Veyron Swift und der Schattenkönig. Tobias Fischer
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Читать онлайн книгу Veyron Swift und der Schattenkönig - Tobias Fischer страница 20
Sein Mangel an Emotionen machte Tom gleich wieder wütend. Jane lag im Todeskampf, und Veyron war nicht einmal jetzt in der Lage, ein wenig Mitgefühl und Wärme zu zeigen. »Moment mal! Sie reden da von Jane, Mann! Es muss doch etwas geben. Was ist mit den Elben? Königin Girians Heiler, die können sicher helfen. Den Heilungstrank der Elben habe ich schon mit ganz anderen Verletzungen fertig werden gesehen«, protestierte er – lauter, als er es beabsichtigte. Inspector Gregson bedeutete ihm, ruhig zu bleiben, doch er beachtete ihn gar nicht. »Lassen Sie uns nach Wisperton fahren und nach Elderwelt gehen. Bis spätestens morgen Abend können wir Hilfe für Jane organisiert haben und …«
Veyron schnitt ihm das Wort ab. »Wir können nicht nach Wisperton reisen. Die Agenten des Schattenkönigs beobachten uns, sie würden uns verfolgen und angreifen.«
Tom blieben die Argumente im Hals stecken. Ratlos blickte er auf die reglose Jane, schaute eine Weile dem hüpfenden Punkt auf dem EKG zu. »Es muss doch etwas geben, das wir tun können. Wir dürfen Jane nicht einfach sterben lassen«, meinte er leise und wischte sich die Augen. Der Kloß in seinem Rachen ließ seine Stimme versiegen. So durfte es auf keinen Fall enden.
»Wir können gar nichts tun.« Veyrons Stimme war entschieden und, wie Tom fand, absolut eisig. Sein Pate stand auf und ging, ohne dabei Gregson oder Tom noch einmal anzusehen, Richtung Tür.
Bevor er sie erreichte, trat ihm jedoch der Inspector in den Weg und packte ihn am Arm. »Sie dürfen ihn nicht gewinnen lassen, Veyron. Nicht noch einmal! Wenn jemand in der Lage ist, den Schattenkönig zu schlagen, dann sind Sie das«, herrschte er ihn ungewöhnlich scharf an.
Veyron wand sich aus Gregsons Griff. »Nein, das bin nicht«, gab er zurück und verließ den Raum.
Tom war mit Gregson allein und schüttelte verzweifelt den Kopf. Die abweisende Haltung seines Paten konnte er diesmal noch weniger als sonst verstehen. Dabei musste er sich doch auch um Jane sorgen. So düster kannte Tom ihn jedenfalls nicht, und diese unmenschliche Herzlosigkeit, gerade in dieser Lage, war ihm überhaupt nicht verständlich.
»Es nimmt ihn schwer mit«, glaubte Gregson dagegen zu erkennen. »Ich habe das schon einmal erlebt. Er gibt sich die Schuld an Janes Zustand, auch wenn er jetzt so tut, als ließe ihn das alles völlig kalt. Glaub mir, Tom. Das tut es nicht. Ich kenne ihn lange genug. Wenn er so reagiert, dann nur, weil er sich wirklich große Sorgen um sie macht.«
Tom wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er erinnerte sich an Veyrons Doktrin, keine Gefühle zuzulassen, welche die Leistungsfähigkeit seines Verstandes einschränkten. Das schloss ja wohl neben Liebe auch Trauer, Wut oder Zuneigung ein. Aber hier ging es um Jane, verdammt! Jane Willkins hatte sich um Tom gekümmert, seit er nach dem Tod seiner Eltern auch noch von seiner Tante im Stich gelassen worden war. Außerdem hatte sie ihnen bei ihrem letzten Abenteuer geholfen und war auch sonst immer zur Stelle, wenn Veyron Unterstützung bei einem Fall brauchte. Jane hatte es schlichtweg verdient, dass man sich mit aller Kraft für sie einsetzte. »Mir ist egal, wie mächtig der Schattenkönig ist, ich werde das nicht zulassen! Ich nehme den Kampf gegen diesen Dämon auf. Was auch immer ich dafür tun muss, ich werde Jane retten!«, verkündete er laut.
Gregson weitete überrascht die Augen. Bevor er etwas darauf erwidern konnte, eilte Tom auch schon an ihm vorbei nach draußen. Er fand Veyron auf dem Flur, sein Smartphone in den Händen. Gerade als Tom ihn erreichte, steckte er es wieder in die Manteltasche.
Tom ballte die Fäuste und wusste nicht, ob er damit den grauenhaften Dämon zerschmettern wollte oder den Widerspruch seines Paten. »Veyron, wir müssen was unternehmen. Den Schattenkönig aufhalten, ihn zerstören. Ich werde diesen Mistkerl erledigen, das schwör ich! Der Schattenkönig verträgt kein helles Licht, stimmt’s? Dann lassen Sie uns morgen früh nach Wisperton fahren und mit unserer Rückkehr nach Elderwelt warten, bis es Tag wird. Wir greifen ihn an, vernichten ihn und retten Jane«, sagte Tom.
