Paulo am Ende der Seidenstraße (8). HaMuJu

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Paulo am Ende der Seidenstraße (8) - HaMuJu

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der Fluss gewesen, Straßen gab es weit und breit keine. Es schien aber so, dass die Dörfer zum Fluss kein gutes Verhältnis hatten, es gab jedenfalls weder Anlegestelle noch Boote, vielleicht trat der Gelbe Fluss regelmäßig über die Ufer und überspülte die Äcker mit seiner gelben Fracht, die sicher fruchtbar war, im Moment der Überflutung aber alle Feldfrüchte vernichtete und dem Vieh die Weiden nahm. Stundenlang durchfuhren wir das Gebirge, schroffe Felswände wechselten sich mit kleinen Landvorsprüngen ab, an denen es Dörfer und landwirtschaftliche Flächen gab, hin und wieder mündete ein Nebenfluss. Auf der linken Flussseite begleitete uns seit geraumer Zeit eine schmale Straße und bei Yushu Taizi hatten sich Ausläufer der Gobi Wüste aus der Inneren Mongolei, an deren Grenze wir uns inzwischen befanden, zum Fluss hindurchgebrochen, wir bekamen plötzlich einen heißen Wind zu spüren, tauchten dann aber für weitere vierzig Kilometer in die Felsformationen ein, die aber schon nicht mehr die gewaltigen Ausmaße hatten. Die warme Luft begleitete uns fortan und wir bekamen großen Durst, dem wir aber nicht mit Bier abhalfen, sondern wir nahmen jeder eine leere Flasche und füllten sie am Wassertank. Dann, bei Dawan, tauchten wir in die Wüstenebene ein, neben uns verlief die 201 Provincial Road mit Eisenbahn und es folgte ein Gebiet mit dichter Besiedlung, in Shapo Toucun machten wir fest, ein kleiner Ort, der allerdings lebte, man merkte die Nähe großer Städte, es gab Autoverkehr, die absolute Stille war vorbei, es gab sogar Touristen. Lo und ich gingen wieder einkaufen, man hatte am Ort verschiedene Supermärkte, wir wurden nicht angestarrt wie das achte Weltwunder, man musste beim Überqueren der Straße auf Autos achten. Wir hatten beschlossen, wieder zu grillen und Lo und ich gingen zum Metzger, wir kauften bei ihm gutes Lammfleisch, danach deckten wir uns im Supermarkt mit Bier ein, auch Limo holten wir, zum Schluss holten wir beim Bäcker gutes Brot. Der Rucksack hatte doch beträchtlich an Gewicht zugelegt und ich schleppte den Einkauf zum Boot. Lo und ich setzten uns an den Tisch und öffneten jedem eine Flasche Bier, als wir plötzlich vom Unterdeck her Stöhngeräusche hörten. Wir schauten uns an und küssten uns, Lo umarmte mich und schmiegte sich an mich. Ich war zu jenem Zeitpunkt seit einer Woche auf dem Boot, es kam mir vor, als hätte ich nie etwas anderes getan, als Boot zu fahren. Lo und ich bereiteten den Grill vor uns steckten ihn an, wir stellten ihn aus der Windrichtung, sodass wir nicht im Qualm sitzen mussten. Dann kamen Mayleen und Lan hoch und setzten sich zu uns an den Tisch. Wir gaben ihnen Bier und stießen gemeinsam an.

      Ich legte Fleisch auf und zerschnitt ein paar Gurken und Tomaten, ich zerteilte das Brot. Das war ein anstrengender Tag, die Fahrerei durch das Gebirge hatte höchste Aufmerksamkeit erfordert, ich hatte mich am Steuer zwar mit Lan abgewechselt, aber Lan stand doch immer neben mir, egal, wir hatten es geschafft und waren zufrieden. Wir kamen auf das Thema Familien zu sprechen, als ich sagte, dass ich einmal wieder nach Hause telefonieren müsste, um mitzuteilen, dass alles in Ordnung wäre. Die anderen wollten von mir wissen, welche Rolle mein Elternhaus in meinem Leben spielte. Ich überlegte kurz und antwortete dann, dass ich gerne an mein Elternhaus dächte, aber auch froh wäre, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich wäre zwei Jahre von zu Hause fort, manchmal sehnte ich mich nach meinen Eltern, sie wären aber in einem Alter, wo sie mir in meinem Leben nicht mehr weiterhelfen konnten, es würde sich allmählich ein Rollentausch vollziehen, auch innerhalb der Familie hätte in den letzten Jahren mehr und mehr die Mutter das Zepter in die Hand genommen. Lan sagte von seiner Familie etwas Ähnliches, als er Kind war, hätte er seinem Vater unbedingt aufs Wort gehorchen müssen, bei Verfehlungen gab es Schläge mit dem Rohrstock, weshalb er seinen Vater in den späteren Jahren hasste. Dann aber ließ die Strenge plötzlich nach, als er ungefähr fünfzehn Jahre alt war, hatte er zu seinem Vater ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut, von dem er nie geglaubt hätte, dass es sich jemals einstellen würde. Er hätte noch eine Schwester, die durch eine ganz andere Erziehung gegangen wäre, sie wäre als Mädchen nie solch strengen Maßregeln unterworfen gewesen, sie hätte mehr unter den Fittichen seiner Mutter gestanden und die war sehr sanft und nachsichtig. Lo und Mayleen hatten einen Bruder und bestätigten für ihre eigene Erziehung Lans Worte, auch bei ihnen wäre die Mutter die Hauptansprechpartnerin gewesen, nie wären sie geschlagen worden, sie hätten eine sehr glückliche Kindheit durchlebt. Wir fragten uns, wie wir unser Verhältnis zu unseren Eltern in diesem Moment sähen. Ich sagte, dass ich ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern hätte, jedenfalls glaubte ich das, ich achtete auf Distanz, ohne meine Eltern das merken zu lassen, außer natürlich auf meiner Reise. Lan meinte, dass eine solche Distanz wichtig wäre, einerseits um zu signalisieren, dass man auf eigenen Füßen stünde, andererseits auch, um zu zeigen, dass man sich dem erzieherischen Einfluss durch das Elternhaus entzogen hätte. Die Mädchen sagten, dass es immer sehr schön wäre, nach Hause zu fahren, es hätte sich nicht sehr viel geändert. Ich erwähnte, dass sich bei meinem Vater langsam Krankheiten einstellen würden, an die man früher nicht gedacht hatte. So litte er in letzter Zeit unter Rheuma und sonstigen Altersbeschwerden, er wäre sechzig Jahre alt und müsste sich schonen, er wäre Frührentner und würde noch viel im Garten arbeiten. Lo, Mayleen und Lan entgegneten, dass ihre Eltern jünger und bei bester Gesundheit wären, sie wüssten nicht, woran es läge, dass in den westlichen Zivilisationen Krankheiten verbreitet wären, die es in China kaum gäbe. Ich gab meiner Vermutung Ausdruck, dass das ernährungsbedingt wäre, der hohe Fleischkonsum bei uns wäre nicht gut für den Körper, womit wir wieder bei unserem Grill wären und lachen mussten.

