Mo Morris und die Anti-CO2-Maschine. Benedict Dana
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„Haben Sie Dr. Kelly schon etwas angeboten, Morton? Darf ich Ihnen beiden irgendetwas bringen?“, legte sie in Anwesenheit der Besucherin eine höflich-servile Art an den Tag, obwohl sie sonst meist deutlich selbstbewusster auftrat. Dass sie Morton mittlerweile beim Vornamen nannte, hatte ihn lange Überredungskunst gekostet; das untertänige „Dr. Morris“ hatte mit der Zeit so altmodisch und antiquiert gewirkt, wie die gesamte Einrichtung des Salons. Überhaupt hätte man die 15 Jahre ältere Mrs. Higgins wegen ihrer biederen Art nicht nur für seine Mutter, sondern manchmal geradezu für seine Großmutter halten können.
„Dr. Kelly bleibt noch etwas hier, um etwas Berufliches zu besprechen. Bringen Sie ihr doch eine Tasse Tee“, bat er und rückte dann unverhohlen mit der Wahrheit heraus, obwohl abzusehen war, dass Higgins’ Reaktion hierauf negativ ausfallen würde. „Ich versuche sie gerade zu überreden, mir bei meinem nächsten Auftrag als Beraterin zu assistieren.“
„Als Beraterin assistieren? Um Himmels Willen, lassen Sie sich auf keinen Fall darauf ein, Dr. Kelly!“, brach es wie erwartet sofort aus ihr hervor. „Seine verdammten Fälle hätten ihn schon viel zu oft um ein Haar das Leben gekostet! Sie sind viel zu schade, um sich für ihn in irgendwelche Gefahren verwickeln zu lassen! In seinem letzten Fall wurde er ein Mal entführt und eingesperrt, ein Mal als halbe Wasserleiche aus dem Mittelmeer geborgen und ein Mal fast erschossen. Und in dem davor war es ganz ähnlich, nur das Wasserschlucken blieb ihm wie durch ein Wunder erspart. Dafür gab es zum Ausgleich gleich zwei Mal einen Anschlag auf sein Leben. Davon, dass ich selber hier im Haus überfallen und gefesselt und geknebelt wurde, will ich gar nicht einmal reden!
Ich wünschte, er würde sich endlich wieder so wie früher um harmlosere Fälle kümmern, die er nur durch seine Kombinationsgabe von zu Hause aus am Schreibtisch lösen kann. Seit er damals bei Diamonds spurlosem Verschwinden dieser Betty Cadena in die Fänge geriet, hörten für ihn die Gefahren nicht mehr auf.“
„Beruhigen Sie sich bitte, Ruth!“, fuhr er gereizt dazwischen, da sie mit ihrem letzten Satz eine unangenehme Wahrheit ansprach. „Ich sagte lediglich, Dr. Kelly soll mir als Beraterin assistieren. Ich sprach nicht davon, mit ihr in eine Burg der italienischen Mafia einzusteigen, mit dem Fallschirm über der libyschen Wüste abzuspringen, um den Kopf eines großen Schleusernetzwerkes zu jagen, oder schwer bewaffnet eine Ölbohrinsel zu stürmen, um Entführungsopfer zu befreien! Genauso wenig habe ich vor, mit ihr des Nachts auf hoher See einen Supertanker zu entern oder mit ihr von Hubschraubern verfolgt mit einem Jeep durch die einsamen Wälder Maines zu jagen.“
Die ironisierende Aufzählung einiger seiner Abenteuer der letzten beiden Jahre konnte Ruth nicht milde stimmen. Sie war noch immer zu erregt, um sich auf seinen beschwichtigenden Ton einzulassen, und verdrückte sich in die Küche. Als sie kurz darauf mit dem gewünschten Tee wieder kam, meinte sie mit gepresster Stimme:
„Ich habe natürlich nicht das Recht, mich in Ihre Angelegenheiten einzumischen, Morton. Aber ich denke, ich habe die menschliche Pflicht, Dr. Kelly auf gewisse Gefahren hinzuweisen. Inzwischen geht man ja bereits schon ein Risiko ein, wenn man Sie näher kennt und regelmäßig in Ihrem Haus verkehrt. Sie haben in der letzten Zeit so vielen gefährlichen Leuten auf den Schlips getreten, dass jederzeit mit Rache zu rechnen ist!“
„Sie malen mal wieder viel zu schwarz, Ruth, das ist leider typisch für Sie. Sie können sich absolut sicher sein, dass mir nichts ferner liegt, als einen so wunderbaren Menschen wie Dr. Kelly in Gefahr zu bringen! Ich müsste ja völlig wahnsinnig sein!“
Das dicke Kompliment, das Morton wie nebenbei in diese Versicherung einfließen ließ, freute Mary so sehr, dass sie sich zum Dank auf seine Seite schlug.
