Genesis VI. Alfred Broi

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Genesis VI - Alfred Broi Genesis

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seinem Sitz ein wenig auf. Doch als er sich umschaute und in die Gesichter seiner Freunde und der anderen Anwesenden blickte, konnte er nirgendwo eine gleichartige Reaktion erkennen, sodass er sich plötzlich nicht mehr sicher war, ob er womöglich nur einer Einbildung erlegen war.

      Vilo und neben ihm Kaleena, Jovis und schließlich Leira saßen links von ihm und aßen stumm von dem heißen, dickflüssigen Würzbrei, den auch er in einer Schale auf dem Schoss hatte. Er sah zwar alles andere als essbar aus, doch schmeckte er ziemlich gut. Seine Freunde wirkten angespannt und geschafft, aber nicht besorgt.

      Links neben ihnen saßen Cosco, Dek und Captain Tibak, alle drei hatten Wasserbecher in den Händen und tranken stumm und mit gesenktem Blick daraus. Cosco wirkte sehr ernst und nachdenklich, doch das war auch kein Wunder, wusste er seinen Sohn doch in diesem Moment in Gefangenschaft auf Kimuri.

      Mavis drehte seinen Kopf nach rechts und sah zunächst den jungen Chalek und Pater Matu. Wie auch Vilo und Kaleena aßen sie stumm von dem Würzbrei. Der Priester wirkte erschöpft, doch der Junge hatte wie stets ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Woher nimmt er in dieser gottverdammten Scheißwelt nur eine derart widerlich positive Einstellung? dachte Mavis nicht zum ersten Mal.

      Dann schaute er direkt neben sich und da saß Melia. Augenblicklich war er wieder berauscht von ihrem Anblick und hätte sie am liebsten in seine Arme geschlossen, von hier weggeführt und einfach nur ihre unbedingte Nähe genossen. Schon jetzt konnte er durch all den Schmutz und Schweiß hindurch den wundervollen Duft ihrer Haut riechen. Im nächsten Moment schaute sie von ihrer Schale auf und blickte ihm direkt in die Augen. Mavis erschrak beinahe und spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Ja, diese Frau war das fantastischste Wesen, dem er je begegnet war, in ihren Augen loderte ein Feuer, von dem er gefangen war, kaum, dass er in sie hinsah. Eine wohlige Gänsehaut kroch über seinen Rücken bis unter seine Schädeldecke.

      Melia versuchte ein Lächeln, doch es wollte ihr nicht recht gelingen. Auch wirkte sie im Allgemeinen eher traurig, doch konnte es auch einfach nur sein, dass sie körperlich vollkommen erschöpft war. Mavis wusste, dass es noch einige Zeit brauchen würde, um ihr Verhalten und ihre Gesten wirklich zu verstehen – genauso, wie es damals gewesen war… in einem anderen Leben… vor sieben Jahren.

      Jetzt kräuselte sie ihre Stirn und schaute ihn fragend an, doch er schüttelte nur den Kopf. Ganz offensichtlich hatte er sich in Bezug auf die Erschütterung und den Donner geirrt. Bevor er seinen Kopf dann wieder nach vorn wandte, konnte er sehen, dass sie ein erneutes Lächeln versuchte, welches ihr aber noch deutlicher misslang, als das erste und sie hiernach noch trauriger wirkte. Mavis wurde sich bewusst, dass er nicht mehr viel Zeit verlieren durfte, um mit ihr in Ruhe und allein zu reden. Wenn doch nur nicht dieser verdammte Krieg wäre, der sie beständig über den Planeten hetzte. Er versuchte, diese Welt noch zu retten, doch was, fragte er sich, wäre, wenn er dabei versagte und er die wenige Zeit, die ihm mit Melia noch blieb, vergeudete?

      Bevor ihn dieser Gedanke jedoch übermannte, zwang er sich, sich wieder auf das Geschehen hier zu konzentrieren. Und sein Blick fiel dabei erneut auf den Mann, der ihnen auf der anderen Seite des Lagerfeuers im Kreise seiner Männer gegenübersaß. Er mochte gealtert sein – doch wer war das in den letzten Jahren nicht? – er hatte etliche Narben im Gesicht, auf dem Hals, den Armen – und sicherlich die schlimmsten im Herzen und auf der Seele – doch es war ganz eindeutig Admiral Lobos!

      Und die Tatsache, dass er hier lebendig vor ihnen saß, grenzte für Mavis ehrlich an ein Wunder, an das er kaum glauben mochte, dem er sich jedoch auch nicht verschließen konnte. Um Lobos herum saß etwa ein Dutzend seiner Männer. Verwitterte, aber sichtbar entschlossene Gestalten, mit deutlichen Zeichen harter Gefechte auf ihren Körpern.

      In Mavis Kopf überschlugen sich etliche Fragen, doch noch war er nicht dazu gekommen, sie zu stellen.

