Paulo am Ende der Seidenstraße (8). HaMuJu

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Paulo am Ende der Seidenstraße (8) - HaMuJu

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Keilform weiter zu fliegen. Unsere Stimmung war sehr gut, wir freuten uns, zusammen auf dem Fluss fahren zu können, Lan sagte, so einer wie ich hätte noch an Bord gefehlt, und ich fühlte mich geehrt. Ich schüttete jedem einen Schnaps ein und wir prosteten uns zu, Lo schüttelte sich, sie war so harte Sachen nicht gewohnt.

      Was denn so in Shanghai los wäre, wollte ich wissen, und Lo begann zu erzählen, wie sich die Touristen am „Oriental Tower“ die Klinke in die Hand gäben, sie wurde von Mayleen und Lan unterstützt, das Vorzeigestück von Shanghai wäre „The Bund“, eine Vergnügunsmeile am Huang Po, dort würde es von Touristen nur so wimmeln und in der Nanjing Road, der Haupteinkaufsstraße, käme man sich vor wie auf dem Rummelplatz, Lo meinte, dass es auf dem Times Square in New York wahrscheinlich ähnlich aussähe.

      Sie fühlten sich alle drei aber in Shanghai sehr wohl, es gäbe auf dem Campus inzwischen eine Menge ausländischer Studenten, vor allem aus Europa, zu denen sie guten Kontakt hätten. Wenn ich in fünfeinhalb Wochen in Shanghai wäre, sollte ich mir alles einmal genau ansehen, sie wären dann leider noch unterwegs, sonst hätten sie mir die Stadt zeigen können. Aber wir wollten zunächst einmal den Huang He hinunter fahren und uns an der Schönheit des Flusses und der Landschaft erfreuen.

      Wir nahmen alle ein Bier und tranken es in aller Gemütsruhe aus, wir mussten uns überlegen, wie wir das Bier kalt bekamen, so lauwarm, wie es war, schmeckte es nicht besonders gut. Einen Kühlschrank hatten wir nicht an Bord, wir konnten deshalb auch keine leicht verderblichen Dinge mitnehmen, wie Milchprodukte. Mir fielen auf Anhieb zwei Möglichkeiten ein, die eine wäre das Flusswasser, wir müssten die Flaschen einfach in einen Korb legen und ihn ein paar Stunden unter Wasser tauchen, die zweite Möglichkeit wäre Verdunstungskälte, man schlug ein nasses Tuch um die Flaschen und legte sie so in die Sonne, die möglichst stark scheinen musste, das verdunstende Wasser entzöge den Bierflaschen Wärme. An jenem Abend begnügten wir uns aber mit dem lauwarmen Bier. Lan und ich nahmen noch einen Schnaps, Mayleen und Lo winkten ab, sie spürten beide noch den ersten Schnaps und waren beide nicht die großen Alkoholtrinkerinnen.

      Da gäbe es in der Studentenschaft einige traurige Fälle, wo einige Studenten völlig dem Alkohol verfallen waren und gar nicht mehr studierten. Die Hochschulleitung musste solche Leute den Behörden melden, die sie dann auf Zwangsentzug setzte, was sicher sehr hart war. Es war mittlerweile stockfinster geworden, man hörte außer dem gurgelnden Flusswasser keinen Laut. Vom Dorf sah man einzelne Lichter in den Häusern, wir hatten unsere Petroleumlampe an. Dann musste ich von Deutschland erzählen, wie die Jugend dort zurechtkäme und was ihre Träume wären, wie es mit der Bildung aussähe. Ich sagte, dass die Jugend in Deutschland ein hohes Maß an materieller Ausstattung genösse und auch Wert auf Dinge legte, die rein materieller Art wären, wie Autos, Kleidung und Kosmetik. Es würde die Beschäftigung mit Bildung zu kurz kommen, es würde kaum noch gelesen, die Jugendlichen sähen keinen Sinn darin, sich Klassiker zu Gemüte zu führen. Man musste natürlich sehen, dass sie in der Schule zwangsweise mit solcher Lektüre konfrontiert wurden, die nicht immer Interpretationsmuster für die Lebenswirklichkeit bot. Auch in mir wäre die Erkenntnis, dass im europäischen Abendland die Griechen alles schon vorgelebt und Problemlösungen für alles Mögliche geliefert hätten, erst sehr spät gereift. Jugendliche würden mir vielleicht vorhalten, dass die Griechen doch noch gar keine Computer gekannt hätten, was wohl richtig wäre, aber Computer dienten doch nur der Kommunikation und dem Wissenserwerb, sie wären also Medium und kein Wert an sich. Ich glaubte, dass Jugendliche immer meinten, Vorreiter einer neuen Zeit zu sein, waren sie auch, aber sie waren gleichzeitig Produkt ihrer Vergangenheit und würden nur allzu leicht die Verbindung dahin kappen.

      Wir kamen wieder ins Philosophieren, wie so oft, wenn man mit Leuten zusammensaß, besonders abends und sich völlig ohne Druck treiben lassen konnte. Um 24.00 h löschten wir die Lampe und gingen schlafen. Unten gab mir Lo vor meiner Kabinentür einen Kuss auf die Wange und wünschte mir eine gute Nacht, ich schlief sofort ein.

