Magisches Kompendium – Wissen und Weisheit der nordischen Magie. Frater LYSIR

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Magisches Kompendium – Wissen und Weisheit der nordischen Magie - Frater LYSIR MAGISCHES KOMPENDIUM

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einem Kleid deutlich ähnlicher, als eine Hose! Interessant ist in diesem Kontext, dass manche Forscher meinen, dass die Männer, wenn diese Seidhr/Seiðr praktizierten, homosexuelle Grundzüge annehmen mussten, da es um eine Penetration ging. Dass in diesem Kontext eine Invokation, das Annehmen einer Gottform, auch eine Art der Penetration ist, wird mal wieder vergessen, bzw. es wird nicht gewusst, da man sich primär auf die Forschung der literarischen Texte bezieht, aber nicht auf die praktische Magie. Und selbst wenn Seidhr/Seiðr mit sexualmagischen Praktiken einherging, ist es immer noch eine „gängige und normale“ magische Praxis.

      Dass hier die Sexualität tabuisiert wird, hat nichts mit Seidhr/Seiðr zu tun. Gerade in Bezug auf die Thematik zwischen „Mann“ und „Frau“ muss immer geschaut werden, ob es hier um energetische Aspekte geht, sodass man seine männliche und seine weibliche Seite zusammenbringen muss, wodurch man eine echte Einheit bildet, oder ob es darum geht, eine gewisse „Unmännlichkeit“ an den Tag zu legen, was mit der Begrifflichkeit „Ergi“ bzw. „Argr“ (aber auch earh, earg, arug etc.) getan wurde. So waren diese Begriffe eigentlich als Schimpfwörter gedacht, doch muss man hierbei wieder reflektieren, dass es etwas anderes ist, im magischen Kontext zu empfangen, als wenn man in einem sexuellen Kontext, als Mann etwas empfängt. Da es jedoch hier keine klaren schriftlichen Aufschlüsselungen gibt, wie, was, warum gemeint wurde, bleibt dies alles Spekulation. In den verschiedenen Texten, die sich auch teilweise als Gesetzestexte verstehen, existieren Hinweise, dass das Praktizieren von Seidhr/Seiðr bzw. das „Seiðmaðr“ sein, auch mit einer gleichgeschlechtlichen Aktivität verglichen wurde (kallar ragann), was dann wieder zu einem „Ehrverlust“ und einer „Stigmatisierung“ führte, die als „Niðingr“ oder „Nīþ“ bezeichnet war. Diese Stigmatisierung lässt sich aber auch darauf beziehen, dass hier ein „Bösewicht“ tituliert wurde, jemand also, der Schadensmagie betreibt, sodass sich hierdurch wieder ein entsprechender Schleier auf die negative Verwendung von Seidhr/Seiðr legt, was bedeutet das Seidhr/Seiðr primär zur Schadensmagie, zur Manipulation, zur Verfluchung und zur Bewusstseinsübernahme verwendet wurde. Bei diesen ganzen Thematiken muss man aber reflektieren, dass die jeweiligen Quellen, die Mythen, Legenden, Sagen und Geschichten eben eine christliche Prägung hatten, und man hier keine Aufzeichnungen besitzt, die deutlich vor dem 10. Jahrhundert, und somit deutlich vor der Christianisierung, verfasst wurden. So ist eine mögliche Manipulation, ein energetisches Eingreifen, ohne Weiteres als etwas „Verwerfliches“ oder auch „Weibisches“ zu sehen, zumindest dann, wenn die eigentlichen Konflikte entweder mit einem Faust-, Schwert- oder Axtkampf beglichen wurden. Nun ja, doch auch dies sollte man nicht zu wortwörtlich nehmen. Wie gradlinig, offen, direkt und aufrichtig die damaligen Männer waren, wenn es um Streitigkeiten ging, sei einfach mal in den Raum gestellt. Denn wenn man sich die verschiedenen Ränke, Intrigen und Umtriebe der Götter anschaut, wo betrogen, verschleiert, illusioniert und hintergangen wurde, dann muss die Kultur ein entsprechendes Spiegelbild gewesen sein. Odin, Thor und Loki sind hier die besten Beispiele dafür, dass Ehrlichkeit und Offenheit nicht immer verwendet wurden.

      Ein anderer Blickwinkel, der Seidhr/Seiðr in einem negativen Licht erscheinen lässt, ist natürlich die Tatsache, dass Menschen, die um Wahrsagerei bitten, hier aber nur die Wahrheit hören, die dem Ego sicherlich nicht immer passt, auch sehr schnell missgünstige Informationen säen, erst recht, wenn die Prophezeiungen, die divinatorischen Arbeiten, so eintrafen, wie sie postuliert wurden.

