Veyron Swift und der Schattenkönig. Tobias Fischer
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Читать онлайн книгу Veyron Swift und der Schattenkönig - Tobias Fischer страница 24
Tom nickte aufgeregt. »Er stand genau da. Er hat uns gefunden!«
»Das war zu erwarten. Der Schattenkönig kann nicht durch feste Wände teleportieren, aber sehr wohl durch Glas. Und davon gibt es in diesem Gebäude mehr als genug«, sagte Veyron. »Wo ist dieser Aufzug?«
Uxbridge deutete vage voraus. Er wirkte sehr verunsichert.
Ohne zu zögern, rannten Veyron und Tom los, gefolgt von Hunter und Darrow.
»Moment, Moment, Moment! Ich wusste ja nicht, dass Sie es so eilig haben«, rief ihnen Uxbridge hinterher und beeilte sich, zu ihnen aufzuschließen.
Als sie die Aufzugtür erreichten, materialisierte der Schattenkönig vor ihnen am Ende des Korridors, wo es am dunkelsten war. Finster starrte er in ihre Richtung, doch er rührte sich nicht, stand einfach nur da und beobachtete sie. Jetzt sahen ihn auch Uxbridge und die anderen.
»Heilige Muttergottes, was ist das?«, keuchte der Manager der Ramer-Stiftung. Er zitterte so sehr, dass er kaum die Schlüssel für den Lift aus seiner Hosentasche bekam.
Der Schattenkönig neigte ein wenig den Kopf und flüsterte unverständliche Worte. Es wurde immer kälter; Toms Nackenhaare stellten sich auf. Dunkler Zauber lag in der Luft.
Anstatt den Schlüssel in das Türschloss zu stecken, drehte sich Uxbridge um und streckte die Hand in Richtung des Schattenkönigs aus. Da erkannte Tom, dass Uxbridge verhext sein musste. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne; der Schattenkönig befahl über seinen Körper. Auch Tom vermochte sich nicht von der Stelle zu rühren, ebenso wenig Veyron oder Hunter. Allein auf Danny Darrow schien die Magie des Schattenkönigs nicht zu wirken. Keuchend trat er einen Schritt vor, entwand Uxbridge den Schlüssel und sperrte den Lift auf.
Im gleichen Augenblick fiel der Lähmungszauber von ihnen allen ab. So schnell sie konnten, drängten sie in die Fahrstuhlkabine. Der Schattenkönig schien einen kurzen Moment überrascht, doch dann griff er an. Mit langen Schritten hielt er auf sie zu. In seiner Rechten manifestierte sich wie aus dem Nichts sein Schwert, eine lange, zweischneidige Klinge mit vielen Scharten und schwarz wie die Nacht. Die Lifttüren schoben sich endlich zu; für Toms Geschmack viel zu langsam. Der Schattenkönig war fast da – schon holte er zum Hieb aus. Tom schloss die Augen.
Endlich rauschte die Kabine in die Tiefe.
Uxbridge hatte Mühe mit der Atmung, er keuchte entsetzlich und schlotterte am ganzen Körper. Auch Hunter war leichenblass, und Tom war entsetzlich kalt. Er rieb sich die Arme, ohne dass er dadurch das Gefühl des Grauens abzuschütteln vermochte. Nur Veyron und Danny schienen keine Nachwirkungen dieser Begegnung davongetragen zu haben – wobei sich sein Pate vielleicht auch einfach nur nichts anmerken ließ.
»Die Lage ist ernst«, sagte Veyron überflüssigerweise. »Sehr ernst sogar, wenn sich der Schattenkönig am helllichten Tage mitten in einem Gebäude zeigt, in dem Hunderte Menschen arbeiten.«
»Wie macht er das, dieses plötzliche Auftauchen?«, wollte Danny wissen.
»Er teleportiert. Es ist ein uralter, dunkler Zauber. Zum Glück sind ihm ein paar Grenzen auferlegt. Er kann nur in der Luft teleportieren, nicht durch feste Materie hindurch und auch nicht durch Wasser. Sehr wohl jedoch durch Glas oder andere durchlässige Materialien. Er scheint dabei allerdings auf Schatten angewiesen zu sein, ein Teil seines Zaubers. Die Absenkung der unmittelbaren Umgebungstemperatur gehört ebenfalls dazu, und das haben wir eben wohl alle gespürt. Ich erzählte bereits, dass ich schon einmal mit diesem Dämon zu tun hatte. Wir dürfen ihn keinesfalls unterschätzen und uns unter gar keinen Umständen auf einen Kampf mit ihm einlassen«, erklärte Veyron finster.
