Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7. Sophie Lang

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Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7 - Sophie Lang

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solltest lernen, mit dem Bogen umzugehen oder mit einem Schießeisen, dann hätte sie weniger zu tun.«

      »Ich bin mit dem Bogen ziemlich mies und habe noch nie ein Gewehr benutzt! Und wer würde dich dann beschützen, wenn die bösen Bestien kommen?«, scherze ich, aber Jesse ist kein Lächeln zu entlocken.

      »Engel, das war verdammt knapp.«

      »Ist es das nicht immer?«

      »Hättest du Platz gemacht, damit ich schießen kann, dann hätte ich sie erledigt.«

      »Und wenn du nicht getroffen hättest, dann hätte sie uns beide erledigt.«

      Es sind immer die gleichen Diskussionen. Wir führen sie immer und immer wieder. Nach jeder Jagd, und wir wissen beide, da bin ich mir sicher, dass sie zu nichts führen.

      Wir wurden von unseren Ausbildern trainiert, in Sekundenbruchteilen das Kampfgeschehen zu erfassen und dann instinktiv zu handeln. Wäre das nicht so, dann wären wir längst tot, denn wir haben keine Wahl. Jedem in unserem Team wurde eine Rolle zugewiesen und das haben wir nicht selbst zu entscheiden. Das entscheidet allein die Sektion 0.

      Sie hat entschieden, dass Asha unser Doc ist, Jesse der Fernkämpfer und ich der Nahkämpfer. Keiner kann aus seiner Rolle schlüpfen und sich vielleicht eine harmlosere erwählen. Würde er das tun, dann flöge er aus dem Team.

      Jesse hält immer noch mein Handgelenk fest. Seine Finger sind ganz warm und ich blicke zu ihm auf.

      »Wie lange war ich bewusstlos?«

      »Drei Tage!«, sagt er nachdenklich.

      »Und du?«, frage ich.

      »Ich war bei dir, wann immer es Asha erlaubt hat. Sie meinte, der Tod hat an deine Tür geklopft, aber du hast ihm nicht aufgemacht. Mensch Freija, du hast so viel Blut verloren. Zum Glück verträgt dein Körper die synthetischen Blutreserven so gut. Asha meinte, wir haben von deinen Eigenblutspenden nur eine Einzige angerührt. Es fließt jetzt roter Konservensaft durch deine Adern. Kein Wunder, hörst du dich so blechern an.«

      Er lächelt, schaut aber gleich wieder todernst.

      »Wir haben eigentlich erst in drei Tagen mit dir gerechnet. Die Bestie hat dich übel zugerichtet. Ich soll dir von Asha ausrichten, dass Heldenhaftigkeit eine Todesart ist und keine Lebensart.« Ich lächle vor mich hin, während mir Jesse den Schlauch aus dem Handrücken herauszieht und den Monitor über meinem Kopf abschaltet.

      »Darfst du das denn?«

      »Asha meinte, dass sei das Erste was ich tun soll, weil du sowieso gleich aufstehen würdest.« Gute, alte Asha. Sie versteht mich besser als jeder andere im Skygate. Auch besser als Jesse. Plötzlich knurrt es in meinem Bauch.

      »Ich habe Hunger. Mein Magen knurrt«, sage ich jetzt.

      Jesse nickt und legt mir einen weißen Bademantel auf das Bett.

      »Das Magenknurren steht nicht für Hunger, sondern kommt aus dem Darm und bedeutet, dass er beginnt sich selbst zu reinigen.«

      »Jesse könntest du dir das bitte abgewöhnen, so ein alter Klugscheißer zu sein.«

      »Ich sage Gouch Bescheid. Erst einmal etwas leicht verdauliches für den Anfang«, mit diesen Worten verlässt er pikiert die Krankenstation.

      Ich habe es gerade geschafft, mich aufzusetzen und mir den Bademantel umzulegen, als Asha ins Zimmer kommt. Sie sieht todmüde und schwermütig aus.

      »Freija? Freija!«, rügt sie mich. »Du sollst doch warten, bis ich dich durchgecheckt habe!«

      Ich werde es wahrscheinlich nie restlos begreifen, wie ein so junges und zartes Mädchen wie Asha unser Doc werden konnte. Sie ist gerade mal dreizehn, wird bald vierzehn, kann allerdings mit Faden, Nadel und Spritze besser umgehen als alle anderen vor ihr.