„Ich weiß es wirklich zu schätzen, wie Sie mich vor Gefahren warnen wollen, liebe Mrs. Higgins. Ich bin jedoch überzeugt, Morton würde sicher dafür sorgen, dass ich als seine Assistentin immer in Sicherheit wäre und mich auf kein lebensgefährliches Abenteuer einlassen müsste.“
„Falls es nötig wird, werde ich dafür beten, dass Sie Recht behalten, Dr. Kelly. Im Moment reden Sie noch konjunktivisch, aber Sie werden schon noch sehen, wie schnell Sie der alte Schlingel am Wickel hat!
Tja, dann ist es also wirklich wieder passiert. Morton hat mal wieder die Metamorphose vom harmlosen Collegedozenten zum abenteuerhungrigen Detektiv durchlaufen. Die Schizophrenie eines Dr. Jekyll und Mr. Hyde ist ja der reinste Kindergarten dagegen. Offenbar lässt sich diese Krankheit niemals heilen. Obwohl mich die Angst quält, vielleicht bald arbeitslos zu werden und Morton in einer schlichten Holzkiste wieder zu sehen, bin ich natürlich auch neugierig. Darf man also fragen, um was es bei dem neuen Auftrag geht?“
„Wie schamlos Sie wieder übertreiben!“, beschwerte er sich lachend und packte dann widerwillig die ersten Fakten auf den Tisch. „Also es ist so, mein neuer Auftraggeber ist sehr reich und legt viel Wert auf Diskretion. Ich weiß selber noch nicht allzu viel, denn ich wurde erst gestern Morgen von seiner Tochter, die zugleich eine seiner Mitarbeiterinnen ist, kontaktiert. Ich kann nur sagen, dass es im weitesten Sinne um Geo-Engineering geht.“
„Obwohl ich natürlich einige Ideen habe, was unter Geo-Engineering zu verstehen ist, würde ich es gerne aus Ihrem Munde hören“, forderte Ruth.
„Ich musste zu dem Thema selber erst genauer im Internet recherchieren. Grundsätzlich gesagt will das Geo-Engineering mit Hilfe von Technik Einfluss auf geochemische Kreisläufe der Erde nehmen. Es sieht so aus, als würde der Begriff derzeit vor allem technische Maßnahmen zum Stoppen der globalen Klimaerwärmung bezeichnen. In dem Zusammenhang wird bisher hauptsächlich zwischen zwei großen Bereichen unterschieden. Das so genannte SRM – Solar Radiation Management – hat das Ziel, einfallende Sonnenstrahlung zu reflektieren, und das CDR – Carbon Dioxide Removal – soll Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre entfernen und zur Aufbewahrung in Kohlenstoffreservoirs überführen.“
„Und wie stellt sich da nun der Zusammenhang zu Ihrem Auftraggeber her?“, wollte Ruth folgerichtig wissen.
„Sie werden sehr schnell wissen, um wen es geht, wenn ich Ihnen sage, dass er zurzeit der weltweit größte private Investor für die Entwicklung und Umsetzung von Geoengineering-Technologie ist. Ich verrate Ihnen das nur, damit Sie mir nicht länger mit Ihren ständigen Einwänden in den Ohren liegen und damit Sie verstehen, was für eine große Tragweite dieser Auftrag hat. Es geht hier gewissermaßen auch ein bisschen um die Zukunft unserer Erde und nicht um so etwas Triviales, wie etwa den Seitensprung irgendeines alten, reichen Knackers für seine eifersüchtige Ehefrau aufzuklären.“
„Schön, und worin besteht nun Ihr Auftrag?“, gab sich seine vorlaute Haushälterin von seinem anklägerischen Ton unbeeindruckt.
„Ich weiß bisher lediglich, dass es um die Aufklärung einer Folge gravierender Sabotageakte gegen einige große Geoengineering-Projekte geht. Ich bin morgen Nachmittag auf das Sommeranwesen meines Auftraggebers eingeladen, um Näheres zu erfahren.“
Higgins’ Neugierde schien damit für einen Moment befriedigt zu sein. Doch kurz darauf wartete bereits die nächste Frage auf ihn.
„Ja, aber Sie haben doch bestimmt schon irgendeinen Anhaltspunkt, irgendeine klitzekleine erste Idee? Sie arbeiten doch mit Ihrer Intuition und brüten immer irgendetwas aus. In der Beziehung ähneln Sie dem berühmten Sherlock Holmes!“
Sie lachte und meinte dann zu Mary:
„Er will es nicht zugeben, Dr. Kelly, aber unser guter Morton hat ein kleines, ständig rotierendes Räderwerk in seinem Kopf, ein kleines Maschinchen, das niemals stille steht. Selbst wenn ihm einmal die Energie ausgehen sollte, gäbe es