      Ich wendete die Lammsteaks und stellte Ketchup und Senf auf den Tisch, wir prosteten uns zu und nahmen uns vor, auf unsere Ernährungsgewohnheiten zu achten, ab und zu einmal zu grillen, das könnte aber nicht schaden. Ich gab jedem ein Stück Fleisch und legte noch nach, die Mädchen winkten ab, Lan und ich würden aber noch ein zweites Stück Fleisch essen.

      Der Fleischkonsum war in China in den letzten Jahren deutlich angestiegen, wie sich überhaupt der ganze Lebensstandard verbessert hatte. Die Massenarmut war nicht mehr so ausgeprägt, wie in früheren Jahren. Sicher, es gab noch Wanderarbeiter, die zu Millionen vom Land in die Städte zogen und dort Arbeit suchten, deren Schicksal war erbärmlich. Aber die unglaubliche Armut früherer Jahre auf dem Land war praktisch verschwunden, was viele auf Chinas Öffnung nach Westen zurückführten und auf die Möglichkeit für den Einzelnen, in Eigenverantwortung Gewinne zu erwirtschaften, was früher völlig undenkbar war. Ich schenkte Lan und mir einen Schnaps ein, wir sahen uns an und kippten ihn hinunter. Ich wollte es an dem Abend bei einem Schnaps belassen, Lan auch und so brachte ich die Flasche wieder weg. Wir hatten lange geredet, das Reden hatte Spaß gemacht, man merkte, dass man auf der gleichen Wellenlänge schwang, und so gab es viele Anknüpfungspunkte für Gespräche, einer war eben die Familie.

      Trotz unserer Auslassungen über den übermäßigen Fleischgenuss in Zentraleuropa ließen wir uns unser Grillfleisch schmecken, es schmeckte hervorragend. Wir saßen lange an Deck und erzählten, es herrschte wieder die Philosophieatmosphäre, wie an so vielen Abenden zuvor auch schon, sie entwickelte sich, wenn man unter Gleichaltrigen in aller Ruhe ohne Druck zusammensaß. Gegen Mitternacht gingen wir schlafen, nachdem wir die heiße Grillasche in den Fluss geschüttet, den Grill nach hinten gestellt und den Tisch abgeräumt hatten.

      Als ich Lo unten vor ihrer Kajütentür küsste, schob sie mich in ihre Kajüte und wir umarmten uns gierig, wobei wir uns gegenseitig auszogen. Ich sagte zu Lo:

      „Unsere Gespräche an Deck nach dem Essen sind immer sehr erfüllend, ich glaube, dass jeder von uns etwas davon hat.“

      „Wenn Lan, Mayleen und ich zusammen sind, führen wir oft solche Gespräche, bei denen sich jeder wohlfühlt“, sagte Lo.

      „Man merkt euch allen dreien an, dass ihr vieles aus eurem Studium vor euch her transportiert, man spürt einen Wissensfundus“, antwortete ich.

      „Wir streiten uns auch schon einmal, das sind oft Kleinigkeiten, um die es dann geht und wir lösen den Konflikt dann meistens in Frieden auf“, sagte Lo. Ich drückte Lo eng an mich und küsste sie, Lo schien meine Küsse zu genießen und schmiegte sich an mich. Wir lagen auf Los enger Liege übereinander, wieder spürte ich kaum ihr Gewicht, sie war wie eine Feder, ich musste vorsichtig sein, sie nicht zu verletzen. Dann überkam uns die Müdigkeit und ich ging in meine Kajüte, wo ich mich hinlegte und sofort einschlief.

      Als

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