Der Junge mit dem Feueramulett. Frank Pfeifer

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Der Junge mit dem Feueramulett - Frank Pfeifer Der Junge mit dem Feueramulett

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Hühner zwischen den Ständen umher. Aber bei dieser Hitze schlurften nur einige müde Gestalten herum. Man hörte auch nicht wie sonst die Händler, die in allen Stimmlagen ihre Ware anboten, um sich dabei in einem Wettstreit von Lautstärke und Tonlage die Aufmerksamkeit ihrer Kunden zu sichern. Sogar die Schrille Makrele, niemand konnte penetranter und ohrenbetäubender die Vorzüge frischer Fische anpreisen, hielt ihre Kiemen geschlossen. Nur ein leichtes Sirren war zu hören, es stammte von verzweifelten Insekten, die wie Trauben in den Schattenzipfeln der Marktstände in winzigen Spiralen fortwährend um sich selbst kreisten. Und ein trockener, heißer Wind sang sein langsames, auf- und abschwellendes Lied.

      Kard, der tags zuvor seine verzweifelte Beichte bei dem überforderten Priester abgelegt hatte, schlich mit gesenkten Kopf durch diese hypnotisierende Stille. Das Gespräch mit dem Govan, hatte ihn nicht wirklich beruhigt. Dieses verdammte Minas-Schwert! Kard wünschte sich nichts mehr, als Schmied zu werden! Aufgenommen zu werden in die Zunft der Schmiede. Er beglückwünschte sich jeden Tag, dass ihn Wallas als Lehrling angenommen hatte. Das war besser gewesen, als in die Grasballmannschaft des Waisenhauses berufen zu werden. Zum ersten Mal im Leben hatte etwas für ihn Sinn ergeben. Das Feuer! Das Metall! Wie er es formte, wie letztendlich zum Beispiel eine Spitzhacke daraus entstand. Kard hatte das Gefühl, etwas gefunden zu haben, was zu ihm passte wie maßgeschneiderte Schuhe. Und dass ein Torak einen Menschenjungen als Lehrling angenommen hatte, war für Kard eine unbeschreibliche Ehre gewesen. Besser noch als eine Einladung der Mathe-Gova zum landesweiten Haragor-Wettkampf der Mathegenies. Kard wollte die Gesellenprüfung ablegen, egal was es kostete. Aber musste es wirklich unbedingt dieses Minas-Schwert sein?

      An Kards Gürtel hingen die Schaufelblätter und in der Hand hielt er die Spitzhacken, die er hier anbieten sollte. Er ärgerte sich über Wallas, seinen Meister, der ihn hergeschickt hatte. Bei diesen Temperaturen kauft doch sowieso niemand etwas. Die Luft war so heiß, dass man beim Einatmen unwillkürlich innehielt, da jeder Atemzug schmerzte.

      Kard mochte Wallas, mehr noch, er war dem Torak unendlich dankbar, dass er ihn damals aus dem Waisenhaus mitgenommen und ihn in die Lehre genommen hatte. Aber dieser störrische alte Torak konnte Fünfe nicht einfach gerade sein lassen. Sicherlich war es immer gut, wenn die Argits im Geldbeuteln klimperten. Aber lohnte sich der Aufwand, den ganzen Tag auf dem Markt herumzulungern, wenn abzusehen war, dass man doch nichts verkaufen würde?

      Auch die Priesterinnen im Waisenhaus waren streng gewesen. Aber dort hatte man sich im Zweifelsfall immer mit der Behauptung herausreden können, dass man betete. Nichts war den Priesterinnen lieber als ein gottesfürchtiges Kind. Credna, die Göttin der Liebe, würde es schon richten. Denn liebte sie nicht alles Leben, ob Mensch, Torak oder gar Wahter? Und man konnte zu Goiba, Göttin von Tod, Kälte und Eis, beten, dass sie die Menschen im Winter mit ihrem Todesatem verschonte. Ein kleines Opfer, am besten etwas, was noch kurz zappelte, bevor man sein Blut der Göttin darbot, war ein sicherer Weg, die Gunst Goibas zu erlangen. Beten und opfern waren eine gute Sache! Die Götter würden einen schon erhören, das war schließlich ihre Aufgabe! Leider hielt sein Meister Wallas nicht viel von solchen Opferritualen. Immerhin für Branu gab es einen geheimen Schrein hinter dem Haus. Und ab und zu zündete der Torak sogar ein paar Räucherstäbchen an. Aber beten hatte Kard ihn noch nie gesehen. In die Knie gehen, den Kopf beugen, den Segen der Götter erbitten. Für Kard war dies eine Selbstverständlichkeit. So hatte er es im Waisenhaus gelernt. Und so sollte es doch sein, so war es einfach richtig!

      Kard trottete an den Ständen der Bauern vorbei, hob ab und zu seine Schmiedeerzeugnisse in die Luft und warf einen fragenden Blick in die Runde. Doch um ihn herum sah er die Wesen Haragors nur im matten Delirium. Aber dort hinten, war das nicht der Wagen der Gova aus den Drachenbergen? Mit ihr war Kard damals nach Conchar gekommen, als Wallas ihn aus dem Waisenhaus hierher in die Hauptstadt geholt hatte. Das ist jetzt wirklich schon eine ganze Weile her. Und die Alte sah von weitem immer noch genauso aus wie damals. Jetzt hatte sie Kard entdeckt und winkte ihn einladend zu sich. Kard trottete zu seiner alten Bekannten.

