Der bittere Weg Teil 1. Jens Otto Holländer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der bittere Weg Teil 1 - Jens Otto Holländer страница 4
Nach wenigen Sekunden fing es an zu brennen. Ein Teil rann mir in den Rachen hinab und es schmeckte sehr bitter. Ich zerknüllte das Röhrchen, wir gingen raus auf die Straße und ich verabschiedete mich. Auf dem Weg zurück zum La Concha und meiner Vespa, setzte die Wirkung ein.
In leichten Wellen, die mir durch Kopf und alle Glieder gingen, kam das Heroin. Eine euphorische Stimmung überkam mich. Ich fühlte mich völlig relaxt und absolut zentriert und alles war wunderbar, so wie es war. Ich lächelte vor mich hin und freute mich, auf der Welt zu sein. Der Tag war nicht mehr grau und alles war ok. Ich fühlte mich top. Und ich brauchte niemand.
Ohne Vorwarnungen musste ich plötzlich kotzen. Ich schaffte es gerade noch den Kopf zu drehen und ein Schwall Stuttgarter Hofbräu ergoss sich in einem festen Strahl in die Büsche, neben einer Telefonzelle. Dann steckte ich mir eine Zigarette an und ging weiter, als sei nichts geschehen. Ich schwebte zurück zum La Concha und setzte mich wieder an den gleichen Platz. Das Gefühl war überwältigend und die Gewissheit, noch Heroin in der Hosentasche zu haben, versöhnte mich mit allem, was mich am Alltag anödete.
Einerseits war ich völlig berauscht, andererseits vollkommen klar. Ich wollte nichts Alkoholisches trinken und keinesfalls etwas kiffen. Nur dasitzen und mich am Rauch einer Zigarette betrinken, denn nichts schmeckt herrlicher, als eine Zigarette unter Opiateinfluss.
Irgendwann setzte ich mich auf meine Vespa und fuhr kreuz und quer durch den Stuttgarter Norden und Westen. Hier lebte ich seit 26 Jahren, fast jede Straße hatte ihre eigenen Erinnerungen, jeder Platz sein eigenes Flair.Eine Fahrt in meine Vergangenheit, soweit ich mich zurück erinnerte. Am Kriegsbergturm an der Aussichtsplatte hielt ich an, rauchte eine weitere Zigarette und besah mir von oben meine Stadt. Geliebt-gehasstes Stuttgart.
Ich kotzte nochmal. Dann fuhr ich heim. Ich stellte die Vespa ab, öffnete das Gartentor und ging die paar Schritte durch den Vorgarten, die Treppe zum Haus hinauf und schloss das Treppenhaus auf. Im ersten Stock wohnte meine Freundin, der das Haus gehörte und im zweiten Stock hatte ich eine kleine Wohnung.
Im Bad betrachtete ich mich im Spiegel. Ich war 26 Jahre alt, kiffte seit 10 Jahren, mäßig aber regelmäßig, rauchte 10-15 Kippen und trank abends drei Halbe. Ich war schlank, mein Gesicht war hager, die Haare struppelig mit blonden Strähnen. Ich hatte eine Freundin, eine Wohnung, einen Arbeitsplatz, ein Sparbuch, ein Auto, eine Vespa und einen Hund.
Und seit heute, hatte ich ein Problem.
Der nächste Tag war Dienstag und somit begann die Arbeitswoche. Ich arbeitete seit der Bundeswehrentlassung vor 10 Monaten in einem Friseurgeschäft im Stuttgarter Osten, als Herrenfriseur, mit zehn anderen Kolleginnen und Kollegen. Ich war der Zweitälteste Geselle, aber von der Ausbildung her der Schlechteste. Fast alles was ich als Friseur konnte, habe ich dort gelernt. Obwohl wir teilweise Akkord arbeiteten, hatten wir trotzdem viel zu lachen und jede Menge Spaß.
So verging die Woche, abends saßen Yvonne und ich im Garten, tranken Bier und Wein, ich kiffte ein Pfeifchen und lebte im Grunde sehr unbeschwert. Trotzdem saß in mir eine tiefe Unzufriedenheit mit meinem beruflichen Werdegang, der diesen Namen eigentlich gar nicht verdiente. Ich hatte die Waldorfschule mit einer schlechten Mittleren Reife Prüfung verlassen. Vom Intellekt her, hätte ich locker das Abi schaffen müssen. Das nagte an mir, aber ich schaffte es auch nicht, weiterführende Pläne zu machen. Da wo andere Menschen Ehrgeiz haben, saß bei mir oft nur geheucheltes Interesse. Die Jagd nach Karriere und Erfolg, fand ich eher lächerlich und nicht erstrebenswert. Ich glaube, bei meinem Hang zu bequemer Büroarbeit, wäre ich als Angestellter oder sogar Beamter in
irgendeinem Amt gut aufgehoben gewesen. Aber dies war nun zu spät. Das glaubte ich zumindest. Und so schnitt ich weiterhin Haare und war froh, wenn endlich 18 Uhr, bzw Samstag 13 Uhr war.
