Adda Fried. Angelika Nickel
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»Sollten Sie da nicht besser eine Pflegerin haben, und Ihre Tochter ihr eigenes Leben leben lassen?«, wunderte Braun sich.
»Nein. Eine Pflegerin können wir uns nicht leisten, und meine Hilde macht das gerne.«
»Was aber, ist mit dem Recht Ihrer Tochter, auf ein eigenes Leben?«, fragte auch Krämer.
»Sie wollen es nicht verstehen, nicht wahr!« Auf den Wangen der Frau bildeten sich rote Flecken, dermaßen empörte sie die Andeutung des Mannes. »Meine Hilde, sie ist glücklich mit ihrem Leben, so, wie es ist und sie es lebt.«
Kommissar Braun stand auf. »Frau Hahnbügel, wenn Sie bitte so gut wären und alles Weitere meinem Kollegen Krämer erzählen würden. Ich werde mich unterdessen bei der Vermisstenstelle erkundigen, und auch in den umliegenden Krankenhäusern nachfragen, ob sie von jemandem wissen, auf den die Beschreibung Ihrer Hilde passt. Es könnte ja auch sein, dass sie einen Unfall gehabt hatte, und sich nur deswegen nicht bei Ihnen meldet.« Er wandte sich an Krämer. »Kannst du, bitte, einmal kurz mit rauskommen.« Braun reichte der älteren Frau die Hand und verließ, zusammen mit Krämer dessen Büro.
»Ich glaube, wir haben den Zusammenhang gefunden«, legte er los, kaum dass Krämer die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Verwundert schaute Alfred Krämer ihn an. »Was hast du denn gehört, das ich nicht verstanden habe?«
»Diese Frau, Hilde, sie hat kein eigenes Leben.« Braun lehnte sich an der Wand an. »Was, wenn die Frauen ausbrechen wollten, aus der Monotonie ihres Alltags und sind bei der Suche, nach etwas Abwechslung, ihrem Mörder in die Hände gelaufen?« Er zog einen Zahnstocher aus der Packung und schob ihn zwischen die Lippen. Darauf herumkauend, stellte er fest: »Diese Frauen, sie wären leichte Fänge für unseren Mörder gewesen. Alfred, hak‘ nach, was diese Hilde Hahnbügel betrifft und schau, dass du noch soviel als möglich, von ihrer Mutter erfährst.«
»Und was machst du unterdessen?«
»Ich?« Braun grinste. »Ich werde mich wieder einmal bei unserer Adda Fried melden. Bin sicher, dass sie uns gerne wieder unter die Arme greift.«
Krämer nickte und ging zurück in sein Zimmer. Als wenn wir auf die Hilfe von der Fried angewiesen wären, dachte er mürrisch, und zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln, als er sich wieder Frau Hahnbügel gegenübersetzte.
4 – Erfreulicher Anruf
Adda knetete den Hefeteig auf der Tischplatte. Dabei ließ sie all ihre Wut an dem Teig aus. »Der Edgar, melden hätte er sich ja schon wieder einmal können. Kann doch gar nicht sein, dass Mannheim keine neuen Morde haben soll«, schimpfte sie dabei vor sich hin.
Just in diesem Augenblick klingelte das Telefon.
Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab, und eilte hinaus in den Flur, hin zu ihrem Telefon. »Fried«, meldete sie sich.
»Hallo, Adda. Ich bin’s, Edgar.«
»Dass du dich auch endlich wieder einmal meldest«, machte sie ihrem Frust Luft.
»Reg‘ dich ab. Was glaubst du denn, weshalb ich dich anrufe?«
Adda schwieg.
»Herrjemine, jetzt spiel nicht schon wieder die Beleidigte.« Braun schüttelte den Kopf. Diese Frau, es gab Tage, da brachte sie ihn an die Grenzen seines Nervenkostüms. »Wir haben eine Mordserie. Frauenmorde; und brauchen deine Hilfe bei der Aufklärung. Wie sieht’s aus, hast du Zeit dafür?«
»Komm und hol‘ mich ab. In einer Stunde bin ich soweit«, antwortete sie, hielt ihre Freude allerdings zurück. Er musste ja nicht unbedingt wissen, wie sehr sie einen Anruf wie diesen, herbeigesehnt hatte.