      »Kard, mein Junge, es scheint so, als ob ich den langen Weg von den Drachenbergen nur gemacht habe, um dich hier zu treffen«, begrüßte ihn die Gova und schenkte Kard das süßeste aller süßen Händlerlächeln und entblößte dabei erstaunlich viele, erstaunlich weiße Zähne.

      »Oh, liebe Alte, es scheint mir, als ob nicht Zufall und Geschäft mich diesen Weg nehmen ließ, sondern dass Goiba selbst meine Schritte zu dir lenkte.« Kard schenkte ihr das unschuldigste Lächeln eines sechzehnjährigen Menschenjungen, das jemals sein Antlitz geziert hatte.

      »He, he, gut gesprochen, kleiner Waisenjunge. Ich sehe, die große Stadt hat ihre Spuren in dem schüchternen Ding hinterlassen, das einst mit mir hierher kam.« Die Gova schmunzelte und Anerkennung blitzte in ihren Augen auf.

      »Was bringst du diesmal mit? Deine üblichen Arzneien? Salben und Tinkturen, mit denen Blinde sehend und Lahme zu wackeren Wanderburschen werden? Oder von den drei göttlichen Schwestern Goiba, Credna und Luchta höchstpersönlich gesegnete Amulette, die dem spendablen Käufer Geduld, Liebe und Reichtum garantieren?«

      »Sicher! Ich bringe den Sterblichen die Kräfte, die die Unsterblichen der Natur mitgaben und helfe Ihnen auf dem Weg der Wünsche einige Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Aber diesmal, lieber Kard, habe ich, glaube ich, etwas dabei, das wirklich nur für dich bestimmt ist.« Die Alte glitt mit den Fingern suchend durch eine Sammlung von Amuletten, die an der Spitze eines Tok-Rind-Horns baumelten.

      »Lass mich raten.« Auch wenn Kard ein gottesfürchtiger Mensch war, waren ihm Amulette immer als sinnloser Tand erschienen, die mehr der Geldbörse der Händler dienten als dem wahren Glauben. »Ein Amulett von Goiba, mit der Kraft des ewigen Eises, gegen Brandblasen und Verbrennungen, was mir in der Schmiede sicherlich sehr nützlich sein könnte? Oder, vielleicht, etwas für die Liebe, du weißt, ich bin schon sechzehn Jahre alt, glaube ich zumindest.«

      Kard hatte keine Ahnung, was das mit der Liebe auf sich hatte. Aber in letzter Zeit verhielten sich die Erwachsenen um ihn herum immer seltsam, wenn es um Männer und Frauen und die Liebe ging. Dann fingen die Männer an zu grinsen, schlugen Kard kameradschaftlich auf den Rücken und zwinkerten ihm vielsagend zu. Kard hatte keinen Schimmer, was sie ihm damit sagen wollten.

      Die Alte schien endlich gefunden zu haben, was sie gesucht hatte. »Hier, schau! Nimm es.«

      Die Gova streckte ihm ihre knorrige Hand entgegen, in dem ein schwarzer, glänzender Stein zu liegen schien. Aber Kard wusste sofort, was es war. Er nahm das Amulett und legte es sich um den Hals. »Ein Drachenzahn«, flüsterte er ehrfurchtsvoll. Ein Drachenzahn war etwas anderes als die üblichen Amulette. Das war nicht irgendein Stein, auf den die Gova gespuckt hatte, um ihn mit göttlicher Magie aufzuladen.

      »He, he, schlauer Junge. Und ein echter dazu! Obwohl ja viele behaupten, es gäbe keine echten Drachenzähne, da es ja auch nie Drachen gegeben habe. Aber du und ich wissen es besser, oder Kard? Ein echter Drachenzahn! Für Kard, dem Waisenkind aus den Drachenbergen. Das passt doch, oder? He. he.« Die Alte schaute zufrieden auf Kard, der mit offenem Mund und völlig erstarrt dastand.

      Das Amulett hatte eine seltsame Wirkung auf Kard. Im allerersten Augenblick, als der Zahn sein Brustbein berührte, schien sich ein Graben aus Raum und Zeit aufzutun. Vulkane, Magma, Feuer brachen daraus hervor, aber nur Bruchteile von Sekunden später brach alles in sich zusammen und hinterließ eine schwarze Stille, die nun beruhigend in seinem Inneren pulsierte.

      »Der ist doch bestimmt nicht echt«, stammelte Kard automatisch. »Es gibt ja gar keine Drachen.«

      »Nein, nein, es gibt keine Drachen und das ist natürlich nur der Zahn eins Schwarzen Hais. Und wenn du ihn behalten willst, und ich nehme an, dass du keine Münzen bei dir hast, könntest du mir dafür zwei, oder sagen wir doch lieber drei, deiner Schaufelblätter geben. Die kann ich, wenn ich wieder in den Norden fahre, leicht an den Mann bringen.

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