Die vertauschten Bronzebecher. Denise Remisberger

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Die vertauschten Bronzebecher - Denise Remisberger

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sie außer Hörweite bleiben und ich mir nicht deren dummes Geschwätz anhören muss, ist es mir egal», meinte der Pfarrer.

      «Denen werden wir wahrscheinlich noch öfters begegnen», prophezeite Theo und lächelte geheimnisvoll.

      «Die sind mir völlig schnuppe», sagte Dorothea. «Wenn ich mich über all die Wandersleute, die dauernd in dieser Gegend rumturnen, aufregen würde, könnte ich gar nicht mehr aus dem Haus gehen.»

      «Ich habe Hunger», erklärte Hans-Peter und fing an, die Esswaren aus dem Viamala-Kiosk auszupacken.

      «Es ist ja auch schon später Mittag», sah Theo auf die Uhr und fing ebenfalls an zu essen.

      Jacques und Dorothea taten es den anderen beiden gleich, aßen ihre mitgebrachten gefüllten Brötchen auf, tranken Saft, knabberten an den Süßigkeiten und entspannten sich wohlig.

      «Wollt ihr auch einen Zahnputzkaugummi?», holte Dorothea ein Päckchen aus ihrem Rucksack.

      «Du hast wohl deinen halben Haushalt dabei?», scherzte Hans-Peter.

      «Klar, ich bin ausgerüstet.»

      5

      Während der Justizapparat immer noch im Wasser herumstand, setzten die anderen ihre Reise durch den dichten Wald fort, wanderten wurzelige Pfade hinauf und streiften auf Feldwegen über sonnendurchflutete Wiesen bis nach Reischen mit seinen antiken Holzbauernhäusern und weiter runter nach Zillis.

      «Hier müssen wir unbedingt die romanische Bilderdecke in der Kirche Sankt Martin angucken gehen», sagte Dorothea. «Das künstlerische Werk wurde wohl durch die christlichen Visionärinnen und Visionäre inspiriert, die durchaus auch einen Blick in die Anderswelt riskiert haben. Ob die das Ganze bereits in Gut und Böse eingeteilt haben, sei mal dahingestellt. Das haben dann wohl eher ängstlichere Naturen getan. Es kann nämlich auch einfach innen und außen beziehungsweise Leben und Tod bedeuten. Als natürlicher Zyklus. Nicht als biblische Sicherheitsplattform in Opposition zu allem, was nicht gar alle Klerikalen verstehen.»

      «Oh Mann, das war jetzt eine lange Rede», begann Prior Hans-Peter schon wieder zu schwitzen und zog sein allzeit bereites Stofftaschentuch hervor.

      Pfarrer Jacques kicherte nur: «Wir Reformierten sind nicht so schlimm im Verteufeln.»

      «Lassen wir die einzelnen Felder doch einfach auf uns wirken», besänftigte Theo, als sie vor der Kirche angekommen waren und nun hineingingen. Sie legten den Kopf in den Nacken und taten, was Theo ihnen geraten hatte. Sie ließen jedes einzelne Bildchen im Bild auf sich wirken, Innenfelder und Randfelder, ohne irgendetwas zu interpretieren.

      6

      «Wo treffen wir die Mafiosi eigentlich?», fragte Kluser von der KAPO in Richtung Oberrichter Heeg.

      «Brüll doch noch lauter!», schaute sich Ombudsmann Kegel erschrocken auf dem Wanderweg um.

      «Das werdet ihr dann schon sehen. Zuerst müssen wir mal Italien erreichen», fasste sich der Oberrichter kurz.

      «Zuerst übernachten wir in Andeer, wie wir es abgemacht hatten», meinte Ombudsmann Kegel, der klein, vierschrötig und bebrillt seine liebe Mühe mit dieser Wanderung hatte. Er überanstrengte sich nicht gerne. Wenn jemand aus der Bevölkerung zu ihm ins Büro kam, rührte er praktisch keinen Finger, um dem armen Menschen in Not, der Probleme mit den kantonalen Angestellten hatte, zu helfen. Er saß vollkommen unnütz auf seinem durch Steuergelder finanzierten Posten und wartete auf seine Frühpensionierung. Das Einzige, was er wirklich wollte, war, seine bereits trockenen Schäflein noch ganz vertrocknen zu lassen.