      Vielmehr musste er noch immer an die Geschehnisse der letzten Stunden denken, die sie letztlich hierhergeführt hatten:

      Nachdem sie aus der unterirdischen Hölle südlich von Porista zurückgekehrt waren und dabei tatsächlich den sagenumwobenen Kristall zur Rettung ihres Planeten in den Händen hielten, wollten sie zurück nach Kimuri fliegen, mussten jedoch dank der Hilfe Marivars erkennen, dass dort der Feind in Gestalt von Panthos Schergen Einzug gehalten hatte und Jorik, Shamos und die anderen gefangen hielt. Wenn Mavis daran dachte, dass es Menschen waren, die ihresgleichen schikanierten, wurde ihm beinahe übel und er verspürte einen unbändigen Hass auf Narrix und seine Männer. Der Planet wurde von den furchtbarsten Kreaturen heimgesucht und die Menschen hatten nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig zu bekämpfen. Doch er wusste nur zu genau, wer eigentlich hinter diesem himmelschreienden Komplott steckte: Commander Panthos, der als Nuri des poremischen Volkes und mittlerweile Vorsitzender des Hohen Rates, dessen Sitz sich in Eshamae unterhalb der Wasseroberfläche befand, seinen Mitgliedern weismachte, dort in Sicherheit zu sein. Mavis hoffte, dass diese aufgeblasenen, alten Schwachköpfe bald erkennen würden, dass sie Unrecht damit hatten. Noch mehr jedoch hoffte er darauf, Panthos noch einmal persönlich gegenübertreten zu können – um ihn zu töten. Für das, was er den Menschen in seinem blinden Fanatismus antat.

      Doch das waren Gedanken, die er zurückdrängen musste. Hier gab es viel wichtigere Dinge zu klären.

      Bevor sie ihren Kurs auf Kimuri ändern konnten, wurden sie bereits verfolgt. Ihre Flucht führte sie auf das poremische Festland nördlich von Ara Bandiks und südlich des Geländes der Imrix Corporation zum Piritak-Massiv. Ihre Hoffnung, kampflos zu entkommen, erfüllte sich nicht und so gab es ein Feuergefecht, in dem gute Menschen starben und ein Flugboot zerstört wurde. Vollkommen sinnlos!

      Ihr eigenes Schiff wurde dabei so schwer beschädigt, dass sie notlanden mussten. Gerade noch in letzter Sekunde konnten sich alle in Sicherheit bringen, bevor auch es explodierte.

      Ihr Weg führte sie dann in ein angrenzendes, noch immer überraschend dicht bewachsenes Sumpfgebiet ganz in der Nähe des Mioli-Flusses, der letztlich weiter nordöstlich in die Schluchten von Kindagi mündete. Mavis wusste noch genau, dass er das Wasser rauschen hören glaubte, als plötzlich der Boden unter ihren Füßen nachgab, sie über eine Art Rutsche in die Tiefe schossen, letztlich in einer großen Pfütze wieder zum Erliegen kamen und dann in nichts Geringeres blickten, als das Gesicht des todgeglaubten Admiral Lobos.

      Lobos gab ein paar knappe Befehle an seine Männer und man holte sie aus dem stinkenden, feuchten Loch. Die Begrüßung erfolgte dann wortkarg, aber herzlich und sichtbar emotional, zumindest nachdem Vilo ihnen die Furcht vor Leira genommen hatte, der sie anfangs natürlich extrem distanziert gegenübergestanden waren. Während Lobos und seine Männer sie durch ein weitverzweigtes Tunnelsystem in eine ziemlich große Höhle brachten, war eigentlich er es, der ihnen Fragen stellte, als umgekehrt. In der Höhle bot er ihnen einen Platz am Lagefeuer an, um sich zu wärmen und man gab ihnen zu essen und zu trinken. Ein paar seiner Männer kümmerten sich um die wenigen Überlebenden der Hochebene südlich von Porista, die lange Zeit das Zuhause Melias gewesen war, und brachten sie in andere Höhlen.

      Dann aßen alle zunächst von dem Würzbrei und es wurde nicht geredet. Da alle ausgesprochen ausgepumpt waren, akzeptierten sie diesen Moment der Ruhe.

      Doch Mavis spürte schnell, dass all seine Fragen ihm den Appetit abschnürten. Er wollte auch gerade loslegen, als er die Erschütterung gespürt hatte, sodass er zunächst wieder davon abgekommen war.

      Als er jetzt aber wieder ansetzen wollte, sah er, dass Lobos seine Schale beiseitegestellt und sich stattdessen einen Wasserbecher genommen hatte, den er in den Fingern drehte, während er ihn mit nachdenklichem Blick fixierte. „Sie wollen wissen, was mit uns...!“ Er drehte seinen Kopf blicklos zur Seite, wo seine Männer saßen. Seine Stimme klang rau, tief und etwas müde „...geschehen ist und warum wir noch leben!“

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