      Am nächsten Tag fuhren wir so gegen 10.00 h los, wir wollten achtzig Kilometer schaffen, Lo hatte Tücher besorgt, sie nass gemacht, Bierflaschen damit umwickelt und in die Sonne gelegt. Ab und zu musste man die Tücher anfeuchten, bis sie dann wieder trocken waren. Der Fluss wurde mit einem Male recht seicht, wir mussten aufpassen, nicht aufzusetzen und viele Flussinseln umschiffen, es blieb aber immer genügend Wasser unter dem Kiel. Das Boot hatte einen Tiefgang von achtzig Zentimetern, da musste schon extreme Wasserkknappheit herrschen, bis wir aufsetzten. Wir unterquerten hinter Wujiawan die Brücke der Nationalstraße 109, die Straßenbrücke und gleichzeitig Eisenbahnbrücke war, danach beschrieb der Gelbe Fluss einen großen Bogen, um dann lange durch eine fruchtbare Ebene zu fließen. Am frühen Nachmittag unterquerten wir die große Brücke des Liubai Expy, wir hatten bis zu der Brücke schon fünfzig Kilometer hinter uns gebracht. Wir gaben unseren Plan, bis Xiacun zu fahren auf und fuhren weiter bis Yema, einem Dorf, das inmitten von Bergen auf einer grünen Landzunge lag. Das würde uns noch einmal zwei Stunden Fahrt kosten, aber das machte nichts, wir hatten Zeit, der Fluss war ruhig und wir kamen gut voran. Am Nachmittag stand ich am Steuer und war fröhlich, ich sang vor mich hin und pfiff Melodien. Lo kam zu mir und fragte mich, warum ich so guter Dinge wäre. Mir fiel als Antwort nichts Besseres ein als zu sagen, dass ich mich am Leben freute, was sich sehr emphatisch anhörte, aber exakt den Kern der Dinge traf.

      Sie mochte mich, sagte Lo dann zu mir und legte ihre Hand auf meine Schulter, ich antwortete, dass ich sie auch mochte, ihr das nur noch nicht richtig hätte zeigen können und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Kurze Zeit später erreichten wir Yema. Es gab keinen Anleger, wir mussten so nah wie möglich ans Ufer fahren und Bäume oder Astwerk suchen, an denen wir das Boot festmachen konnten. Lan hatte das Boot ans Ufer gefahren, langsam, immer darauf achtend, nicht aufzusetzen. Ich sprang ins flache Wasser und lief an Land, wo ich stabile Bäume fand, um die ich die Taue legte, mit denen ich das Boot festmachte. Wir waren alle etwas erschöpft, hatten wir doch an dem Tag mehr als achtzig Kilometer zurückgelegt. Gegessen wurde unterwegs nicht, wir hatten während der fünfeinhalb Stunden Fahrt nur etwas getrunken. Umso hungriger waren wir. Lo und ich schnappten uns meinen Rucksack und liefen ins Dorf zum Einkaufen. Wir wollten grillen, das wäre für uns am einfachsten.

      Wir kauften also Fleisch ein, Ketchup, Senf, Salat und Brot. Eine Salatsauce war schnell gemacht, Lan und Mayleen hatten den Grill schon angesteckt. Wir brachen das Brot entzwei und legten Fleischstücke auf den Grill. Das Bier hatte eine akzeptable Temperatur angenommen, das Prinzip der Vedunstungskälte funktionierte eben immer, das Bier hatte zwar keine Kühlschranktemperatur, war aber gut trinkbar, anders als am Vorabend. Wir mischten den Salat und setzten uns an den Tisch. Der Grill stand an Deck, weshalb wir ein wenig aufpassen mussten, dass keine Glutstücke aufs Boot fielen und Brandflecke hinterließen oder gar ein Feuer entfachten. Wir hatten Jacken übergezogen, abends wurde es am Fluss doch immer recht frisch, es war genau so gemütlich, wie am Vorabend, wir kamen wieder gut ins Gespräch. Ich schnitt das Thema Nationalitätenkonflikte in China an und verwies auf meine Erfahrungen im uigurischen Konfliktgebiet, die ich gemacht hatte und erzählte von meinem Erlebnis, das ich mit Liang in Urumqi hatte, wo wir Zeugen eines Polizeiübergriffes wurden.

      China täte sich seit jeher sehr schwer mit seinen unterschiedlichen Ethnien, es wäre ja auch praktisch unmöglich, einerseits religiöse Toleranz zum Beispiel zu üben und andererseits Unterordnung unter den staatlichen Überbau zu fordern, sagte Lan. Da, wo es Diskriminierungen gegeben hätte, wie offensichtlich bei den Uiguren, wären deren Protest und Aufbegehren verständlich und müssten die für die Diskriminierungen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, fuhr er fort, allerdings müssten die Ethnien auch sehen, dass sie in einem Staate zusammenlebten und auch von sich aus etwas dazu beitrügen, dass das Zusammenleben friedlich verliefe. Ich gab Lan recht, dagegen war nichts zu, und ich musste an die Ausländer in Deutschland denken, und welche Schwierigkeiten damit verbunden waren, das, was man Integration nannte, auch Wirklichkeit werden zu lassen. Es ging nicht an, dass Ausländer, die in Deutschland oder auch anderswo leben wollten, Parallelgesellschaften bildeten, in denen sie fernab von geltenden sozialen oder staatlichen Strukturen lebten, ohne sich um die Sprache des Gastlandes zu bemühen, gleichwohl aber Bezieher staatlicher

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