Der Junge mit dem Feueramulett. Frank Pfeifer

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Der Junge mit dem Feueramulett - Frank Pfeifer Der Junge mit dem Feueramulett

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tanzten, und Kard löste, ohne ein Wort zu sagen, die Schaufelblätter von seinem Gürtel. Wallas wird mich umbringen. Drei Schaufelblätter für ein Amulett. Aber er würde es schon irgendwie abarbeiten können. Oder hatte die Alte ihn gerade verhext?

      *

      In der Schmiede von Wallas war die Schlacke in den Essen ausgekühlt. Selbst für einen hartgesottenen Torak und erst recht für Kard, seinem Lehrling und Ziehsohn, war es tagsüber zu heiß, um auch noch den brodelnden Temperaturen der Kohlen ausgeliefert zu sein. Wie in allen Torakschmieden herrschte auch in der von Wallas üblicherweise eine derartige Höllenhitze, dass es kein normaler Mensch dort aushielt. Aber Kard war kein normaler Mensch. Er steckte die Hitze gut weg. Da den Toraks im allgemeinen Hitze wenig ausmachte, behaupteten manche Menschen, dass sie nicht nur Geschöpfe Branus, der auch Gott des Feuers war, seien, sondern dass das gelbe Blut in ihren Adern wie die Lava des Heiligen Vulkans Branubrabat sei. Das war natürlich Unsinn, aber es konnte nicht schaden, wenn die Menschen ein wenig Respekt vor ihnen, den tumben Toraks, hatten.

      Wallas seufzte. Einst ist sein Volk frei gewesen und ist ungehindert über die Steppen Haragors gewandert. Mit ihren Tok-Rind-Herden sind sie durch die Weite gezogen und sind dem Lauf der Jahreszeiten gefolgt. Sie sind es gewohnt gewesen, auch in der größten Hitze ihre Tiere zu den verborgenen Quellen zu führen. Oder während des Winters den peitschenden Atem Charus, dem Zerstörer und Gott des Windes, ausgeliefert zu sein. Die Toraks sind geduldig gewesen. Langsam. Wachsam. Einige von ihnen sind damals sogar gute Jäger gewesen, sie haben die Faols zur Strecke gebracht, die sich im Frühjahr die Kälber holen wollten. Und in den Vulkanhöhlen der Drachenberge hatten die Toraks das Schmieden gelernt.

      Damals haben die Menschen ihre Dörfer bewohnt und nur die fruchtbaren Täler besiedelt. Im Winter haben sie vor ihren warmen Öfen gesessen und zu Goiba gebetet, dass sie sie mit ihrer tödlichen Kälte verschonen solle. Die Toraks haben ihnen das Fleisch und Fell ihrer Tok-Rinder geliefert, aber auch die groben Werkzeuge wie Pflugscharen und Spitzhacken. Die Menschen sind Kleinbauern und geschickte Handwerker gewesen. Sie haben Obst und Rüben, aber auch Schmuck und Pfeilspitzen mit den Toraks getauscht. Doch irgendwann sind es immer mehr Menschen geworden. Ihre fruchtbaren Täler wurden zu eng. Sie begannen die kargen Böden der Ebene mit Winxgras zu bestellen, das nur einen mageren Ertrag brachte, aber das einzige Getreide war, das man hier anbauen konnte. Zugegebenermaßen verstanden die Menschen es, ein hervorragendes Schoff aus dem Winxgras zu brauen. Aber je mehr Winxgras sich über die Ebenen erstreckte, desto enger war es für die Tok-Rind-Herden der Toraks geworden. Heutzutage konnten die Toraks ihr nomadisches Leben nur noch an den äußersten Rändern der Ebene fortführen, von den Ausläufern der Drachenberge im Norden bis zu den Grenzen der Großen Wüste im Süden. Und viele Toraks waren inzwischen in die Dienste der Menschen getreten. Oft für die körperlich schweren Arbeiten auf dem Feld oder auch auf den Höfen, in denen die Menschen nun ihre eigenen Tok-Rinder eingepfercht hatten.

      Von Anfang an haben sich die Menschen den Toraks überlegen gefühlt. Die Toraks, die es gewohnt waren, sich den Launen der Natur zu beugen, haben es mit sich geschehen lassen. Aber auch wenn die Menschen mit ihren kleinen, flinken Händen vielleicht die besseren Handwerker waren, hieß das noch lange nicht, dass sie auch schlauer waren. Die besseren Schmiede waren die kräftigen und hitzeresistenten Toraks schon immer gewesen. Aber das Gleichgewicht zwischen den ehemaligen Nomaden und den Talbewohnern hatte sich im Lauf der Generationen zugunsten der Menschen verschoben. Aus Hochmut wurde Verachtung, aus Demut Angst. Für Wallas und einige andere war diese Situation inzwischen unerträglich geworden.

      Als Kard vom Markt zurückkehrte, wirkte er fröhlich, aber gleichzeitig verwirrt. Madad, sein bester Freund, ein Cu, wedelte mit dem Schwanz und tanzte dabei auf allen Vieren.

