.

      Haddock trat aus dem Brückenhaus in die Nock und suchte den Himmel ab. Nirgendwo war ein Flugzeug zu erkennen, schon gar kein chromsilbernes Flugschiff mit den Ausmaßen einer Luxusjacht.

      »Aufs Achterdeck, da haben wir eine bessere Sicht über die Lagune. Nehmen Sie das tragbare Funkgerät mit, Matrose. Mal sehen, ob sich unser Souverän einen Scherz erlaubt. Tengli, die Brücke gehört Ihnen«, entschied Haddock.

      Sofort machten er und McMaster sich auf den Weg nach achtern. Veyron, Farin, Tom, Danny und Hunter folgten ihnen unaufgefordert über das Bootsdeck, an den Rettungsbooten vorbei und in die Deckaufbauten treppauf, treppab und durch eine verwirrende Zahl von Gängen zum Achterdeck.

      In der Luft konnten sie jetzt schon das typische tiefe Brummen eines sich im Anflug befindlichen Flugzeugs vernehmen. Doch Tom kam das Geräusch heller und auch weniger laut vor, als er es von der Silberschwan gewohnt war. Die wurde immerhin von zwölf Propellermotoren angetrieben, die einen schier infernalischen Lärm verursachten.

      »Das ist nicht die Silberschwan«, behauptete er.

      Haddock eilte die Leiter der Dockbrücke hinauf, die sich quer über das Achterschiff spannte und im wahrsten Sinne des Wortes einer Brücke glich. In der Mitte standen ein Steuerrad sowie einige in Messing gefasste Steuergeräte. Wie die anderen schaute Tom sich nach allen Seiten um, in der Hoffnung, das Flugzeug am Himmel zu entdecken.

      Veyron war der schnellste von ihnen. »Da, von Nordwesten kommend, auf elf Uhr, tief über dem Wasser«, sagte er und deutete in die entsprechende Richtung. Alle drehten sich um und reckten die Köpfe, um etwas sehen zu können.

      »Das ist kein Flugzeug«, erkannte Danny. In seiner Stimme schwang eine gehörige Portion Staunen, aber auch Verunsicherung mit.

      Ein Ungeheuer wie aus einer anderen Welt jagte mit irrsinniger Geschwindigkeit über die Wellen. Ein gigantisches Insekt, von den vorstehenden Augen bis zum Stachel in etwa so lang wie ein alter Cadillac.

      »Eine Giganthornisse«, rief Tom entgeistert. »Ich wusste gar nicht, dass es noch welche gibt!«

      »Natürlich«, rief Veyron. »Wir hatten die überlebenden Exemplare damals dem Orden der Simanui überantwortet. Schön zu sehen, dass die Zauberer den Wert dieser Monster erkannt haben. Sieh nur, wie schön der schwarzgelbe Hinterleib glänzt; das Tier wird gut gepflegt.«

      Die lastwagengroße Hornisse rauschte heran, stieg etwas höher und sauste mit lautem Brummen über die ersten Hafengebäude hinweg. Jetzt konnte Tom auch erkennen, dass unmittelbar hinter dem braunen Kopf zwischen den vier riesigen Flügelpaaren zwei menschliche Gestalten saßen, die vordere groß und hager, die hintere klein und gedrungen. In den Straßen der Stadt wurden panische Angstschreie laut. Tom sah die Hafenarbeiter alles stehen und liegen lassen und die Flucht ergreifen.

      »Heiliges Kanonenrohr!«, schnappte Captain Haddock. »Ist das etwa König Floyd, der da auf diesem Monster sitzt? Was macht er denn da?«

      »Er jagt seinen Untertanen einen gehörigen Schrecken ein, Sir«, kommentierte Commander McMaster das Offensichtliche.

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