      Sie ist jetzt erst ein starkes Jahr in unserem Team. Länger als manch anderer vor ihr, geht es mir durch den Kopf. Viele sterben zu früh. Viel zu früh. Kein Kind sollte so früh sterben müssen.

      Sie ist mein Liebling, weil sie so herzlich ist, weil sie mich immer wieder so professionell zusammenflickt, weil sie die schlimmsten Verletzungen anschaut, als wären es nur interessante Käfer, die über den Boden krabbeln, und vielleicht auch, weil wir uns so ähnlich sind.

      Sie trägt ihre blonden Haare gerne zu einem Zopf gebunden, so wie ich. Naja, ich habe es ihr auch gezeigt, wie es geht. Ich habe ihr den ersten Zopf gebunden, weil sie sich immer ununterbrochen ihre Haare aus dem Gesicht gepustet hat, während sie fieberhaft meine Haut zunähte. Ihre helle Haut, die blauen strahlenden Augen, die kleine Stupsnase - wir könnten Zwillingsschwestern sein, wären da nicht die vier Jahre Altersunterschied zwischen uns.

      »Das, was ich jetzt brauche, ist eine Dusche.«

      Die Tage, die ich im künstlichen Koma im Bett lag, haben ihre Geruchsspuren hinterlassen, und wenn ich etwas außer den Bestien nicht ausstehen kann, dann ist es dieser muffige Geruch nach kaltem, klebrigem Schweiß und ungewaschener Haut. Einfach nur ekelhaft.

      Ich ziehe mir das weiße Nachthemd aus und schleppe mich, mit noch etwas wackeligen Beinen, in die Duschkabine. Es ist mir egal, dass die ersten Liter, die aus dem Duschkopf auf mich niederprasseln, eiskalt sind. Sie sind definitiv nicht kälter als die Bestien und es ist eine willkommene Erfrischung. Ich zucke nicht einmal zusammen und das eisige Wasser auf meiner Haut ist fast wie eine Gehirnwäsche.

      Es hilft mir, den Kampf mit der Bestie aus meinem Kopf zu spülen. Ich genieße es, eine Weile einfach so dazustehen und das Wasser wie Regen auf meinen Körper prasseln zu lassen, bis ich das erste Mal, seit Tagen nach einer der Seifen greife.

      Ich entscheide mich für eine violette - Ashas Lieblingsfarbe - und sie entfaltet einen intensiven Duft nach Lavendel, als ich meinen verletzten Körper mit ihr einschäume.

      »Du solltest sparsamer mit dem Wasser umgehen«, sagt Asha, die mit einem frischen Handtuch auf mich wartet. Sie hat recht, aber das habe ich jetzt gebraucht.

      Es sind die Gefühle der Geborgenheit, die ich jedes Mal unter der Dusche empfinde. Die geschlossene Kabine und das warme Wasser. Ich komme mir hier so geschützt vor, so unerreichbar für die Bestien und für diese paar Minuten kann ich alles loslassen.

      Meine Verantwortung und die quälenden Erinnerungen. Aber Asha kann das nicht wissen. Ich drehe den Hahn zu, öffne die vom Wasserdampf angelaufene Duschtür und verlasse meinen privaten Zufluchtsort. Mein Refugium.

      Ich nehme nicht sofort das Handtuch, sondern bleibe einen Moment vor dem riesigen Spiegel, direkt neben der Dusche, stehen. Die Verletzung ist deutlich sichtbar. Dort wird eine neue Zeichnung, ein weiteres bizarres Tattoo entstehen, das mich immer an diese Bestie erinnern soll.

      »Du siehst sehr schön aus«, sagt Asha.

      Was sagt sie da?

      Ich bin überrascht. Das hat sie noch nie gesagt. Ich betrachte mein Spiegelbild genauer, anders als sonst. Meine blonden Haare hängen mir klatschnass bis über meine Schultern. Ich bin kräftig, das weiß ich, aber man sieht es mir nicht an. Meine Arme und Beine sind schlank, nur an meinem Bauch zeichnen sich die Muskeln ab. Aber das liegt bestimmt daran, dass ich drei Tage nichts Festes gegessen habe. Bei

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