So vergingen die Tage. An Heroin dachte ich nicht. Ich fühlte mich einigermaßen im Lot und war im Großen und Ganzen ausgeglichen. Es war eine Zeit, in der ich spürte, dass mir mein Leben momentan mehr gab als nahm.
Eine wunderschöne Frau
Es war am zweiten Sonntag, nach meinem Heroinerlebnis. Ich erwachte morgens um halb neun, oben in meinem Bett. Die Sonne schien, ich war ausgeschlafen. Mit einmal wurde mir klar, dass ich ja eine Adresse hatte, wo Heroin zu bekommen war.
Kaum hatte sich dieser Gedanke festgesetzt, war klar, dass ich ihn umsetzen würde.
Ich putzte die Zähne, etwas Wasser ins Gesicht, zog Jeans, Slippers, T-shirt, Lederjacke an, schnappte den Helm und saß keine zehn Minuten später auf der Vespa. Bei Yvonne, Stock tiefer, schlief alles noch tief und fest.
Auf dem Weg downtown, (Stuttgart liegt in einem tiefen Talkessel), fährt man vom Killesberg in die Innenstadt in großen Kurven eine herrliche Straße hinunter. Nun kamen mir die ersten Bedenken. Es war Sonntag, noch nicht einmal 9 Uhr früh. Niemand war unterwegs. Nach kurzer Fahrt hielt ich an und zog den Helm ab. Dann fuhr ich zum Bankomat und holte Geld.
Die Stadt war still und leer.
Es war angenehm warm und der Fahrtwind liebkoste mein Gesicht. Das Schnurren des Motors war das einzige Geräusch. An der Ampel am Berliner Platz hielt ich, obwohl weit und breit kein Auto in Sicht war. Vögel zwitscherten. Ich war mir nicht klar, ob ich das Haus finden würde, erinnerte mich aber an einen Container mit Bauschutt, der in der Hofeinfahrt gestanden hatte.
Beim ersten Versuch sah ich das Haus und mein Magen machte einen Ruck. Mich juckte es innerlich und ich platzte bald vor Erwartung und Aufregung. Bleib cool, noch ist gar nichts klar, schoss mir durch den Kopf und ich versuchte zu verdrängen, wie groß eine Enttäuschung wäre. Ich drehte um und stellte die Vespa ein Stück weiter, auf der anderen Straßenseite ab.
Dann lief ich los. Ich war so aufgeregt, dass ich einmal an dem Haus vorbeilief, alle Sinne auf Hochspannung, um vielleicht irgendetwas wahrzunehmen, was mir hätte behilflich sein können.
Stille.
Ich drehte um und betrat das Treppenhaus. Altbau. Hier war es kühl und dämmerig. Der Boden war mit einem alten Mosaik ausgelegt. Holztreppe mit schönem Geländer. Ja da stand ich, vor der mir flüchtig bekannten Türe. Nach kurzem Suchen fand ich einen Klingelknopf. Dieser war so in der Fassung versenkt, dass ich ihn nur mit dem kleinen Finger erreichen konnte. Also los. Ich drückte und die Klingel schrillte tierisch laut und es fuhr mir durch Mark und Bein. Sicher waren nun alle Bewohner, inklusive Nachbarn, wach. Mein erster Impuls war zu gehen, aber ich harrte aus.
Ohne ein weiteres Geräusch öffnete sich die Türe und eine der schönsten Frauen, die ich bis dahin gesehen hatte, sah mich freundlich lächelnd an.
Sie hatte eine Mähne dunkler Locken, leicht gebräunte Haut und Kajal umrandete Augen.
Bitte, Entschuldigung für die Störung, um diese Uhrzeit. Ich war vor zwei Wochen mal hier, mit einem Typ, äh Freddy, aber ich weiß nicht, wo er is
Hallo! Suchst Du Gift? Komm rein.
Ich trat ein und stand in dem Zimmer/Abstellraum, dass ich vom letzten mal kannte. Ich folgte ihr durch zwei andere Zimmer, die immer wohnlicher wurden und über eine kleine Diele erreichten wir einen großen hellen Raum, der unschwer als ihr Wohnzimmer zu erkennen war.
Beeindruckt von dem Ambiente und dem entspannten Auftreten dieser Hammerfrau