Die vertauschten Bronzebecher. Denise Remisberger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die vertauschten Bronzebecher - Denise Remisberger страница 3

Автор:
Серия:
Издательство:
Die vertauschten Bronzebecher - Denise Remisberger

Скачать книгу

Andeer ankommen, springe ich sofort ins Thermalbad. Das ist garantiert. Willst du eigentlich mitkommen, Dorothea? Bis nach Chiavenna?»

      «Wieso nicht?! Das wird sicher lustig, wir drei auf einer langen Bergtour.»

      «Aber keine Kekse mehr, bitte», sagte der Pfarrer.

      «Ich habe gar keine mehr. Wir haben sie alle aufgefuttert.»

      4

      Nachdem sie fertig gefrühstückt und alles eingepackt hatten, brachen sie auf zu neuen Abenteuern. Am Crap Carschenna vorbei ging’s zur Ruine Sankt Albin hinunter, einer Kapelle, die wahrscheinlich im Frühmittelalter erbaut worden war und die sie ausgiebig bewunderten. Dann begaben sie sich auf einen schmalen Waldpfad, der sie zum Traversinersteg brachte, einer modernen Hängebrücke mit Treppenstufen, die über das Traversinatobel führte. Vor ihnen lümmelten sich drei Leute auf der Brücke, klopften seltsame Sprüche und blockierten den Weg. Hinter ihnen kam ein junger stiller Mann näher, der, als sie sich nach ihm umdrehten, aussah, als würde er ein ganz bestimmtes Ziel verfolgen. Doch das Ziel schien nichts mit der Wanderung an sich zu tun zu haben.

      «Würden die Herren vielleicht mal weitergehen?», unterbrach der Prior das Geplänkel und erntete drei aufgemandelte Blicke.

      «Wir sind Amtspersonen in den Ferien. Ich heiße Kluser und bin Abteilungsleiter der Spezialabteilung Vier der Kantonspolizei Zürich, das ist Oberrichter Heeg», zeigte er nach rechts, «und das ist Ombudsmann Kegel», zeigte er nach links.

      «Würden die Herren trotzdem weitergehen», wurde der Prior langsam sauer. Die drei trollten sich halbherzig bis zum Ende des Traversinerstegs und liefen dann schnell weiter.

      «Was waren denn das für welche?», konnte Ritter Cuno das eben Stattgefundene überhaupt nicht einordnen.

      «Drei Idioten auf alle Fälle», sprach des Pfarrers Geliebte.

      «Die müssen immer Werbung für sich selber machen, wo sie geh’n und steh’n», meinte Pfarrer Jacques.

      «Hast du Erfahrung mit dieser Sorte?», öffnete der junge Mann, der immer noch hinter ihnen stand, zum ersten Mal den Mund.

      «Und ob!», drehte sich Jacques zu ihm um. «Wir haben in unserer Kirchgemeinde eine Drögeligruppe und diese Witzfiguren von dieser sogenannten Spezialabteilung Vier kriechen ständig um uns herum. Und du? Kennst du die?»

      «Nur indirekt. Ich hatte eine heroinsüchtige Schwester.»

      «Hatte?»

      «Sie ist tot.»

      «Wie schrecklich.»

      «Ja. Ich heiße übrigens Theo.»

      Dorothea, Hans-Peter und Jacques stellten sich ebenfalls vor und luden den jungen Mann ein, mit ihnen zu wandern. Er nahm das Angebot gerne an. Sie liefen auf gemächlichen Kurven weiter, plauderten über dies und das und atmeten den Duft des Waldes tief ein, bis sie in der Nähe der Rheinbrücke beim Nesselboden unten, eigentlich eine Weide, die den nördlichen Zugang zur Viamala-Schlucht markiert, anlangten, wanderten dann auf einem schmalen Pfad, der mit jedem mühseligen Schritt uriger wurde, ziemlich steil aufwärts und endlich ein kurzes Stück abwärts, wo sie aus dem Wald und über die Postautostraße zum Viamala-Kiosk fanden.

      «Meine Güte, Leute, ich bin fix und fertig», tönte es aus dem erhitzten Prior, der sein inzwischen arg zerknittertes Stofftaschentuch hervorholte und sich an diversen Stellen damit abtupfte.