Tom bemerkte den verbissenen Gesichtsausdruck seines Paten, als müsste der mühsam um Kontrolle ringen. Das hatte es noch nie gegeben: Veyron Swift fürchtete sich vor einem Gegner. Toms Sorge wuchs. Hatten sie es diesmal vielleicht mit jemandem zu tun, der ihnen haushoch überlegen war? Die Wände des Fahrstuhls kamen ihm auf einmal wie ein Gefängnis vor, er glaubte zu ersticken. Fast hätte er geschrien: ›Ich will raus! Raus aus dem Lift und aus dieser Sache!‹
Doch dann dachte er an Jane, wie sie im künstlichen Koma auf dem Krankenbett lag, hilflos, während ihr Körper gegen ein tödliches Gift rang. Nein, sie hatten keine Wahl, als dem Schattenkönig zu trotzen, und durften sich dabei nicht ihrer Furcht ergeben. Wie sagte Veyron immer? ›Gefühle dürfen dein Tun nicht beeinflussen.‹ Tom war felsenfest entschlossen, sich das zu eigen zu machen.
»Mein Koffer! Ich hab meinen Koffer vergessen«, rief Hunter plötzlich.
Veyron schmunzelte. »Keine Sorge«, sagte er. »In Elderwelt werden Ihnen weder Ihre Funkpeilsender noch die Abhörgeräte, geschweige denn die Waffen und die ganzen anderen Spionagesachen weiterhelfen. Ersatzkleidung erhalten wir sicher auch so.«
Hunter verzog missbilligend das Gesicht, weil Veyron den Inhalt ihres Köfferchens offensichtlich genau aufzulisten wusste. Tom hingegen war einigermaßen erleichtert und – zugegeben – auch ein wenig schadenfroh.
Der Lift hielt an, und die Tür schob sich leise zischend zur Seite. Kein Vergleich zu den noblen, hellen Korridoren der Obergeschosse – sie standen vor der Mündung eines dunklen, halbrunden Tunnels. Tom sah im Schein der Fahrstuhlbeleuchtung stählerne Schienen am Boden schimmern.
»Wir sind im Netz der Underground gelandet«, glaubte er zu erkennen.
Uxbridge, der sich inzwischen wieder etwas gefangen hatte, wusste ein paar Erklärungen. »Ja, Tennyson Road Station, im Ersten Weltkrieg geplant, aber erst 1920 angegangen, direkt am Ufer der Themse. Die Tunnelgräber sind jedoch auf etwas gestoßen, das die Bauarbeiten aufgehalten hat. Als klar wurde, was sie da gefunden hatten, kaufte Julian Ramer der Stadt das ganze Areal einfach ab. Er ließ die Tunnel fertigstellen und Schienen verlegen, um keinen Verdacht zu wecken. Der Bahnhof wurde jedoch nie eröffnet«, erklärte er und drückte einen Schalter an der Seitenwand. An der Tunneldecke sprangen Lampen an, die ein spärliches Licht in die Dunkelheit warfen.
»Eine Sackgasse«, stellte Veyron fest.
Uxbridge nickte. »Die Stadtverwaltung beschloss – auf Drängen Ramers und mit ein klein wenig Bestechung –, die Tennyson Road Station aufzugeben, und ließ die Zufahrt zumauern. Dieser Tunnel führt ins Nichts. Naja, zumindest fast«, gab er zurück.
Sie gingen ein paar Meter in den Gang hinein, als Tom auch schon ihr Ziel ausmachen konnte. Dreißig Meter vor ihnen stand ein Torbogen aus Felsgestein, im gleichen Durchmesser wie der Tunnel. Hinter ihm lag die zugemauerte Verbindung zum Undergroundnetzwerk der Stadt.
Uxbridge seufzte, als er den Torbogen musterte. »Zu schade, zu schade, zu schade. Ich wäre gern mit Ihnen mitgegangen, aber leider ist es mir verboten. Es braucht die Sondergenehmigung des Königs, um nach Talassair zu reisen. Die haben nur Sie, Mr. Swift, und ihre kleine Reisegruppe. Bestellen Sie dem König meine Grüße«, sagte er und schüttelte Veyrons Hand mit neu gewonnener Überschwänglichkeit.
Tom wollte sich ebenfalls verabschieden, als ihn plötzlich ein Eishauch streifte. Er wusste genau, was das bedeutete. »Er ist wieder da!«, rief er.
Und tatsächlich: Mitten in der Liftkabine materialisierte er, der Schattenkönig. Wie konnte das sein? Hatte Veyron nicht gesagt …? Da dämmerte es Tom. Der Dämon musste in den Schatten eines von ihnen eingetaucht und unsichtbar für alle mit hinunter in den Schacht gefahren sein. Jetzt gab er sich zu erkennen, hatte er doch seine Feinde hoffnungslos in der Falle.
Er starrte direkt