»Okay, bis in einer Stunde also.«
Adda eilte in die Küche. Hastig riss sie Teigstücke vom Hefeteig ab und rollte Kugeln daraus, die sie auf der bemehlten Tischplatte auslegte und mit sauberen Küchentüchern bedeckte. »Euch Dampfnudeln werde ich heute Abend backen. Bis dahin habt ihr Zeit genug gehabt, um auch richtig aufgegangen zu sein.«
Sie eilte ins Bad und machte sich fertig.
Eine halbe Stunde vor Brauns Eintreffen war sie fertig und wartete ungeduldig auf den Kommissar. Immer wieder lugte sie, zwischen einem Vorhangspalt hindurch, aus dem Wohnzimmerfenster hinaus, in der Hoffnung, ihn anfahren zu sehen.
5 – Mordopfer, Hilde Hahnbügel
Kolasa beschaute sich die Tote. Kurz vor fünfzig war sie, wie er ihrem Ausweis entnommen hatte. Und aus Deutschland kam sie.
Er wandte sich an den Gerichtsmediziner. »Kann man schon sagen, ob Fundort auch gleich Tatort war?«
»Nein, mit bestimmter Gewissheit können wir das ausschließen. Dort, wo sie gefunden worden ist, ist sie nur abgelegt worden. Ermordet wurde sie woanders.« Der Mann betrachtete den Major. »Was machst du jetzt, Kolasa? Musst dich ja nun mit den Deutschen in Verbindung setzen.«
Kolasa nickte. »Ja, hatte mir schon fast so was gedacht.« Nochmals warf er einen Blick auf den Ausweis der Toten, der eingetütet neben ihr auf der Bahre lag. »Mannheim«, las er laut. »Wo ist das denn?«
Der Pathologe grinste schief. »Keine Ahnung. Kannst aber den Weberszky fragen, der weiß es bestimmt.«
Der Major stutzte. »Weberszky?«, wiederholte er den Namen. »Meinst du den langen Weberszky? Den Darius?«
Sein Gegenüber nickte. »Ja, genau der. Er hat doch eine Frau in Deutschland. Und wenn mich nicht alles täuscht, lebt die in Mannheim, oder, einem Vorort davon. Irgend so etwas in der Art.«
»Dank‘ dir.« Kolasa verließ die Gerichtsmedizin und rief übers Handy Weberszky an. Und tatsächlich, der konnte ihm weiterhelfen.
Zwei Stunden später klingelte bei Braun das Telefon. »Mordkommission, Kommissar Braun am Apparat«, meldete er sich.
»Major Kolasa. Mordkommission Polen«, drang eine resolute Mannerstimme an Brauns Ohr.
»Hallo, Herr Major. Was kann ich für Sie tun?«, wunderte Braun sich, was ein polnischer Kommissar von ihm wollte.
»Ich glaube, dass eher ich etwas für Sie tun kann.«
»Sie, für mich, Herr Major? Wie das?« Braun setzte sich aufrecht hin. Den Zahnstocher spuckte er aus.
»Bei uns in der Gerichtsmedizin liegt eine Frau. Hilde Hahnbügel, laut ihrem Ausweis.«
Braun fuhr’s kalt den Rücken runter. Bis Polen hin, mordet das Schwein, dachte er. Der Kommissar räusperte sich. »Unfalltod?«, fragte er, und wusste schon jetzt, dass es sich bei der Toten um kein Unfallopfer handelte.
»Nein, Mord«, antwortete Kolasa.
»Herr Major, ich werde mich schnellstens zu Ihnen auf den Weg machen. Bis morgen werde ich da sein. Könnten Sie mir bitte zwei