Paulo wird ein Goor (9). HaMuJu

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Paulo wird ein Goor (9) - HaMuJu

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es gab ein von mir kaum wahrnehmbares Kommando, und die beiden Vielfraße standen auf, in einer abrupten Bewegung, wie elektrisiert. Die beiden Tiere versinnbildlichten die reine Körperkraft, kombinierten dieses Erscheinungsbild aber mit einer Eleganz und Sanftmütigkeit, die einen ins Staunen fallen ließen. Auch die Vielfraße schauten zu mir, aber längst nicht mehr mit dem bedrohlichen Blick, mit dem sie mir noch vor Kurzem an den Tannenstämmen gegenüberstanden. Ihr Gesichtsausdruck war wie ausgewechselt, sie schauten fast treu zu mir herüber, sie waren in ständiger Achtsamkeit, immer darauf wartend, dass das Wesen ihnen Kommandos gab. Fast sahen sie plump aus, ihr dichtes Fell, das wie das Fell eines Bären aussah, war dunkelbraun mit leichten Aufhellungen im Gesicht und am Bauch. Ihre Körperlänge betrug einen Meter, ihre Schulterhöhe fünfzig Zentimeter, ihr buschiger Schwanz war zwanzig Zentimeter lang und wirkte wie abgeschnitten. Sie hatten relativ große Füße und liefen auf breiten Sohlen. Sie waren zu keiner übermäßig schnellen Bewegung fähig, sie waren aber von einer unglaublichen Ausdauer und konnten Kilometer um Kilometer in der ihnen eigenen Geschwindigkeit durch das Gelände ziehen, immer auf der Suche nach Beute, wobei sie auch Aas nicht verschmähten. Man sagte ihnen nach, dass sie auch viel größere Tiere rissen, indem sie ihnen im Nacken standen und sich dort verbissen, bis die Tiere, zum Beispiel Elche, vor Kraftlosigkeit zusammenbrachen und dann von den Vielfraßen gefressen wurden.

      Andere Raubtiere, so der Wolf, scheuten davor zurück, sich mit einem Vielfraß anzulegen, sie würden wohl den Kürzeren ziehen. Ich hatte mich während der ganzen Zeit, die vergangen war, seit ich mich zu den Tannenstämmen hochgearbeitet hatte und dann von den beiden Tieren in Schach gehalten worden war, nicht bewegt. Ich war wie gelähmt angesichts der Szenerie, die sich mir darbot, es zeigte sich mir eine völlig fremde Welt, sie war aber nicht furchteinflößend, sie machte eher neugierig.

      „Komm doch hoch, Paulo, Du brauchst vor den Tieren keine Angst zu haben!“, sagte das Wesen mit einem Male zu mir, noch dazu in meiner Sprache! Ich muss wohl ein überaus erstauntes Gesicht gezogen haben, weil ich mit allem gerechnet hatte, nur nicht damit, von einem mir völlig fremden Wesen in meiner Sprache angesprochen zu werden. Die Stimme des Wesens war gutmütig und vertrauensvoll, ich glaubte gesehen zu haben, wie es lächelte. Sein Mund öffnete sich leicht und ich konnte eine Reihe großer Zähne sehen. Das Wesen machte einen absolut offenen und freundschaftlichen Eindruck, es kam mir zwei Schritte entgegen und streckte seine Hand oder sollte ich besser sagen, seine Pranke, aus. Ich zögerte, eine gewisse Grundangst war bei mir doch vorhanden, dann überwand ich aber meine Furcht und ergriff die Hand des Wesens. Es zog mich mit Leichtigkeit hoch, fast schwebte ich durch die Luft, sodass ich einen Eindruck von dessen großer Kraft bekam.

      Bortan

      „Ich denke, dass ich Dir ganz viel erklären muss, Paulo!“, sagte das Wesen zu mir, als ich neben ihm stand, „ich darf mich zunächst einmal vorstellen, mein Name ist Bortan, ich bin ein Goor, das Volk der Goor wohnt schon seit ewigen Zeiten hinter dem See, der Euch ja immer verschlossen geblieben war. Ihr glaubtet drüben bei Eurer Hütte, unser Teil des Sees wäre verwunschen und seid niemals herübergekommen, ab und zu war ein Järv bei Euch, ihr werdet Euch über die Spuren am Seeufer gewundert und vielleicht gedacht haben, dass es sich um die Trittsiegel von Wildtieren gehandelt hatte!“ Mit einem Male sagte Bortan etwas in einer mir völlig fremden Sprache, es schien die Sprache der Vielfraße zu sein, Järv nannte er die Tiere, jedenfalls verschwanden beide auf der Stelle den Hang hinauf. Ich stand plötzlich allein neben einem Alien, noch völlig sprachlos, was war da über mich hereingebrochen, was wollte dieser Bortan von mir?Ich war über alle Maßen misstrauisch und mein Misstrauen schien mir ins Gesicht geschrieben. Bortan versuchte, mich zu beruhigen und redete in sanften Worten auf mich ein.