Veyron warf ihm einen verwunderten Blick zu, dann verfinsterte sich seine Miene wieder. »Wir werden nichts dergleichen tun, Tom. Du hast keine Ahnung, was du da sagst. Der Schattenkönig ist kein Schrat oder ein Vampir, mit dem man es einfach mal so aufnehmen kann«, konterte er.
Tom wollte etwas erwidern, als ihn das leise zischende Geräusch sich öffnender Aufzugtüren herumwirbeln ließ. Fast erwartete er einen neuen Angriff der Vampire, aber es trat nur Danny Darrow in den Flur. Er war zwar blass und wirkte müde, aber beileibe nicht bereit zu kapitulieren. »Hey, da seid ihr ja! Ich hab lange nachgedacht, und wisst ihr was: Ich bin dabei, ganz egal, was ihr zwei jetzt vorhabt«, rief er ihnen zu.
Veyron hob skeptisch die Augenbrauen. »Sind Sie sicher, dass Sie wissen, worauf Sie sich einlassen, Mr. Darrow?«
»Na, so wie die Sache steht, bin ich ja an allem schuld. Ich hab Sie angeheuert, Fiona – ich meine Agent Hunter, oder wie sie wirklich heißt – aufzuspüren. Deswegen liegt Ihre Freundin jetzt auf der Intensivstation. Es geht um dieses Horn des Tri … Tro … Try … Naja, um das Horn dieses Meereskönigs eben. Und hey, ich wurde von Vampiren und dem Tod persönlich angegriffen. Ich will damit nur sagen, dass Sie auf mich zählen können. Ich hab so viel unnützes Zeug in meinem Leben gemacht, es wird Zeit, da was zu ändern. Hier geht’s um Leben und Tod, und die Sache ist mir ernst.«
Veyron schloss kurz die Augen. Daraus, wie hektisch seine Augäpfel unter den Lidern hin- und herrasten, schloss Tom, dass die Gedanken seines Paten rasten – endlich. Die kurze Phase depressiver Niedergeschlagenheit schien vorüber. Veyron wurde wieder aktiv, und Tom würde darauf wetten, dass er gerade einen Plan entwickelte, um dem Schattenkönig das Handwerk zu legen.
Dann öffnete Veyron seine Augen und lächelte schmal. »Hervorragend! Ihre Einsatzbereitschaft freut mich, Mr. Darrow. Anderenfalls hätte ich Sie zwingen müssen, sich uns anzuschließen. Ich habe eben eine Nachricht an C geschickt und ihn gebeten, uns Agent Hunter zur Seite zu stellen«, sagte er.
Tom begann zu grinsen und schlug die rechte Faust in seine linke Handfläche. »Dann reißen wir dem Schattenkönig jetzt den Arsch auf!«
»Nein, das tun wir nicht.«
Tom stutzte kurz, ließ sich aber nicht beirren. »Aber wir gehen wenigstens nach Wisperton und helfen Jane?«
»Nein, auch das werden wir nicht tun.«
Danny und Tom starrten Veyron ungläubig an. In diesem Moment stieß Inspector Gregson zu ihnen. Seine ratlose Miene zeigte genau, was Tom dachte: Was soll dieser Mist?
Veyron schaute in ihre Gesichter, und ein kurzes Lächeln flog über seine Lippen. »Ich habe nicht vor, mich dem Schattenkönig geschlagen zu geben, Inspector. Wir können allerdings nicht nach Wisperton gehen; es ist in mehrfacher Hinsicht schlichtweg zu riskant. Selbst am helllichten Tag können wir das nicht wagen. Vampire werden zwar vom Sonnenlicht getötet, und der Schattenkönig meidet es, aber seine Spione sind überall. Tauben, Krähen und Ratten, die er abgerichtet hat. Menschen, die in seinen Diensten stehen. Nein, es gibt keinen Ort auf der ganzen Welt, an dem er uns nicht aufspüren könnte. Machen wir uns lieber bewusst, warum uns der Schattenkönig überhaupt nachstellt. Es geht um das Horn des Triton. Er befürchtet, wir könnten es vor ihm finden. Sicherlich hat er von den Ermittlungen des MI-6 gegen die Zaltianna Trading Company erfahren und sah sich deshalb gezwungen, gegen Hunter und uns vorzugehen. Demnach muss das Horn für uns erreichbar sein, und da setzen wir unsere Strategie an. Wir schnappen es uns vor ihm und durchkreuzen somit seine Pläne. Selbstverständlich müssen wir dafür nach Elderwelt reisen. Tom, Mr. Darrow, Agent Hunter und ich werden das erledigen«, erklärte er.