      Vom Kiosk holten sie sich alles Mögliche für die Weiterreise, von Apfelsaft über gefüllte Brötchen bis hin zu süßen Riegeln, und beschlossen dann, all diese Treppenstufen hinunterzusteigen, um die Nase praktisch ins wilde Tobel tunken zu können. Noch bevor sie aber durch den Kioskladen gingen und hinabkletterten, stellten sie sich auf die alte noch übrige Wildener Brücke und ließen die Blicke tief zu den tosenden Wassern hinabgleiten, nur, um sie die steilen Felswände wieder hinaufgleiten zu lassen und mit ihnen an der in den Felsen gehauenen Römerpassage kleben zu bleiben, wo anno dazumal mehrere Legionäre des Heermeisters Stilicho mitsamt ihren Saumpferden abgestürzt waren.

      Auf dem Weg zurück zum Kiosk zeigte Dorothea in die düstere Schlucht: «Beim Felsentunnel hatte im Jahre 1705 ein Pfarrer seine schwangere Geliebte ermordet. Was sagt ihr beiden dazu?», richtete sie ihr Wort an die Klerikalen.

      «Also ich habe noch nie jemanden geschwängert», dachte der Prior angestrengt nach.

      «Bist du sicher?», grinste der Pfarrer.

      «Na ja, was ist schon sicher. Auf alle Fälle muss der Vatikan keine Alimente wegen mir bezahlen. Und du?»

      «Nicht, dass ich wüsste», dachte nun auch Jacques an seine Verflossenen. «So, gehen wir in Gottes Namen zur Aussichtsplattform hinunter.»

      Auf dem Weg nach unten bestaunten sie ausgiebig die aufragenden gezackten Felsen und die wunderschönen Strudeltöpfe, die in den Wänden eingenistet lagen.

      «Wahnsinn!», fand Theo, als er sich über das Geländer der Plattform beugte. «Ich war noch nie hier unten.»

      «Ich schon», sagte Dorothea, «doch es fasziniert mich jedes Mal von Neuem.»

      Nach ausgiebigem Bewundern des eindrücklichen Naturspektakels stiegen sie die Treppenstufen wieder empor, das Tosen des wilden Schluchtwassers im Ohr.

      «Ich bin richtig froh, diesen Platz zu verlassen, Wüstling, das kann ich dir sagen», schauderte es des Pfarrers Geliebte, nachdem sie einen letzten Blick zum Felsentunnel riskiert hatte. «Der Saukerl von Pfarrer wollte mich nicht haben.»

      «Ich hätte dich sofort genommen, Pfaffenliebchen.»

      «Ja, klar. Du hast ja auch eine junge Frau entführt.»

      «Weit gekommen bin ich nicht mit ihr. Nur bis in den Burghof.»

      «Nein, vorher haben die Leute aus dem Tal das Tor aufgebrochen und deine Zukünftige befreit. Wieso hast du das überhaupt getan?»

      «Ich wollte einen Sohn, der unser Geschlecht weiterführt. Und dafür braucht’s zwei.»

      «Sie wollte halt nicht.»

      «Nein, sie hätte wohl nicht gewollt.»

      «Und dann hast du dich samt Pferd in den Abgrund der Viamala gestürzt.»

      «Ja. War wohl das Beste so. Und dein Pfarrer?»

      «Der ist davongekommen. Ist geflüchtet, hat alles abgestritten und ein neues Leben angefangen.»

      Pfarrer Jacques, Prior Hans-Peter, Dorothea und Theo liefen auf dem Trottoir weiter, an der Wildener Brücke vorbei und überquerten den Hinterrhein auf der Premoli-Brücke aus den 1930er-Jahren, um dann über die Hängebrücke ‹Pùnt da Suransuns› wieder auf die andere Seite des Flusses und auf den Wanderweg zu gelangen. Entlang des klaren blaugrünen Wassers verlief ein mit Wurzeln durchzogener Naturwaldweg an Uferfelsen vorbei. Bevor aber der Weg weiter hinaufführte, setzte sich die Wandergruppe ans Ufer, zog die Schuhe aus und gönnte den heißen Füssen ein kühles Bad.

      «Das tut gut», seufzte der Prior und schaute verträumt aufs

Скачать книгу