      7

      Nach der Kirchenbesichtigung wanderten die beiden Klerikalen, die Heidin und der Atheist weiter über eine Brücke auf die andere Seite des Hinterrheins ein Stück weit der Straße entlang, dann einem Bach folgend nach Donat hinauf, weiter durch Wald und von der Landwirtschaft genutztes Gebiet bis zu einer heimeligen Brücke; anschließend führte sie der Weg über die Wiese Richtung Clugin, wo sie eine Kirche mit Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert betraten, und danach wieder in den Wald hinein bis zur ebenfalls gedeckten Holzbrücke von Andeer hinunter.

      «Wo übernachten wir eigentlich?», wollte Hans-Peter wissen.

      «Bei einem Bekannten von mir», sagte Dorothea.

      «Hoffentlich nicht bei dem im Garten draußen», war sich Jacques nicht so sicher.

      «Nein, keine Sorge, der besitzt ein großes Haus mit Gästezimmer.»

      «Weiß der schon von seinem Glück?», schmunzelte Theo.

      «Nein. Aber unser Überraschungsbesuch wird ihm nichts ausmachen. Der freut sich immer, wenn neue Menschen in sein Leben treten. Hier, fern einer Großstadt, ist der Alltag nicht gerade superspannend.»

      «Bist du eigentlich auch aus Zürich, Theo?», drehte sich Jacques nach dem jungen Mann um.

      «Ja. Ich wohne in der Nähe der Uni.»

      «Hast du studiert?»

      «Ich studiere immer noch. Anglistik.»

      «Interessant.»

      «Ja, macht Spaß.»

      «Da wären wir», hielt Dorothea vor einem recht alten Haus an, das teilweise aus Holz gebaut worden war und ein schiefes Gesamtbild ergab. Sie polterte an die Türe, und als ihnen niemand öffnete, versuchten sie, sich durch das Gartentörchen Eintritt zu verschaffen, was dem Haushund anscheinend nicht ganz passte. Kurz bevor er sich zähnefletschend auf den Prior stürzen konnte, rief Dorothea seinen Namen und er wurde ganz lieb. Sie umrundeten gemeinsam das große Gebäude und fanden Rolf, den Bekannten Dorotheas, am Gartentisch vor, im Gespräch mit einem Nachbarn und bei einem guten Wein.

      «Dorothea!», rief Rolf erfreut, erhob sich, schüttelte allen die Hand und holte noch ein paar Gläser.

      «Können wir bei dir übernachten?», wollte Dorothea wissen.

      «Klar. Kein Problem.»

      «Bist du nicht das Töchterchen von Grit und Peter? Lehrerin in Sils?», erkundigte sich der Nachbar und nahm seine Pfeife aus dem Mund. Sein Blick war klar wie das Wasser des Hinterrheins. Ein uralter Kauz mit einem langen Spitzbart, einer wilden Mähne auf dem Kopf, drahtig, klein und unglaublich neugierig.

      Dorothea bejahte und musste einen Moment überlegen: «Ah, ja, genau. Der Großvater von Hans, meinem ehemaligen Schüler. Ist er nicht Polizist geworden?»

      «Doch. Er arbeitet bei der Regionenpolizei in Thusis.»

      «Giosch hier war auch Polizist. Bei der Kantonspolizei in Chur. Für Kapitaldelikte», erzählte Rolf. «Inzwischen pensioniert.»

      «Bis wann hat eigentlich euer Mineralbad offen?», bat Hans-Peter, der heute unbedingt noch reinspringen wollte, um Auskunft.

      «Die schließen erst um neun Uhr abends», informierte sie Rolf. «Wollt

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