      Wahrheit! Was ist alles die Wahrheit, gerade wenn es darum geht, Seidhr/Seiðr zu thematisieren? In diesem Kontext muss man sich natürlich fragen, wie die praktischen Arbeiten, die Rituale und Riten, die divinatorischen Aktionen, die meditativen Ausführungen, wie auch die energetischen Erledigungen gestaltet waren. Gab es jetzt wilde sexuelle Ausschweifungen?! Ist dies eher eine Art der negativen Propaganda!? Wie schon erwähnt, findet man keine klaren Aufzeichnungen, die dies alles haarklein aufschlüsseln. Man muss in diesem Zusammenhang einfach akzeptieren, dass die bisherigen Niederschriften davon berichten, dass Seidhr/Seiðr primär von den Frauen praktiziert wurde, jedoch auch viele Männer mit eingeflochten wurden. Da die Männer zum Teil aber hier keine klaren Kriegereigenschaften haben mussten – man könnte auch sagen, es war ein Panoramablick und kein Tunnelblick vonnöten – wurde die Arbeitsmethode des Seidhr/Seiðr in ein schlechtes Licht gerückt. Heutzutage ist dies ähnlich, denn wenn man seinen Verstand gebraucht, andere in Diskussionen und geistigen Auseinandersetzungen ohne Weiteres überflügeln kann, wird man schnell mit Spott und Häme überschüttet. Auch dies muss man reflektieren, wenn es um die Klassifizierungen und Erzählungen des Seidhr/Seiðr geht. Wichtig ist einfach zu begreifen, dass die magische Praxis stets einen Ausgleich fordert, sodass man mit seinen männlichen und seinen weiblichen Anteilen harmoniert, dass im eigenen Inneren das wahre „Goldene Herz“ schlägt, dass die „chymische Hochzeit“ zelebriert wurde, dass man seine verschiedenen energetischen und persönlichen Anteile kontaktieren kann, sein Ego kontrollieren kann, um dann effektiv zu arbeiten. Genau deswegen ist stets der Protagonist in der Magie – und somit natürlich auch in den Arbeiten des Seidhr/Seiðr – das absolut Wichtigste. Es ist spannend, dass in den verschiedenen Mythen, Legenden, Geschichten und Sagen (wie zum Beispiel die Sage von Erik dem Roten) Berichte auftauchen, dass Seidhr/Seiðr auch zur Verfluchung eingesetzt wurde, doch trifft dies auf alle Magiearten der Natur zu. Wenn der eigene Stamm, die eigene Sippe, die eigene Gemeinschaft, die eigene Familie bedroht wird, wird man sich zur Wehr setzen – egal wie und egal womit. Wenn man über die Fähigkeit verfügt, Seidhr/Seiðr zu zelebrieren, wäre man dumm, wenn man diese Möglichkeiten nicht nutzen würde. Dies bedeutet auch, dass man eben divinatorisch arbeitet, um zu erkennen, welche Möglichkeiten die Zukunft bereithält, um dann vom Zeitpunkt der Divination reflektiert zu agieren, sodass die Zukunft entweder eintritt, die in der divinatorischen Arbeit erkannt wurde, oder, dass diese eben nicht eintritt, wenn sie für die eigenen Ziele kontraproduktiv ist.

      Warum in Bezug auf Seidhr/Seiðr das Thema der Sexualität immer tabuisiert wird, liegt möglicherweise auch an den Autoren selbst. So wird zum Beispiel berichtet, dass die Frauen, die Seidhr/Seiðr betrieben, eben auch Stäbe hatten, sodass hier auch wiederum die Begrifflichkeiten / Titel „Völva“ oder auch „Spákona“, zu nennen sind, also Seherinnen, Prophetinnen oder auch „Stabträgerinnen“. Diese Stäbe sollen auch eine phallische Form gehabt haben, sodass hier natürlich die Sexualpraktiken der Masturbation denkbar sind.

      Doch warum sollte so etwas gemacht werden? Ganz einfach, der Grund ist der Gleiche, warum die Hexen nackt auf ihren Besen ritten. Hierbei muss man einfach reflektieren, dass man dem Körper verschiedene Drogen auf verschiedene Art und Weise zuführen kann. Natürlich kann man einige Drogen ganz einfach oral aufnehmen, sodass man irgendetwas schluckt, hofft, dass man sich nicht über gibt, dass die Leber nicht zu viel abbaut (First-Pass-Effekt) und dass letztendlich auch einiges vernünftig verstoffwechselt wird. Doch solche Substanzen, solche Drogen, solche phytopharmazeutischen Dinge, kann man auch rektal oder vaginal aufnehmen. Auch hierdurch kann man einen Rausch erzeugen, und genau dies ist denkbar, wenn über die entsprechenden sexuellen Praktiken spekuliert wird. Ob es wirklich so war, sei einfach mal in den Raum gestellt. Möglich ist es, denn einige Stoffe lösen bei der oralen Applikation größere Probleme aus, als sie es bei einer rektalen oder vaginalen Applikation tun. Gleichzeitig muss man reflektieren, dass die Energie, die sich bei einem Orgasmus aufbaut, gigantisch ist, und dass man genau diese Energie nutzen kann, um den magischen Akt wortwörtlich zu besteuern. Auch dies ist nichts Verwerfliches und ist ein ganz normales magisches Mittel der Wahl.

      Wenn man sich die verschiedenen Aufzeichnungen über Seidhr/Seiðr anschaut, bzw. sich auf das direkte Vorkommen des Wortes „Seidhr/Seiðr“ versteifen will, muss der Runenstein in der Kirche von Sønder Vinge in Dänemark betitelt werden. Hier ist es wichtig, dass es der Runenstein ist, der im 19. Jahrhundert in die Kirche geholt wurde, da der Ort Sønder Vinge über zwei Runensteine verfügt. Einer steht außerhalb und einer steht innerhalb der Kirche. Auf dem Stein, der innerhalb der Kirche steht, kann man folgende Inschrift lesen:

       Guði )/ Ǿði bryti rēsþi stēn þennsi øftiR Ūrǿkiu ok Kāðu, brǿðr sīna tvā. [Verði] særði ok sēðrǣddi sāR mannr es ǿði minni

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