      „Vielleicht wunderst Du Dich über so manches, was Du bisher gesehen und erfahren hast, Paulo, Du wirst Dich noch viel mehr wundern und mit Dingen in Kontakt kommen, von denen Du nicht einmal geträumt hast. Sicher hast Du Dich schon über Deinen jugendlichen Körper gefreut, im Reich der Goor gibt es kein Altern, alle sind nach den Kriterien, die bei Euch gelten, jung und bleiben es auch, sobald ein Mensch das Goor-Reich betritt, so wie es mit Dir das erste Mal geschehen ist, wird sein Körper verjüngt.“

      Ich hatte mich langsam etwas gefangen, jedenfalls war ich in der Lage, Bortan zu fragen, was ich denn im Goor-Reich sollte, die ganze Sache mit dem Sturm auf dem See und dem Lichtvorhang wäre doch inszeniert gewesen, „was soll ich bei Euch?“, fragte ich Bortan direkt.

      Bevor Bortan antwortete, holte er weit aus und beschrieb die Umstände, unter denen die Goor lebten, ihr großes Reich, ihre gesellschaftliche Organisation. Wir standen dort am Hang, wie zwei Bekannte, die ein Schwätzchen hielten. Bortan merkte, dass ich die Haltung, in der ich am Hang stand, ungemütlich fand, ich wechselte von einem Bein auf das andere, es schien mir schwer, an dem steilen Hang einen sicheren Stand zu erlangen. Wir liefen den Hang hinauf und mir fiel auf, mit welcher Behändigkeit Bortan die Steilheit nahm, zügigen Schrittes marschierte er voran, ich hatte selbst in meinem jugendlichen Körper Schwierigkeiten, ihm zu folgen, ich hatte immer den angenehmen Honigduft in der Nase. Es waren sicher noch hundert Höhenmeter zu überwinden, als ich Bortan zurief, dass wir noch eine Pause machen sollten und Bortan sofort stehenblieb. Ich lehnte an einem Tannenstamm und japste, der dichte Wald, der uns umgab, gab keinen Blick auf den See oder die Umgebung frei. Die Tierstimmen, die ich vernahm, waren das einzig Vertraute, alles andere war mir fremd.

      „Soll ich Dich tragen?“; fragte Bortan mich und meinte es mit seinem Angebot tatsächlich ernst. Er hatte ein breites Kreuz und hätte mich bei der Kraft, über die er zweifellos verfügte, wohl locker den Rest des Hanges hinaufgetragen. Ich lehnte aber dankend ab und freute mich über die jugendliche Energie, über die ich mit einem Male verfügte, wenngleich ich bei weitem nicht an das Leistungsvermögen Bortans heranreichte. Nach einer kurzen Verschnaufpause liefen wir den Geröllhang weiter hinauf, Bortan immer vorne weg, leichten Fußes, ich schleppte mich keuchend hinterher. Wir erreichten dann nach einer weiteren Viertelstunde des Kletterns den Gipfel des Steilhanges und ich erhielt einen Blick auf Bortans Wohnumfeld, der Blick zurück blieb mir wegen des dichten Waldes weiterhin verwehrt. Ich sah eine stadtähnliche Ansiedlung mit Häusern und Straßen, auch sah ich viele Goor herumlaufen, alle trugen eine ähnliche Kleidung wie Bortan, lediglich die Farben der Jacken unterschieden sich. Am Stadtrand, wo Bortan und ich uns befanden, setzten wir uns in die Wiese und Bortan fing an zu reden. Das, was ich da sah, könnte ich nur sehen, weil ich einen Verwandlungsprozess beim Betreten des Goor-Reiches durchgemacht hätte. Ich sollte mir ein Vexierbild vorstellen, dessen eine Seite von Menschen wie mir gesehen werden könnte und dessen andere Seite nur den Goor sichtbar wäre. Auch die akustische Wahrnehmung unterläge der Verwandlung, Menschen könnten die Goor nicht hören. Vor mir läge eine von vielen Städten im Goor-Reich, überschaubaren Ausmaßes, wie es hunderte weitere gäbe. Das Goor-Reich hätte immense Ausmaße, es erstreckte sich über das gesamte Land und würde bis weit hinter das Gebirge reichen. Die Goor wären ein friedfertiges Volk, weil es so etwas wie Neid bei ihnen nicht gäbe, aus Neid resultierende Besitzansprüche wären völlig unbekannt. Die Goor lebten um des Lebens willen. Sie wären im Prinzip in einer Art Dauerglückszustand, den sie als solchen aber nicht empfänden, weil alles so selbstverständlich wäre, weil sie nie einen Mangel verspürten. Die Goor wären ansonsten aber in vielem den Menschen ähnlich, sie ernährten sich wie sie, sie aßen allerdings etwas anderes, sie lebten in Häusern, fuhren Auto und liebten ihre Frauen und Kinder. Selten ging es den Goor darum, etwas erreichen zu wollen, sie hätten schon alles von Geburt an. Was die Goor von den Menschen unterschied, war die Art der Nahrungsaufnahme, nie aßen die Goor nur zum Vergnügen, sondern allein, um dem Körper Nährstoffe und Vitamine zuzuführen, denn sie hätten einen dem menschlichen Körper vergleichbaren Organismus, der mit Energie versorgt werden musste. Dazu würden vor jedes Haus Pakete mit „Kum“ abgelegt bzw. in die dafür vorgesehenen Fächer verbracht. „Kum“ war ein künstlich hergestellter Stoff, der alle wichtigen Nahrungselemente enthielt. „Kum“ stand jedem Goor zur Verfügung und wurde kostenlos vom Staat gestellt. Es gab bei den Goor keine Restaurants, wie bei den Menschen, denn die Nahrungsaufnahme war nicht kultiviert.

      Die

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