      »Yo, Kard, du siehst aus, als ob du mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen bist. Hast du einen Hitzschlag oder was ist los?«

      Kard schien die Worte Madads zu hören, aber sie gingen durch ihn hindurch, ohne dass er sie wirklich registrierte. Madad schaute seinen Freund auffordernd an, aber Kard schien nicht in der Stimmung, mit dem Cu zu spielen. Und offensichtlich versuchte er auch Wallas aus dem Weg zu gehen. Hätte er noch die Schulbank gedrückt, hätte Wallas vermutet, dass er gerade eine schlechte Note kassiert hatte. Oder dass er wegen irgendeinem Unsinn zur Obersten Gova geladen worden war. Kard tänzelte zwischen den Ambossen und Werkbänken umher, als ob er nachsehen wolle, ob seit seinem Aufbruch heute Morgen noch alle Werkzeuge und Metallteile vorhanden waren. Er hatte nach einer kurzen Begrüßung jeden Blickkontakt mit Wallas vermieden.

      »Wie war es auf dem Markt?« Der Torak saß auf einem Schemel in der Ecke, den Blick auf eine Messerschneide gerichtet, die er gerade polierte.

      »Oh, nicht viel los. Die Hitze. Die Leute bleiben lieber zu Hause. Waren auch nur wenige Händler da.« Kard blickte zwar in Richtung von Wallas, hatte aber mehr mit der Wand hinter dessen Rücken gesprochen.

      »Und?«

      »Und, was?«

      »Konntest du trotzdem ein paar unserer Sachen verkaufen?« Wallas hatte aufgehört, das Messer zu polieren und schien nun das Ergebnis seiner Arbeit zu prüfen.

      »Äh, nun ja…« Kard kratzte seine flaumigen Bartstoppeln unter seinem rechten Ohr. »Weißt du, die Alte aus den Drachenbergen war auch da. Du weißt schon, die, die damals dabei war, als du mich aus dem Waisenhaus mitgenommen hast.«

      »Die Gova, ich weiß schon, wen du meinst.« Wallas hatte inzwischen seinen mächtigen Schädel gehoben und schaute Kard neugierig an.

      Kard zog eine Grimasse, hielt die Luft an, wackelte mit dem Kopf und versuchte dem Blick von Wallas auszuweichen. »Na, ja, ich glaube, sie hat mich verhext. Sie hatte dieses Amulett, weißt du. Sie hat behauptet, es wäre ein echter Drachenzahn. Aber das kann ja gar nicht sein, es gab ja nie Drachen, oder? Wie auch immer. Plötzlich hatte ich dieses Ding hier um den Hals und sie hatte drei unserer Schaufelblätter. Ich werde sie dir irgendwie bezahlen. Ich wollte es nicht, aber irgendwie ist es geschehen. Tut mir leid.«

      Wallas sagte erstmal nichts und schaute Kard ernst aber nicht ärgerlich an. »Ein Drachenzahn, sagst du?«

      »Ja, so ein Stein, der aussieht wie ein Zahn und sie hat behauptet, es wäre ein Drachenzahn. Jetzt komme ich mir schon irgendwie dämlich vor.«

      »Dann geh doch zurück, sag ihr einen schönen Gruß von Wallas, dem Schmied, gib das Amulett zurück und hol dir die Schaufelblätter wieder.«

      »Äh, nein…« Kard hatte den Blick wieder gesenkt. Sein Oberkörper wirkte angespannt. Er tänzelte auf den Fußballen. »Weißt du, Wallas, das Komische ist, jetzt möchte ich das Amulett schon behalten, ob Drachenzahn oder nicht, aber, wie soll ich sagen, ich habe schon das Gefühl, das es zu mir passt. Vielleicht ist es ja auch ihre Hexerei, keine Ahnung. Aber sicherlich, da glaube ich ihr schon, kommt es aus den Drachenbergen, du weißt schon, da komme ich ja auch irgendwie her, nur das ich nicht genau weiß, wer meinen Eltern waren, irgendwie…«

      »Darf ich es mal sehen?« Wallas musterte den Jungen forschend.

      »Ja, klar, hier schau.« Kard nahm das Amulett von seinem Hals und ließ es in die mächtige Handfläche des Toraks gleiten.

      »Ein Drachenzahn soll das also sein? Sieht für mich fast aus wie Minas-Erz mit diesem bläulichen Schimmer.« Dann warf Wallas das Amulett mit einem gezielten Wurf direkt in eine der Essen, in denen unter der erkalteten Oberfläche immer noch die Kohlen glühten. Kard gab ein dumpfes Knurren von sich, sprang mit einem riesigen Schritt hinterher und hätte beinahe mit bloßen Händen danach gegriffen. Gerade rechtzeitig erinnerte er sich offensichtlich, dass es ratsam war, hier doch eine Zange zu benutzen. Geschwind packte er das Amulett, das Lederband war längst verbrannt, und

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